Mercedes EQA: Elektrischer Bruder für den GLA

5.3.2021, 20:27 Uhr
Mercedes EQA: Elektrischer Bruder für den GLA

© Hersteller

Sindelfingen an einem sonnigen Februar-Vormittag 2021: Es ist Lockdown-Zeit, auch für das Mercedes-Kundencenter. Die Abholung von Neuwagen, sonst als Event zelebriert, findet in Form eines reduzierten Rituals statt. Keine Werksbesichtigung, keine Parcours-Erlebnisfahrt, Lunchtüte statt gastronomischem Erlebnis. Und doch streben die Kunden erwartungsfroh ihren fabrikneuen Begleitern mit Stern entgegen. Dabei richtet sich manch neugieriger Blick auf den hinteren Bereich der Halle: Der da an der Steckdose hängt – ist das jetzt ein GLA?

Nein, ist es nicht. An der schicken Wallbox bevorratet sich vielmehr der EQA mit Strom. Die Ähnlichkeit zum GLA kommt nicht von ungefähr: Beide Modelle sind eng verwandt; der 4,46 Meter lange EQA steht somit noch nicht auf der kommenden Elektroplattform von Mercedes. An Unterscheidungsmerkmalen zum Verbrenner-Bruder erfasst das Auge den geschlossenen Grill und, am Heck, ein durchgehendes Leuchtenband.

Akku mit 66,5 kWh

Blick aufs Datenblatt: Das stromernde Kompakt-SUV wird von einem 140 kW/190 PS starken Elektromotor angetrieben, der ein Drehmoment von 375 Newtonmetern bereitstellt. Als Energiespeicher dient ein Lithium-Ionen-Akku mit einem nutzbaren Energieinhalt von 66,5 kWh. Nach realitätsnahem WLTP-Zyklus soll das für eine Reichweite von 426 Kilometern reichen.  

EQA 250 heißt das zum Marktstart erhältliche Modell; es kostet mindestens 47.540 Euro, nach Abzug des Umweltbonus in Höhe von 9570 Euro brutto stehen 37.970 Euro auf der Rechnung. Nein, ein Sonderangebot ist das nicht, wir reden hier ja von einem Mercedes. Angesichts der gehobenen Ausstattung – dazu später mehr – muss die Preispolitik aber auch keineswegs als abgehoben eingeordnet werden.

Mercedes EQA: Elektrischer Bruder für den GLA

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Die Versorgungslinie zur Wallbox ist gekappt, wir können starten. Auch im luxuriösen Interieur gleichen sich GLA und EQA – angenehm erhöhte Sitzposition, MBUX-Multimediasystem, voluminöse Lüftungsdüsen, optional das Widescreen-Cockpit mit zwei 10,25-Zoll-Displays. Ein spezifisches Detail ist die EQ-Kachel auf dem Monitor, die Zugang zu elektrorelevanten Infos wie Ladeoptionen, Energiefluss und Stromverbrauch gewährt. Der Status Quo sieht in unserem Fall so aus, dass der Bordcomputer bei nahezu voll geladenem Akku 375 Kilometer Strecke in Aussicht stellt. Nach Beendigung unserer Ausfahrt werden wir einen Stromverbrauch von 22,8 kWh notieren, das übertrifft die WLTP-Angabe - 17,7 kWh - doch um eine ganze Ecke.

Fünf Rekuperationsstufen

Unter leisem Sirren gleiten wir durch das Werkstor hinaus in den Vorfrühling. Ansatzlos und gleichmäßig beschleunigt der EQA, das ist es, was man am elektrischen Fahren so schätzt.  Am Lenkrad finden wir Wippen, deren Bestimmung aber nicht im Flippern durch verschiedene Fahrstufen liegt, sondern im Variieren der Rekuperationsstärke. Gleich fünf Levels stehen zur Wahl, das stärkste macht innerorts das Bremspedal praktisch obsolet. Und auch außerorts gewöhnen wir uns zunehmend an, nicht mit dem Fuß, sondern mit den Fingern zu bremsen. Als besonders komfortabel erweist sich der Modus "D-Auto", hier wählt die Software situationsbedingt den optimalen Rekuperationsgrad. Und in "D+" kann der EQA bei gleichmäßiger Fahrt oder auf Bergabpassagen antriebslos "segeln".

