Loewe-Rettung als Vorbild für insolvente Metz-Werke?

29.12.2014, 14:00 Uhr
Loewe-Rettung als Vorbild für insolvente Metz-Werke?

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Die Parallelen sind zumindest rein optisch verblüffend: Langgestreckt reiht sich entlang der Industriestraße im oberfränkischen Kronach eine flache, geduckte Produktionshalle an die nächste. Wie beim Konkurrenten Metz in Zirndorf ist klar erkennbar, wie der TV-Gerätehersteller Loewe im Lauf der Jahrzehnte Gebäudekomplex für Gebäudekomplex gewachsen ist. Der gleiche Schlagbaum vor der Werkszufahrt, das gläserne Pförtnerhäuschen, dieselbe Anmeldeprozedur – und auf dem Gelände hier wie da von hektischer Betriebsamkeit keine Spur. Ruhe liegt über dem Firmengelände, wie der erste Schnee, der in diesen Dezembertagen in Oberfranken behutsam Einzug gehalten hat.

„Lassen Sie sich nicht täuschen, alle Hallen sind wieder belegt, viele Mitarbeiter haben nur schon Feierabend“, beeilt sich Loewe-Sprecher Roland Raithel die vermeintliche Ruhe zu erklären. Die Botschaft ist unüberhörbar: Nicht einmal ein Jahr nach Insolvenzantrag hat es das Kronacher Unternehmen geschafft, wieder Fuß zu fassen. Gerade sind die ersten Fernseher von zwei der drei völlig neuen Produktlinien in den Handel gekommen, mit denen Loewe den Neuanfang schaffen will.

Ein Meilenstein

„Dies ist ein Meilenstein für das Unternehmen und gleichzeitig ein Prädikatssiegel für die Mitarbeiter“, unterstreicht Geschäftsführer Mark Hüsges die Bedeutung der Markteinführung im vergangenen November. Eigentlich zu knapp für das Weihnachtsgeschäft, aber Hüsges behauptet: „Wir sehen uns nicht mehr als Saisonhersteller im Bereich Unterhaltungselektronik, sondern mehr im saisonunabhängigen Systemgeschäft.“

Immerhin übersteigt die Nachfrage die Fertigungsmöglichkeiten, „wir könnten mehr verkaufen, als wir derzeit produzieren“, sagt der neue Chef, der nach eigenen Worten den Ehrgeiz hat, Loewe wieder zu den alten Stückzahlen zurückzubringen. Und die lagen in Hochzeiten bei 350 000 Geräten im Jahr. Inzwischen sind auch 51 neue Beschäftigte in der Produktion eingestellt worden, die nach wie vor in Kronach angesiedelt ist.

Für Loewe war es ein steiniger Weg bis hierher. Wie später die Zirndorfer Metz-Werke kamen auch die Kronacher durch den aggressiven Preiswettbewerb der asiatischen Hersteller unter die Räder. Die Verluste wurden immer größer, Loewe war pleite. Am 1. Oktober 2013 folgte die Insolvenz in Eigenverwaltung.

Und wie jetzt auch bei Metz in Zirndorf war damals in Kronach schnell klar: Ohne Investor wird Loewe keine Zukunft mehr haben. Im technischen Bereich war mit dem chinesischen Hersteller Hisense schnell ein Partner gefunden. Doch Loewe suchte ähnlich wie heute Metz vor allem einen Kapitalgeber.

Mitte Januar 2014 schien die Rettung nahe, mit der Investorengruppe Panthera GmbH — ein Zusammenschluss von Familienunternehmern und Managern um den früheren Apple-Manager Jan Gesmar-Larsen — sollte eine finanzielle Basis geschaffen werden. Doch die Hoffnungen waren trügerisch. Ende Februar 2014 erklärten die Investoren völlig überraschend ihren Rücktritt vom notariell bereits beglaubigten Kaufvertrag. Wieder begann für die mittlerweile auf die Hälfte reduzierte Loewe-Belegschaft eine Phase des Zitterns.

Im März übernahmen dann schließlich der Münchner Investor Mark Hüsges und sein Partner mit deren Stargate Capital GmbH das Unternehmen. Mit der im April offiziell besiegelten Übernahme sieht er die Krise als überwunden an, räumt aber heute ganz realistisch ein: „Es gibt natürlich keine Gewähr dafür, dass wir nicht wieder in die Krise schlittern, wenn wir Fehler machen.“

Chinesen als Türöffner

Und das kann schnell passieren. Der Markt ist nicht einfacher geworden, im Gegenteil: Der Preisverfall hält an, der Wettbewerbsdruck steigt weiter. Wie will Loewe da bestehen können? Und können die Oberfranken das Vorbild für Metz sein?

Existenziell ist für Loewe die Zusammenarbeit mit Hisense. Die Chinesen sind Türöffner für den chinesischen Markt. Und sie haben die Größe, um kostengünstige Bauteile produzieren zu können. „Nur wenn wir in globalen Netzwerken agieren, dann haben wir die Möglichkeit, den globalen Vorsprung und die Größenvorteile der asiatischen Hersteller ausgleichen zu können“, sagt Geschäftsführer Hüsges.

Loewe will weiter im Premiumsegment anbieten, will heißen: Mit hochwertiger Qualität zu vergleichsweise hohen Preisen. Die Kronacher haben sich dabei dem Thema Heimvernetzung verschrieben: TV und Tablet wachsen zusammen, das Smartphone wird zur Steuerzentrale, Systemintegrationsfähigkeit zum alles überragenden Prinzip.

Und spätestens hier wird klar, dass Loewe bei allen Parallelen keine Blaupause sein kann für die insolventen Metz-Werke in Zirndorf. Klar, beide Unternehmen waren und sind ohne Investor nicht lebensfähig. Beide Betriebe leiden unter der schier übermächtigen Konkurrenz aus Asien. Und beide Hersteller müssen eine Nische finden, die ihr Überleben im mörderischen Preiswettbewerb ermöglicht.

Doch das kann nicht dieselbe Nische sein. Die technik- und internet-affinen kaufkräftigen Kunden, die Loewe anspricht, waren nie das Klientel von Metz. Die Zirndorfer setzen auf die älteren Käuferschichten, die Service und Qualität lieben und erst in zweiter oder dritter Linie technischen Schnickschnack.

Verschiedene Zielgruppen

„Metz und Loewe sind nicht miteinander vergleichbar“, sagt dann auch Anwalt Joachim Exner, der die Insolvenz beider Unternehmen begleitet und übrigens auch schon bei Grundig als Insolvenzverwalter tätig war. Die Hersteller hätten völlig unterschiedliche Marktpositionierungen und ganz andere Zielgruppen. Die entscheidende Aufgabe wird es im Falle Metz also sein, einen tragfähigen und nachhaltigen Markt für die Produkte „made in Mittelfranken“ zu finden.

Und das möglichst schnell. Denn in dem Punkt gelten die Insolvenz-Erfahrungen der Kronacher uneingeschränkt auch für die Zirndorfer Leidensgenossen. „Die Insolvenz war nötig, um die Altlasten loszuwerden“, sagt Loewe-Chef Hüsges. Aber es muss schnell gehen, aus der Insolvenz wieder herauszukommen und den Neuanfang zu schaffen. Denn, so der Investor, „je mehr Zeit vergeht, desto länger dauert es, verloren gegangenes Vertrauen bei Lieferanten und Kunden zurückzugewinnen“.

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