Im Näh-Café wächst die Lust am Schneidern

11.3.2013, 00:00 Uhr
Im Näh-Café wächst die Lust am Schneidern

© David Ebener/dpa

Das 50er Jahre-Ambiente hat Ulla Lechner mit Bedacht gewählt. „Das war die Zeit, als noch jeder selbst genäht hat oder wenigstens einen Schneider hatte“, sagt die 52-jährige Fürtherin. „Als man noch das Wissen besaß, dass man ältere Kleidungsstücke modisch umarbeiten kann, statt sie wegzuwerfen,“ schwärmt Lechner inmitten ihres Näh-Cafés in der Fürther Innenstadt. Das in nostalgischen Brombeer- und Vanilletönen gehaltene „Café Nahtlust“ ist zum Treffpunkt für Hobby-Schneider in der Region geworden.

Im Näh-Café wächst die Lust am Schneidern

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Den Leuten wieder Lust aufs Nähen zu machen, mit diesem Anspruch hatte Lechner ihr Näh-Café vor gut einem Jahr in einem leerstehenden Ladengeschäft eröffnet. Die gelernte Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin stellt dort nicht nur Nähmaschinen zur Verfügung, sondern gibt Hobbyschneidern und solchen, die es noch werden wollen, auch Tipps. Getreu ihrem Motto: „Jeder soll mit einem Erfolgserlebnis mein Näh-Café verlassen“.

Der 55 Quadratmeter große Laden bietet alles, was Hobby-Modeschöpfer brauchen: acht Nähmaschinen, zwei davon mit Profi-Ausstattung, einen Zuschneidetisch, eine Dampfbügelstation und eine Auswahl Kurzwaren und Stoffe. Eine Sitzgruppe lädt die Besucher in Arbeitspausen zu einem Plausch ein. Die Stunde Nähmaschinen-Nutzung samt Lechners Know-how kostet neun Euro, der Vier-Stunden-Nähkurs 30 Euro. Getränke gehen extra.

„Schneidern ist wieder gesellschaftsfähig“, meint Lechner. „Viele meiner Gäste merken, dass es leichter von der Hand geht, wenn man in Gesellschaft ist und nicht alleine zu Hause hockt.“ Die Motive ihrer Gäste, ein T-Shirt, eine Hose oder eine Bluse selbst zu nähen, seien unterschiedlich. „Zu mir kommen viele Frauen mit Figurproblemen. Denen helfe ich, ihre Kleidung umzuarbeiten.“ Dann gebe es Menschen, die einfach nach einer sinnvollen Beschäftigung suchen. Manche Berufstätige entdeckten Nähen als Ausgleich zu ihrem stressigen Job. Für wieder andere sei das Nähen wie eine Therapie. Sie gehen nach ein paar Stunden mit einem fertigen Teil aus meinem Laden. Das stärke enorm das Selbstwertgefühl, schildert die Lehrerin.

Im Näh-Café wächst die Lust am Schneidern

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Viele Jahre lang hatte die geduldige Pädagogin vor allem verhaltensauffälligen Kindern und schwer vermittelbaren Jugendlichen zunächst in Schweinfurt, später in Nürnberg das Nähen beigebracht. Noch heute bietet sie Nähkurse für Kinder an und begeistert damit vor allem Mädchen. Als vor knapp zwei Jahren die Jobcenter die Gelder für solche berufsvorbereitenden Kurse strichen, stand Lechner plötzlich auf der Straße. Schließlich kam ihr die Idee, sich als Betreiberin eines Näh-Cafés selbstständig zu machen.

Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) habe ihr sofort zugeraten; die Stadt habe sie bei der Raumsuche unterstützt. Die Einrichtung erwarb sie in einem Sozialkaufhaus. Die passe gut zu ihrer Kundschaft, meint Lechner. Bei vielen erlebe sie gerade eine Rückbesinnung auf frühere Werte: „Viele entdecken, dass man sich Kleidung auch selbst nähen kann.“

Mehr Informationen über das Café NahtLust in unserer Rubrike Essen und Trinken!

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