Spritze gibt Diabetes-Kranken Hoffnung

19.6.2009, 00:00 Uhr

4800 Teilnehmer werden zum Deutschen Ophthalmochirurgen-Kongress erwartet. Unter anderem können sie sich über neue Verfahren informieren. Eines davon ist unter dem plakativen Titel «Die Spritze gegen Altersblindheit – jetzt auch für Diabetiker» zusammengefasst. Dahinter verbirgt sich die Anwendung dreier neuer Medikamente. Sie könnten vor allem für Diabetes-Patienten – das sind acht Millionen Deutsche – hilfreich sein. Denn der Diabetes führt häufig zu Netzhauterkrankungen (z.B. diabetische Retinopathie); 10 000 Diabetiker erblinden dadurch jährlich. Eine gängige Behandlungsmöglichkeit ist die Lasertherapie. «Wenn diese Behandlung keine Erfolge mehr zeigt, lässt sich mit der Injektion der Antikörper–Medikamente in das Auge das Fortschreiten der Netzhautschäden stoppen», erklärt Dr. Armin Scharrer. Das Prinzip dahinter: Der Wirkstoff Bevacizumab kommt aus der Krebstherapie und verhindert das Wachstum schädlicher Zellen. Im Falle eines Diabetikers sind das

Wachstumsfaktoren (VEGF), die Blutgefäße brüchig werden lassen. Als Folge bilden sich Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme) unter der Netzhaut und unter der Stelle des schärfsten Sehens. Das führt wiederum zum Sehverlust. Laut Dr. Josef Schmidbauer, Chefarzt der Augenklinik am Nürnberger Klinikum, sind die Medikamente bisher nur zur Behandlung von Darmkrebs zugelassen. Erste Behandlungen zu Studienzwecken zeigten jedoch, dass die VEGF–Hemmer zu deutlichen Rückgängen der Makulaödeme und zu einer Verbesserung der Sehschärfe führen.

Auf der Messe stehen jedoch nicht nur Neuerungen im Fokus, sondern auch Verfahren, die es länger gibt, die aber noch zu wenig genutzt werden. Wie das Implantieren einer Spezial-Linse ins Auge. «Es ist wie eine Brille im Auge», erklärt Dr. Thomas Will von der Euro-Augenlaserklinik Fürth. «Im Grunde ist es eine Kontaktlinse aus dem Material Collamer, die hinter der Regenbogenhaut eingesetzt wird und auf der natürlichen Linse schwimmt.» Die Regenbogenhaut wird durch Medikamente so weit geöffnet wie möglich, dann werden minimale Schnitte durchgeführt. Durch einen von ihnen wird ein Röhrchen geschoben. Durch dieses wird die Kontaktlinse über die natürliche Linse geschoben und entfaltet sich dort. Die vier Ecken werden unter die Regenbogenhaut gesteckt. Diese zieht sich später wieder zusammen – fertig. «Das Implantat ist für den Patienten nicht spür- oder sichtbar», so Will. «Der Patient rehabilitiert sich oft schon innerhalb von Tagen.» Die Linse ist eine Alternative für Menschen, bei

denen Laserbehandlungen nicht infrage kommen – beispielsweise, weil ihre Hornhaut zu dünn oder ungünstig verkrümmt ist. Das betrifft etwa 20 Prozent aller Patienten. Voraussetzung für die OP ist ein gesundes Auge, ideal ist ein Alter von 20 bis 45 und das Auge sollte sich im Jahr vor der Operation nicht mehr als 0.75 Dioptrien verschlechtert haben. Behandelt werden Patienten mit mehr als plus 3,5 und mehr als minus 10 Dioptrien. Der Eingriff kostet rund 5000 Euro für beide Augen. Das Risiko von Komplikationen ist höher als beim Lasern, sagt Will. Bei zwei Prozent aller Patienten stelle sich nach sieben Jahren eine Linsentrübung ein.

Ina Dierner hat sich trotzdem für die OP entschieden. Die 30-Jährige hat es nicht bereut: «Ich sehe mit dem Implantat viel besser als vorher mit Kontaktlinsen bzw. Brille.» Besonders bei Dunkelheit gebe es keine Lichtverwischungen mehr. «Es ist eine immense Verbesserung der Lebensqualität. Vorher hatte ich 8,5 Dioptrien und jetzt habe ich 120 Prozent Sehfähigkeit.» Claudia Urbasek

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