Nürnberger Technik lässt Kylie strahlen

11.10.2010, 14:10 Uhr
Nürnberger Technik lässt Kylie strahlen

© EMI Music

Diese Szene ist nicht etwa der Beginn eines spannenden Science-Fiction-Krimis, sondern der Anfang des neuen Musikvideos „Get outta my way“ („Geh mir aus dem Weg“) der australischen Sängerin Kylie Minogue. Produziert wurde es Ende August in der Nähe von London. Die aufwändigen Echtzeit-Lichteffekte für das fast vier Minuten lange Filmchen stammen von Frieder Weiss, der seit knapp zehn Jahren als Lehrbeauftragter „Media Engineering“, also Medien-Ingenieurwesen, an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule lehrt.

Nürnberger Technik lässt Kylie strahlen

Weiss hat Mitte der 1990er Jahre ein Verfahren für Projektionen entwickelt. Dabei nimmt eine Infrarot-Kamera ein Bild auf, etwa von der liegenden Kylie Minogue. Dieses Bild wird dann in Sekundenbruchteilen an einen Computer geschickt, wo eine Software das Bild mit einem gewünschten Effekt verfremdet. In diesem Fall werden hell leuchtende Konturen errechnet.

Nürnberger Technik lässt Kylie strahlen

Ein Projektor wirft diese Umrisse dann zurück auf die Projektionsfläche, im Video ist das die Tanzfläche auf der Bühne. Und wenn Kylie sich bewegt, dann tun ihre blitzenden Konturen das auch, weil die Infrarot-Kamera ja stets die Bewegungen filmt. Das alles passiert in der Dunkelheit, damit die Infrarot-Kamera nur das eigentliche Geschehen erfasst, nicht aber die Projektion mit einfängt. „Sonst würde es eine Rückkopplung geben“, erklärt Frieder Weiss.

Auf die Idee mit den interaktiven Projektionen kam der Diplom-Ingenieur, der einst am Ohm Nachrichtentechnik studierte, als er mit den Mitteln der industriellen Bildbearbeitung experimentierte. In den Neunzigern war er Mitglied einer Band. Irgendwann hatte er den Einfall, den Synthesizer an einen Bildbearbeitungsautomaten anzuschließen. Er tüftelte mit der Musik, die so entstand. Später ließ er nicht mehr eine Melodie erzeugen, sondern bewegte Bilder.

Diesen bewegten Bildern hat Weiss nun die Kooperation mit Kylie Minogue zu verdanken. Ein befreundetes Regisseur-Paar schlug dem Management der Sängerin vor, Weiss’ interaktive Projektionen in dem Video einzusetzen. „Es war total spannend, an dem Musikvideo mitzuarbeiten“, erinnert sich Weiss. „Ich kenne diese Welt ja kaum.“ Mit Video-Installationen, etwa bei der Blauen Nacht oder bei künstlerischen Aufführungen, hat er viel Erfahrung. Musikvideos machte Weiss aber noch nie.

Innerhalb von drei Tagen ging in den berühmten Pinewood-Studios, wo viele James-Bond-Streifen entstanden, alles über die Bühne: Zwei Tage Aufbau, ein Tag Dreh. „Am Drehtag haben wir von früh um acht Uhr bis weit nach Mitternacht gearbeitet“, erinnert sich Weiss.

Die populäre Sängerin zu treffen, war für ihn etwas Besonderes. Sehr locker sei sie gewesen. „Außerdem hat sie sich sehr für die Technik interessiert“, sagt der 50-Jährige. Das habe ihm geschmeichelt. „Sie hat mir auch noch den Ratschlag gegeben, ich solle mir das Verfahren unbedingt schützen lassen. Aber ich bin ja eigentlich gegen Patente.“

Außer mit den Umrissen hat Weiss für das Kylie-Video mit hellen Strahlen gearbeitet, die aus der Mitte der Körper zu wachsen scheinen. Weil er für einen Star, einen Stern also, arbeiten sollte, kamen ihm diese Assoziationen: strahlen, leuchten, scheinen. Die Projektionstechnik kam so gut an, dass eine weitere Kooperation mit Kylie Minogue nicht ausgeschlossen ist: Vielleicht engagiert sie den Nürnberger für ihre nächste Tour.

Für den Moment muss Weiss aber noch seinen Pflichten als Lehrbeauftragter am Ohm nachkommen. Vergangene Woche hielt er seine erste Vorlesung dieses Wintersemesters. Vor den Studenten konnte er mit der „Kylie-Geschichte“ ordentlich punkten. „Das hatte einen ganz guten Attraktionswert“, sagt er schmunzelnd.

Professor Heinz Brünig, mit dem Weiss gemeinsam an der Fakultät Elektrotechnik–Feinwerktechnik–Informationstechnik (Efi) lehrt, ist stolz, dass er seinen Studenten „einen so hochkarätigen, international tätigen Experten“ bieten kann – noch dazu einen, der selbst einmal an der Ohm-Hochschule studiert hat. Und der Kylie kennt.

Das Kylie-Minogue-Video mit Frieder Weiss’ interaktiven Projektionen sehen Sie im NZ-Campus-Blog unter blog.nz-online.de/campus