Scherben gehen auf Reisen

8.7.2011, 18:49 Uhr
Scherben gehen auf Reisen

 

Seit wenigen Monaten ist der Mittelständler für das Glasrecycling auch in Nürnberg zuständig. Alle drei Jahre wird der Vertrag ausgeschrieben. Diesmal erhielt Höglmeier den Zuschlag.


An 680 Stellen auf dem Stadtgebiet stehen 2000 Iglus für Flaschen und Gläser, die in einem festen Rhythmus geleert werden. Wenn allerdings Porzellan reingeworfen wird, dann wird Altglas zum Abfall: Glas schmilzt bei 1600 Grad, Porzellan nicht. Bei der Produktion von neuen Gläsern oder Flaschen bilden sich so Einschüsse, die bei der Befüllung unter Druck explodieren.

Beim Zerbröseln der alten Flaschen und dem anschließenden Aussortieren können zwar Metalle, Plastiktüten und andersfarbige Gläser herausgefiltert werden, nur Porzellan nicht, so Höglmeier. Die Glasrecycling-Industrie hat deshalb eine Qualitätsoffensive gestartet, um darauf hinzuweisen, „dass nicht alles ins Glas passt“. In Nürnberg sind die Glasentsorgungs-Lkw mit großflächigen Plakaten unterwegs, um diese Botschaft an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Höglmeier hält es aber auch für wichtig, dass die Stadt Erklärungsschilder in mehreren Sprachen an den Iglus aufstellt, dass sie nur der Glasentsorgung dienen. Auch müsse darauf hingewiesen werden, wo Wertstoffhöfe für den übrigen Müll sind.

„Dabei sollte die Stadt auch deutlich machen, dass das Umfeld der Iglus kein kleiner Wertstoffhof ist“, sagt Höglmeier. Vom Sofa bis zum Fahrrad – alles, was man sich denken könne, werde abgelegt. So etwas wie in Nürnberg habe man noch in keiner anderen Stadt erlebt, meint Harald Pürner, ein Mitarbeiter im Außendienst. Auch in München nicht, wo Höglmeier ebenfalls für die Glasentsorgung zuständig ist.

Allerdings hat die Landeshauptstadt auch zwei Firmen beauftragt, die jeden Tag das Umfeld von Iglus saubermachen. In Nürnberg übernehmen die städtischen Eigenbetriebe SÖR und ASN den Reinigungsdienst im Rahmen ihrer normalen Arbeit. Auch der Außendienst Höglmeiers versucht, möglichst schnell einzugreifen, wenn sich ein Missstand auftut. Dafür können die Entsorgungsautos elektronisch geleitet werden.

Erstaunt sind die Mitarbeiter Höglmeiers, dass viele Pfandflaschen in den Iglus entsorgt oder daneben abgelagert werden, was zu Problemen führt. Die „Müllgogerer“ würden die Klappen an den Iglus, die eigentlich für die Lärmdämmung beim Glaseinwurf sorgen sollen, herausschneiden, um leichter an die Pfandflaschen zu kommen, so Oliver Fritsch, Prokurist bei Höglmeier.

Beim Müll spaltet sich Nürnberg wieder einmal in Nord und Süd: Im Norden wird wesentlich schludriger mit Pfandflaschen umgegangen als im Süden, dafür wird dort mehr Müll wild entsorgt. In Gostenhof und in der Südstadt sei es extrem, so Fritsch. „Vielleicht ist das Pfand auf Glasflaschen für viele Menschen zu niedrig, um die leeren Flaschen wieder zum Getränkemarkt zurückzubringen“, meint Höglmeier. In Nürnberg gebe es auch Vandalismus gegen die Iglus. Diese würden immer wieder umgeworfen.

Das eingesammelte Glas wird zum Hafen gefahren, dort grob sortiert und zerkleinert, auf großvolumige Lkw umgepackt und kommt dann zu Glasschmelzbetrieben in ganz Europa. „Es kann sein, dass eine Flasche Spumante erst von Italien nach Deutschland gefahren wird und dann in Scherben wieder den umgekehrten Weg nimmt“, erzählt Höglmeier. Dabei gilt das Glasrecycling als großes Vorbild für andere Wertstoffe: Seit 1974 hat sich der Anteil des Glases, das recycelt wird, am gesamten verkauften Behälterglas von 6,5 Prozent (1974) auf 84,3 Prozent (2008) erhöht.

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