Mercedes EQA: Elektrischer Bruder für den GLA

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Die Straßen werden wir kurviger, wir wechseln vom stromsparenden Eco- in den Sportmodus. Das Wesen des EQA verändert sich sofort, jetzt gibt er den Athleten, mit spürbar nachgeschärfter Vehemenz prescht er voran. Auf der Autobahn macht uns der Vordermann lieber Platz – freilich nur, um uns alsbald wieder zu überholen, denn mehr als 160 km/h sind mit unserem Elektro-SUV nicht drin. Macht aber nichts, Elektroantrieb erzieht zu gelassener Fahrweise, nach unserem kurzen Ausflug in den Leistungssport touchen wir am Display auf "Comfort" und genießen fortan das feine Fahrgefühl, die präzise Lenkung und vor allem die Ruhe an Bord, denn selbst die paar Geräusche, die auch Elektroautos noch entwickeln, hat Mercedes erfolgreich in den Griff bekommen.

Berechnendes Navi

Das Navi besitzt das spezielle Talent, eine reichweitenoptimierte Route zu entwerfen. Dabei berücksichtigt die "Electric Intelligence" das Streckenprofil ebenso wie die aktuellen Wetterverhältnisse. Zudem achtet das System darauf, dass sich entlang der Route eine angemessene Zahl von Lademöglichkeiten befindet. Und bei der Berechnung der Ankunftszeit sind die Stunden und Minuten an der Strom-Tankstelle bereits einkalkuliert.

Mercedes EQA: Elektrischer Bruder für den GLA

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An der Wechselstrom-Wallbox oder -Ladesäule bedient sich der EQA dreiphasig und mit bis zu 11 kW, den Akku von 10 auf 100 Prozent Ladestand zu bringen nimmt 5 Stunden und 45 Minuten in Anspruch. Das Schnellladen von Gleichstrom beherrscht der schwäbische Stromer bis 100 kW, binnen einer halben Stunde kommt der Akku von 10 auf 80 Prozent.

Serienmäßig gibt Mercedes dem EQA beispielsweise LED-Scheinwerfer mit Fernlichtassistent, Rückfahrkamera, Ambientelicht, das Navi mit der erwähnten Electric Intelligence sowie eine elektrische Heckklappe mit. Die wichtigsten Fahrassistenten sind im Fahrassistenzpaket zu 1440 Euro gebündelt -  unter anderem gehört ein aktiver Abstands- und Lenkassistent dazu, ferner ein sehr sinnvoller Geschwindigkeitslimiter, der das Tempo mithilfe der Verkehrszeichenerkennung an die entsprechenden Limits anpasst, unter Berücksichtigung der Navi-Daten aber auch dafür sorgt, dass wir uns Kurven oder Kreisverkehren mit angemessen reduziertem Speed nähern.

Dem frontgetriebenen EQA 250 wird noch in diesem Jahr ein über 200 kW/272 PS starkes Allradmodell mit Dual-Motor-Konzept zur Seite gestellt. Außerdem kündigt Mercedes eine reichweitenoptimierte Variante an, die mit einer Akkuladung mehr als 500 Kilometer weit stromern soll.  

Für den EQA 250 sind die Bestellbücher bereits geöffnet, die Auslieferung läuft noch in diesem Frühjahr an. Auch aus Sindelfingen wird dann so mancher Kunde elektrisch nach Hause fahren.

Ulla Ellmer

 

Mercedes EQA in Kürze:

Wann er kommt: Ist bereits bestellbar, Auslieferung ab Frühjahr

Wen er ins Visier nimmt: VW ID.4, Audi Q4 e-tron

Was ihn antreibt: Elektromotor mit 140 kW/190 PS. Lithium-Ionen-Batterie mit 66,5 kWh.

Was er kostet: Ab 47.540 Euro

Was noch kommt: Allradvariante mit mehr als 272 PS, reichweitenoptimiertes Modell