Gerät Tesla ins Straucheln?

22.4.2018, 11:11 Uhr
Gerät Tesla ins Straucheln?

© Tesla

Tesla sind zweifellos große Verdienste zuzuschreiben. Ohne das kalifornische Start-Up und seinen charismatischen Chef Elon Musk (46), der die etablierten Automobilhersteller mit seiner reichweitenstarken Luxuslimousine Model S vor sich hergetrieben hat, wäre die Elektromobilität wohl kaum auf dem Stand, auf dem sie sich jetzt befindet. Kein Jaguar-Crossover I-Pace also, keine Perspektiven auf elektrische Submarken deutscher Hersteller wie Volkswagen I.D. oder Mercedes EQ, kein Audi e-tron mit rund 400 km Aktionsradius.

Noch immer kein Model 3 für Deutschland

Jetzt aber verdichten sich die Anzeichen, dass das einstige Wunderkind der Branche zumindest zu stolpern, wenn nicht zu stürzen droht. Dabei war für 2018 doch eigentlich genau das Gegenteil geplant gewesen. Der in der Größenordnung eines 3er BMW angesiedelten Limousine Model 3 sollte der Durchbruch auf breiter Front gelingen, sie sollte beweisen, dass Tesla Massenmarkt und Massenproduktion kann. Stattdessen kristalliert sich heraus, dass die Kalifornier beides eben nicht beherrschen. Bei der Präsentation des rund 35.000 Dollar (vor Steuern und Subventionen) teuren Model 3 hatte Musk noch vollmundig versprochen, dass pro Woche 5000 Einheiten produziert würden. Dieses Ziel ist weit verfehlt worden. Nach massiven Anlaufschwierigkeiten liefen selbst Ende März noch wöchentlich nur gut 2.000 Exemplare des Model 3 vom Band. Zuletzt stand die Fertigung in Fremont und Nevada - wie schon einmal zum Jahresanfang - sogar komplett still. Tesla wolle die Pause nutzen, um die Automation zu verbessern und anschließend die Produktion hochzufahren, wie es hieß. An deutsche Kunden ist das Model 3 bislang überhaupt noch nicht ausgeliefert worden, erst 2019 sollen sie bedient werden.

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Rückruf wegen rostender Schreiben

Auch an anderen Fronten hat Tesla zu kämpfen. Ende März kam es zu einem üblen Unfall mit einem Exemplar des flügeltürigen Crossover Model X, es zerschellte mit aktiviertem Autopiloten (letztlich nur ein Assistenzsystem) an einem Betonpoller, der Fahrer - ein 38 Jahre alter Apple-Ingenieur - starb. Daneben musste Tesla rund 123.000 Model S wegen rostender Schrauben zurückrufen, die - auch das muss gesagt werden - vom deutschen Zulieferer Bosch geliefert worden waren. Und schließlich geriet das Unternehmen noch in den Verdacht, interne Arbeitsplatzunfälle verheimlicht zu haben.

Die Börsen pflegen sensibel auf Malaisen dieser Art zu reagieren. Der Aktienkurs des einst wertvollsten Autoherstellers der USA brach ein, im März um fast 20 Prozent. Die Anleger kostete das rund 17 Milliarden Dollar. Aber auch die Kunden von Tesla sind beunruhigt: Jeder, der ein Model 3 orderte, musste schließlich 1000 Dollar Anzahlung überweisen. Dies ist ein gängiges Geschäftsmodell der Kalifornier, bei 500.000 Bestellungen ergibt sich eine Summe von einer halben Milliarde Dollar, mit der man - quasi als zinsloses Darlehen - zunächst einmal arbeiten kann.

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© ampnet/Twitter

Unterbewertete Menschen?

Nach dem Produktionsstopp will Musk jetzt aber kräftig loslegen. Neue Arbeitskräfte wurden eingestellt, bis Juni soll die Fertigung auf ambitionierte 6000 Einheiten Model 3 pro Woche steigen. Branchenexperten haben da so ihre Zweifel. Derweil macht der Tesla-Chef einerseits Druck auf die Belegschaft, übt andererseits aber auch Selbstkritik: Die bislang praktizierte, übermäßige Automatisierung sei ein Fehler gewesen, Menschen seien dabei unterbewertet worden.

Galgenhumor oder Sarkasmus gegenüber jenen, die Tesla die Apokalypse prophezeien? Zum 1. April leistete sich Elon Musk einen Aprilscherz, der ihn bankrott und in desolatem Zustand an ein Model 3 gelehnt zeigt. Sämtliche Versuche, Geld aufzutreiben, hätten nichts geholfen, twitterte der Tesla-Chef - nicht einmal der massenhafte Verkauf von Ostereiern.

ule

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