Cargobikes: Die Lust an der Last

2.5.2021, 16:22 Uhr
Cargobikes: Die Lust an der Last

© r-m.de/pd-f

Besonders in der Stadt sind Lastenfahrräder respektive Cargobikes zum Trendsetter geworden. Vielfach ersetzen sie das Auto – nicht nur der emissionsfreien Art des Vorankommens wegen, sondern auch, weil die leidige Parkplatzsuche ebensowenig ein Thema ist wie das Steckenbleiben im Stau.

Neu ist das Thema nicht. Die Älteren unter uns werden sich erinnern: Zu Zeiten, in denen nicht jeder ein Auto hatte, spielten die Lastesel mit Pedalen eine zentrale Rolle bei der Mobilität. Da wurde der Nachwuchs mit einem gewagten Mix aus Fahrrad und Kinderwagen transportiert, auch die sogenannten Bäckerfahrräder prägten das Verkehrsbild, das Postfahrrad für den Briefzusteller kennt man sowieso. Und die Geschichte der sogenannten "Long Johns" – mehr dazu später – reicht sogar bis ins Dänemark der 1920er-Jahre zurück.

Elektrische Unterstützung

Die neue Liebe zum (modernen) Lastenfahrrad indes hat viel mit den Möglichkeiten der E-Bikes zu tun. Die elektrische Unterstützung erleichtert den Umgang mit den oft schwer bepackten Zweirädern sehr, sie hilft beim Anfahren gleichermaßen wie beim Bewältigen von Steigungen. 103.200 Cargobikes sind im vergangenen Jahr deutschlandweit verkauft worden, gegenüber 2019 bedeutet das ein Plus von 25 Prozent, drei Viertel dieser besonders belastbaren Fahrräder boten elektrische Unterstützung.

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Dank ihres extrem stabilen Rahmens vertragen die Lastenfahrräder eine Zuladung von zumeist 100 bis 150 Kilogramm; sie sind länger als konventionelle Bikes und lassen sich mit allerlei Auf- und Anbauten für ihr spezielles Einsatzgebiet ausrüsten – Cargoboxen können ihnen ebenso aufgebürdet werden wie Transportkörbe und Unterbringungsmöglichkeiten für Kinder (mit Kindersitzen, Gurtsystemen oder Babyschalen-Adaptern) oder Hunde.

Die bekannteste Daseinsform der Lastenfahrräder repräsentieren die bereits erwähnten Long Johns, die zwischen Lenker und verhältnismäßig kleinem Vorderrad eine tiefe Ladefläche aufweisen und einen langen Radstand besitzen. Wie alle einspurigen Cargobikes lässt sich ein Long John relativ einfach und wendig fahren.

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Ebenfalls zur zweirädrigen Spezies zählen Longtails mit extragroßem Gepäckträger oder die Bäcker- bzw. Postfahrräder, die zusätzlich zum Gepäckträger eine Ladefläche vor dem Lenker besitzen.

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Zweispurig mit drei Rädern

Bei Familien erfreuen sich vor allem dreirädrige Cargobikes großer Beliebtheit. Ihre Vorteile liegen in der Fahrstabilität, aber auch in der hohen Transportkapazität, die meist mithilfe einer Ladebox zwischen den Vorderrädern, mitunter aber auch einer Ladefläche zwischen den Hinterrädern umgesetzt wird. Beim Abstellen und auf dem Radweg beanspruchen die breiten Trikes allerdings mehr Platz als die Zweiräder, und sie lassen sich weniger wendig handhaben. Bei manchen Modellen hilft Neigungstechnik weiter.

Bio-Hybrid aus Nürnberg

Auch vierrädrige Lastenfahrräder gibt es, häufig werden sie zu gewerblichen Zwecken genutzt. Der Klassiker ist die Rikscha, die innerstädtisch schon mal Taxidienste leistet oder bei Stadtrundfahrten zum Einsatz gelangt. Zu den neuen Vertretern zählt der Biohybrid, ein bislang nur vorbestellbarer Mix aus Kleinwagen und Pedelec, von dem es eine Passagier- und eine Cargovariante gibt. Allerdings hat die Bio-Hybrid GmbH mit Sitz in Nürnberg am 20. April einen Insolvenzantrag gestellt, der Geschäftsbetrieb wird derweil fortgeführt, Verhandlungen mit potenziellen Investoren laufen, um den Mix aus Kleinwagen und Pedelec tatsächlich auf den Markt bringen zu können.

Während ein mit purer Muskelkraft zu bewegendes Cargobike schon um die 1000 Euro zu haben ist, kann der Kunde bei einem hochwertigen Elektro-Trike oder -Vierrad durchaus in der Fünfstelligkeit landen, die Pick-up-Variante des Biohybrid beispielsweise kommt auf 11.390 Euro.

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Nicht nur für Elektroautos gibt es indes ein Förderprogramm, sondern auch für E-Cargobikes. Unterstützt wird von der Bundesregierung allerdings nur die Anschaffung gewerblicher Lastenfahrräder mit Elektromotor. Gewährt werden dabei bis zu 25 Prozent der Anschaffungskosten oder maximal 2500 Euro. Der Antrag ist beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zu stellen. Manche Kommunen unterstützen auch Privatpersonen beim Kauf, hier lohnt es, nachzufragen.

Und wo dürfen Cargobikes fahren? Die Straßenverkehrsordnung (StVO) kennt weitestgehend keinen Unterschied zwischen konventionellen Fahrrädern und Lastenrädern – egal, ob sie eine elektrische Tretunterstützung bis 25 km/h besitzen oder nicht.

Zu breit für den Radweg?

Das bedeutet zunächst, dass auch Lastenfahrräder den Radweg benutzen müssen – immer vorausgesetzt, ein solcher ist vorhanden und entsprechend ausgeschildert. Das Ausweichen auf die Straße wird dann toleriert, wenn die Benutzung des Radwegs "unzumutbar" ist – beispielsweise, weil das Transportrad zu breit ausfällt, was vor allem im Falle eines zweispurigen Trikes schon einmal vorkommen kann.

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Anders als Fahrräder üblicher Bauart dürfen Cargobikes auch auf der Fahrbahn abgestellt und geparkt werden. Wird der Gehweg als Parkplatz genutzt, ist darauf zu achten, dass keine Fußgänger behindert werden.

Bitte mit Helm

Wenn ein Lastenfahrrad für den Transport von Kindern ausgerichtet ist, muss laut ARAG-Versicherung die Unterbringung in einem Sitz mit integrierten Gurten erfolgen. Kinder unter sieben Jahren dürfen nur in speziellen Sitzen befördert werden. Das Tragen eines Helms ist nicht vorgeschrieben, aber anzuraten.

Ulla Ellmer