Bußgeld aus dem Ausland? Besser zahlen!

22.8.2017, 12:38 Uhr
Bußgeld aus dem Ausland? Besser zahlen!

© dpp AutoReporter

Kann ich einen Bußgeldbescheid aus dem Ausland ignorieren?

Auf keinen Fall. Er muss auf jeden Fall näher geprüft werden. Seit 2010 gilt der EU-Rahmenbeschluss zur Geldsanktionenvollstreckung, seither können zumindest Bußgeldbescheide aus dem EU-Ausland bei uns vollstreckt werden. Zuständige Verwaltungsbehörde ist das Bundesamt für Justiz (BfJ) mit Sitz in Bonn.

Wann ist Skepsis angebracht?

Beispielsweise dann, wenn die Bußgeldforderung von einem privaten Inkassobüro kommt. "Diese Unternehmen haben keine rechtliche Möglichkeit, behördliche Sanktionen zu vollstrecken", sagt der ADAC. Immer wieder wird auch davor gewarnt, auf jene Forderungen in Höhe von mehreren hundert Euro einzugehen, die ein Notar aus dem kroatischen Pula in Zusammenhang mit angeblichen Parkverstößen verschickt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat klargestellt, dass kroatische Notare zu derlei Aktionen nicht befugt sind. In den genannten Fällen sollte sofort Widerspruch eingelegt werden, am besten mit Hilfe eines Anwalts.

Bußgeldbescheide welcher Länder werden vollstreckt?

Der EU-Rahmenbeschluss gilt in fast allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. In Griechenland ist er noch nicht umgesetzt worden. Nicht vollstreckt werden können bei uns Bescheide aus Nicht-EU-Ländern wie Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz.

Welche Strafen werden vollstreckt?

Das kommt auf die Höhe des Bußgelds an. Relevant ist eine Bagatellgrenze von 70 Euro. In Österreich liegt sie deutlich darunter und beträgt 25 Euro. Zu beachten ist, dass darin jeweils schon Verwaltungskosten enthalten sind. Deshalb können auch Strafen eingetrieben werden, die eigentlich deutlich unter 70 Euro liegen.

Zugriff auf die Daten eines Fahrzeughalters bekommen andere EU-Staaten beispielsweise im Falle von Alkoholfahrten oder Geschwindigkeitsüberschreitungen, nicht unbedingt aber bei Parkschäden.

Warum ist der Bußgeldbescheid oft so hoch?

Weil Verkehrsverstöße im Ausland meist sehr viel mehr kosten als in Deutschland. Wer das zulässige Tempo bei uns um 20 km/h überschreitet, zahlt 35 Euro. In Italien wird er laut ADAC mit mindestens 170 Euro zur Kasse gebeten und in Norwegen sogar mit 420 Euro.

Warum lohnt sich eine schnelle Überweisung?

Weil viele Länder in diesem Fall teils hohe Nachlässe einräumen. Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Slowenien und Spanien gewähren bis zu 50 Prozent Schnellzahler-Rabatt.

Was passiert, wenn ich nicht zahle?

Dann droht das erwähnte Vollstreckungsverfahren in Deutschland. Wird also das Bußgeld nicht beglichen und werden auch Mahnungen ignoriert, tritt laut Verband für bürgernahe Verkehrspolitik das BfJ in Aktion. Zunächst verschickt es einen Anhörungsbogen an den Betroffenen, in dem er binnen zwei Wochen Stellung zu den Vorwürfen nehmen kann. Entscheidet das BfJ daraufhin, dass die Vollstreckung bewilligt wird, bekommt der Verkehrssünder einen Bewilligungsbescheid, dem die fällige Summe sowie die Zahlungsfrist zu entnehmen ist. Wenn gegen diesen Bewilligungsbescheid nicht innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt wird, wird die Entscheidung rechtskräftig. Wer auch dann nicht fristgerecht zahlt, dem droht die Vollstreckung und schlimmstenfalls sogar eine Erzwingungshaft.

Zudem kann es passieren, dass das Bußgeld eingefordert wird, wenn man wieder in das betreffende Land einreist. Oft addieren sich dann stattliche Mahngebühren dazu. Das betrifft nicht nur EU-Länder, sondern auch Staaten, in denen der EU-Rahmenbeschluss nicht gilt.

Wann soll ich mich wehren?

Zum Beispiel dann, wenn man zum Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes nachweislich nicht vor Ort war. Wenn der Fahrer auf dem "Beweisfoto" nicht eindeutig erkennbar ist. Und wenn der Bescheid fehlerhaft oder nicht verständlich formuliert ist und/oder keine Rechtsbelehrung enthält. Zumindest die Kerninhalte des Bußgeldbescheids müssen ins Deutsche übertragen worden sein.

Wie kann ich mich wehren?

Indem Einspruch eingelegt wird. Dazu nimmt man am besten die Hilfe eines Anwalts in Anspruch. Weil der Einspruch in der Landessprache oder einer vom Reiseland akzeptierten Sprache verfasst sein muss, ist ein dort ansässiger deutschsprachiger Anwalt die beste Adresse.

Was ist mit Punkten und Fahrverbot?

Punkte, die nach den Regeln des Reiselandes verhängt worden sind, werden nicht in die Flensburger Verkehrssünderkartei eingetragen. Auch im Ausland ausgesprochene Fahrverbote sind laut ADAC nur im jeweiligen Land durchsetzbar, nicht aber in Deutschland.

Wo gibt es weiterführende Informationen?

Zum Beispiel im Internet unter http://www.bussgeldkataloge.eu/bussgeld-aus-dem-ausland.pdf

epr

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