Mercedes GLS: Das Imperium schlägt zurück

17.4.2019, 03:50 Uhr
Mercedes GLS: Das Imperium schlägt zurück

© Hersteller

Manhattan ist nicht wirklich ein Ort, an dem Autofahren Freude bereitet. In einer immerwährenden Rush Hour staut sich der Verkehr, es protestieren die Hupen, zentimeterweise erkämpfen sich die Fahrzeuge ihren Lebensraum. Wer schlau ist, nimmt die Subway. Oder bestellt einen Uber, das erspart schon mal die Parkplatzsuche.

Mercedes-Benz Manhattan liegt genau in dieser Großkampfzone, ein in den Fels gehauener Bau an der "Automeile" der 11th Avenue, in dem sich auf mehreren Stockwerken die Pretiosen mit Stern präsentieren. In Manhattan wohnt viel Geld, es ist wichtig, hier Flagge zu zeigen. Amerikanische Autokäufer wollen sich nicht nur durchs Internet klicken, sondern auch fühlen, anfassen und probesitzen - und ihr Wunschauto am liebsten gleich mitnehmen.

Modellwechsel zur rechten Zeit

Ab Juli dürften viele ein Exemplar der brandneuen GLS-Generation hinaus auf die Straße lenken. Für das größte und luxuriöseste Mercedes-SUV sind die USA ein wichtiger Markt. Der Modellwechsel kommt zur rechten Zeit, denn aktuell ist dem 5,20 Meter langen Raumschiff ein schlagkräftiger Konkurrent erwachsen: Der fünf Zentimeter kürzere BMW X7 wird wie der GLS in Nordamerika gebaut, in Spartanburg/South Carolina der eine, in Tuscaloosa/Alabama der andere. Beide Konkurrenten sind mit bis zu sieben Sitzen möbliert, damit amerikanische Hockey- oder Soccer-Mums – die größentechnisch in anderen Dimensionen denken als europäische Fußball-Mamas – unkompliziert die Kids nebst Freunden und Ausrüstung transportieren können. Familien seien dezidiert die wichtigste Zielgruppe für den GLS, sagt Andreas Zygan, Leiter der SUV-Baureihen von Mercedes.

Wenn man so will, ist der GLS die S-Klasse unter den SUVs mit Stern. Platz bietet er im Überfluss, dafür sorgt ein im Vorgängervergleich auf 3,14 Meter gewachsener Radstand, dessen Länge locker die eines Smart übertrifft. Selbst in dritter Reihe sitzen Passagiere noch bequem, dies bis zu einer Körpergröße von 1,94 Metern. Den GLS, sagt Zygan, habe man bewusst als Siebensitzer auch für Erwachsene konzipiert.

Fond-Tablet mit Docking-Station

Alle Sitze sind serienmäßig elektrisch verstellbar, via Fünfzonen-Klimaautomatik lässt sich die Raumtemperatur individuell einstellen, Smartphone & Co. docken an separaten USB-Buchsen an, und das MBUX-Fond-Entertainmentsystem bespaßt die Passagiere in zweiter Reihe über zwei Touchscreens oder das optionale Android-Fond-Tablet samt eigener Docking-Station. Treiben es die Kids zu bunt, kann der Fahrer jederzeit die Kontrolle über das Unterhaltungsprogramm übernehmen.

Per Druck auf die "All"-Taste lassen sich die hintersten Sessel versenken, gleichzeitig klappen die verschiebbaren Sitze in Reihe zwei weg, und es tut sich das Maximum an Stauraum (2400 Liter) auf. Um das Befrachten möglichst kräfteschonend zu gestalten, ist die Ladekante um fünf Zentimeter absenkbar.

Alternativ zur siebensitzigen Bestuhlung dient der GLS sechs komfortable Einzelsitze an, auf Wunsch mit Massagefunktion und Sitzklimatisierung.

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Auch vorne eröffnen sich die digitalen Welten des lernfähigen und auf natürliche Spracherkennung gepolten MBUX-Multimediasystems, zwei große Bildschirme im Format 12,3-Zoll befinden sich serienmäßig an Bord. Extra bezahlen lässt sich Mercedes hingegen die Gestensteuerung, dank der sich beispielsweise automatisch die Leselampe zuschaltet, wenn die Hand des Fahrers zum (unbesetzten) Beifahrersitz wandert.

Allradantrieb, Luftfederung, Automatik Serie

Während Allradantrieb, Luftfederung und 9-G-Automatik ab Werk mitgeliefert werden, muss für die meisten der Assistenzsysteme vom Stauassistenten über den Anhängerrangier-Assistenten bis hin zur Kurvenneigefunktion Aufgeld lockergemacht werden. Gleiches gilt für den Freifahrmodus, einen Retter aus der Offroadnot, mit dessen Hilfe sich das große SUV aus misslichen Situationen quasi freischaukelt. Ferngesteuertes Remote-Parken wie in der S-Klasse gibt es hingegen nicht, dem steht die Fahrzeughöhe entgegen.

V8-Benziner mit 489 PS

Star in der Motorenpalette ist der ab Oktober verfügbare V8-Benziner im GLS 580 4Matic, ein 360 kW/489 PS starker Achtender mit mächtigen 700 Nm Drehmoment, 48-Volt-Bordnetz und integriertem Startergenerator, der über den sogenannten "EQ"-Boost kurzfristig weitere 250 Nm Drehmoment und 16 kW/22 PS abrufen kann. Ob der Normverbrauch (9,8 l/100 km) einer Praxisüberprüfung standhält, bleibt noch abzuwarten.

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Unter sechs Zylindern macht es der GLS nicht. Das gilt auch für den Diesel, der in zwei Leistungsstufen angeboten wird – einmal mit 210 kW/286 PS im GLS 350 d und einmal mit 243 kW/330 PS im GLS 400 d. Dass beide Selbstzünder der Euro-6d-Temp-Norm gerecht werden, versteht sich von selbst, zwei SCR-Katalysatoren tragen dazu bei, der AdBlue-Tank fasst respektable 31.6 Liter.

Aber auch in anderer Hinsicht ist der GLS um Sauberkeit bemüht. Dazu gibt es die serienmäßige Waschstraßenfunktion: Wird sie aktiviert, fährt die Federung in die höchste Position, um so die Spurweite zu verringern und die Einfahrt in die Waschanlage zu erleichtern. Außerdem klappen automatisch die Seitenspiegel an, Fenster und Schiebedach schließen, der Regensensor wird deaktiviert und die Klimaanlage schaltet auf Umluftbetrieb.

Was der GLS kosten wird, darüber schweigt sich Mercedes noch aus, erst am 24. April öffnet man die Auftragsbücher. Ungefähre Anhaltspunkte liefern indes die Konditionen des noch aktuellen Modells (ab ca. 80.000 Euro) und die des BMW X7, der ab 83.700 Euro in der Liste steht. Kaum anzunehmen, dass der mächtige Mercedes für weniger Geld vorfahren wird.

Ulla Ellmer

Mercedes GLS in Kürze:

Wann er kommt: Auslieferung ab Juli 2019, Verkaufsfreigabe am 24. April

Wen er ins Visier nimmt: BMW X7

Was ihn antreibt: V8-Benziner mit 360 kW/489 PS, V6-Diesel mit 210 kW/286 PS und 243 kW/330 PS

Was er kostet: Noch nicht bekannt

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