Variobahn bleibt ein teures Ärgernis

30.12.2010, 07:00 Uhr
Variobahn bleibt  ein teures Ärgernis

© Roland Fengler

Deren erste: Bis auf Weiteres dürfen die Fahrzeuge vom Typ GTV6 ausschließlich auf der Linie 8 zwischen Erlenstegen und Südfriedhof eingesetzt werden. Denn nur für diese Strecke ist bislang sichergestellt, dass die Züge im Gegenverkehr einander nicht berühren. Faktisch tun sie dies auch nicht. Das hatten VAG-Fachleute intern längst sichergestellt, bevor die ersten Wagen ab November 2008 in Betrieb genommen wurden. Doch die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) bei der Regierung von Mittelfranken ist davon noch nicht überzeugt. Auch deshalb gibt es bei der Linie 8 bis auf Weiteres ein halbes Dutzend Langsamfahrstellen.

„Schuld“ daran hat die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) — falls man hier von Schuld sprechen kann. Gemeinsam mit der MVG hatte die VAG die Variobahnen bei Stadler geordert, um so durch die Menge den Preis zu drücken — ein alter Marktmechanismus. Die Auslieferung der acht Nürnberger Züge stand an erster Stelle des Auftrags und begann im Dezember 2007.

Als einige Zeit später die Münchner Bahnen aufs Gleis gesetzt wurden, begannen die Probleme. Einige Kreuzungsbereiche und Kurvenradien in der Landeshauptstadt sind enger ausgelegt als in Nürnberg. Bei den Abnahmen durch TAB und Gutachter wurde klar, dass sich Variobahnen im Gegenverkehr zumindest theoretisch zu nahe kommen könnten.

Fehlendes Dokument legte Züge an die Kette

Daraufhin zog Hersteller Stadler die entsprechenden Nachweise für die TAB offiziell zurück, um diese Dokumente (den sogenannten Lichtraum-Nachweis) zu überarbeiten. Dabei muss der Hersteller das Lichtraum-profil exakt darlegen; das ergibt sich, wenn man den Zug (gedacht) aufschneidet wie einen Laib Brot und die Ausdehnungen der Schnittfläche in alle Richtungen berechnet. Für die VAG hatte dies Folgen: Ohne gültigen Lichtraum-Nachweis stand die TAB-Zulassung für die Variobahn auch in Nürnberg zur Disposition. Also entschied sich die VAG im Juli dieses Jahres dazu, die neuen Züge bis auf Weiteres im Depot zu lassen.

Seitdem werden zahllose Testfahrten mit allen Zug-Typen der VAG durchgeführt. Dafür werden im Bodenbereich der Fahrzeuge Sprühanlagen angebracht, deren Farbstrahl den Bewegungsablauf des Wagens genau markiert. Ziel ist es, der

TAB auf diese Weise zu belegen, dass es im VAG-Straßenbahnnetz zu keinen Kollisionen mit der Variobahn kommen kann, berichtete VAG-Betriebsleiter Konrad Schmidt auf Anfrage.

Für den Fahrweg der Linie 8, für die Wendeschleifen Hauptbahnhof und Christuskirche sowie für den Streckenabschnitt Rathenauplatz—Stadtpark ist dies mittlerweile abgeschlossen. Dort dürfen die Variobahnen seit 12. Dezember wieder Fahrgäste transportieren. Mit Einschränkungen, denn bei den Testfahrten konnten nicht alle Fragen geklärt werden, so Schmidt. Die Straßenbahnfahrer müssen deshalb strenge Vorgaben beachten, die in einer Dienstanweisung festgelegt sind:

Für den GTV6 gilt ein generelles Begegnungsverbot zwischen den Haltestellen Lothringer- und Frankenstraße, zwischen den Haltepunkten Trafowerk und Am Rangierbahnhof sowie an der Wendeschleife Worzeldorfer Straße.

Darüber hinaus hat die VAG Langsamfahrstrecken verfügt, auf denen die Züge lediglich 30 bis 50 km/h bzw. sogar nur 25 bis 35 km/h schnell rollen dürfen: jeweils stadteinwärts zwischen Rathenauplatz und Wöhrder Wiese, zwischen Schweigger- und Widhalmstraße und weiter bis zum Hauptbahnhof, zwischen Humboldtstraße und Christuskirche sowie in beiden Richtungen zwischen Lothringer und Frankenstraße.

All diese Strecken sind für die Fahrer mit dreieckigen Hinweis-Schildern gekennzeichnet. Die offenen Detailfragen, so hofft Betriebsleiter Schmidt, werden die Fachleute in den nächsten Wochen beantworten, damit die Einschränkungen wegfallen können. Für alle anderen Strecken sollen die Tests noch 2011 abgeschlossen sein, damit die Variobahnen im gesamten Streckennetz rollen.

Spätestens dann wird sich zeigen, ob auch die technischen Probleme inzwischen gelöst sind. Die Bremsen musste Hersteller Stadler mit etlichen Software-Updates nachbessern, bevor sie den Vorgaben der bundesweit geltenden BO-Strab (Betriebsordnung Straßenbahn) entsprachen, heißt es. Und die Heizung sorgte immer wieder für Verdruss. Im letzten Winter, berichten Reisende, sei das Tauwasser sogar gefroren und habe den Fußboden eines Zuges in eine Eisbahn verwandelt. Der Fahrer musste am Ende in seiner Straßenbahn sogar Sand streuen.

 

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