Nissan Leaf II: Schöner, flotter, weiter

17.2.2018, 12:24 Uhr
Nissan Leaf II: Schöner, flotter, weiter

© Hersteller

Eine Schönheit ist er nicht, der Nissan Leaf. Doch dem Erfolg hat die drollige Optik nicht geschadet: Über 283.000 Kunden haben ihn zum bislang meistverkauften Elektroauto weltweit gemacht. Große Fußstapfen, in die der Nachfolger tritt, der ab März an diejenigen ausgeliefert wird, die bereit sind, mindestens 31.950 Euro an den Nissan-Händler zu überweisen.

Um den Kreis potentieller Käufer weiter zu vergrößern, setzen die Designer beim Leaf II auf eine deutlich gefälligere Formensprache. Der auf 4,49 Meter gewachsene Nissan zeigt zwar mehr scharfe Kanten als bisher, wirkt insgesamt aber braver. Die Scheinwerfer sind weniger glubschäugig geformt, die Heckleuchten kompakter; ein nettes Detail ist das ausgeprägte Chrom-V im blau akzentuierten Kühlergrill. Deutlich konventioneller als bisher fällt auch das Cockpit aus: Statt der zweigeteilten Raumschiffbrücke gibt es hinter dem neu gestalteten Lenkrad nur noch eine Anzeige mit analogem Rund-Tacho und Info-Bildschirm; auch die Mittelkonsole mit dem Infotainment-Touchscreen wirkt aufgeräumter. Geblieben sind der rundliche Fahrwahlhebel auf dem Mitteltunnel und die etwas hohe, unentspannte Sitzposition, die den im Unterboden verbauten Akkus geschuldet ist. Schade, dass Nissan weiterhin auf ein längsverstellbares Lenkrad verzichtet; das würde zumindest großen Fahrer das Reisen etwas bequemer machen.

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Leistung auf 150 PS gestiegen

Deutlich komfortabler geworden ist der Unterbau, der neue Leaf hoppelt nicht mehr so hölzern wie sein Vorgänger über schlechten Asphalt. Und er ist deutlich souveräner: Die Motorleistung ist auf 110 kW/150 PS gestiegen, bisher lag die Maximalpower bei gerade mal 80 kW/109 PS. Auch das Drehmoment hat zugelegt, von 254 auf 320 Newtonmeter. Auf der Straße sorgt das für einen spürbar kraftvolleren Antritt und mehr Ausdauer, auf dem Papier für eine deutlich kürzere Sprintzeit: Jetzt braucht der gut 1,5 Tonnen schwere Japaner nur noch 7,9 Sekunden bis der Tacho Landstraßentempo zeigt, bislang verstrichen lange 11,5 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit ist wie beim Vorgänger bei 144 km/h abgeregelt.

Neu ist die bei allen Leafs serienmäßige E-Pedal-Funktion: Per Tastendruck wird die Bremse quasi überflüssig, stattdessen reicht es, das Gaspedal los zulassen, schon verzögert der Leaf allein durch Rekuperation bis zum Stillstand. Nach kurzer Eingewöhnungsphase lässt sich der Stromer nahezu ausschließlich mit nur einem Pedal bewegen. Ebenfalls komfortsteigernd wirkt sich der neue, allerdings nur ab der N-Connecta-Ausstattung (ab 36.000 Euro) erhältliche Pro-Pilot aus: Als erster Nissan hierzulande hält der Leaf damit nicht nur den Abstand zum Vordermann, sondern er lenkt auch noch selbstständig mit. Die Hände vom Volant darf der Fahrer aber nur beim Einparken nehmen: Der Park-Assistenten manövriert - unterstützt von vier Kameras und zwölf Ultraschallsensoren - den Leaf ganz allein in die Lücke. Für dieses Kunststück ist allerdings sogar die höchste Ausstattungslinie Tekna (ab 38.300 Euro) nötig - und man muss nochmal 500 Euro extra investieren. Dann sind aber immerhin auch noch die Sitz- und Lenkradheizung, die 360-Grad-Kamera und taghelle LED-Scheinwerfer Serie.

Praxistaugliche Reichweite

Mindestens genauso wichtig wie Power und Komfort, ist bei einem E-Auto der Energiespeicher: Der wächst beim neuen Leaf um ein Drittel, von 30 auf 40 Kilowattstunden. Allerdings nimmt nur die Energiedichte der 192 Zellen zu, die Abmessungen des Akkus bleiben exakt auf dem Niveau des Vorgängers. Rein theoretisch steigt die Reichweite im europäischen Messzyklus mit dem neuen Stromspeicher von 250 auf 387 km. Die zu erreichen, ist aber nach wie vor ein kaum zu schaffendes Kunststück. Legt man dagegen den deutlich realitätsnäheren WLTP-Zyklus zu Grunde, kommt man im Mittel immerhin auf rund 270 Kilometer, denen wir uns bei der ersten Runde auf der hügeligen Insel Teneriffa ganz gut angenähert haben - und zwar ohne das Eiland im Schleichgang zu umrunden.

Nissan Leaf II: Schöner, flotter, weiter

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Apropos schleichend: Das trifft auf das Laden zu, wenn nur einen Haushaltsanschluss zur Verfügung steht: Gut 16 Stunden dauert dann ein kompletter Tankvorgang und während einer Stunde Mittagspause konnten wir bei unserer Testfahrt per Schuko-Stecker gerade mal Strom für rund 20 Kilometer in den Akku pumpen. An einem Typ-2-Anschluss lässt sich mit 6,6 kW immerhin schon doppelt so schnell laden, und wer den ebenfalls unter der Tank-Klappe an der Schnauze angebrachten CHAdeMO-Stecker nutzt, der schafft es - eine 50-kW-Ladestation vorausgesetzt - die Akkus in 40 Minuten zu 80 Prozent zu füllen. Wann und wie der Leaf lädt, kann der Fahrer außerdem zukünftig über eine neue Smartphone-App steuern beziehungsweise überwachen.

Michael Gebhardt

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