Plug-in-Hybride: Verdienen sie die Förderung?

24.10.2020, 12:25 Uhr
Plug-in-Hybride: Verdienen sie die Förderung?

© Seat

Teilzeitstromer nennt man sie gern, weil sie sowohl mit einem Verbrennungs- als auch mit einem Elektromotor ausgestattet sind, der wiederum von einer extern aufladbaren Batterie versorgt wird. Plug-in-Hybride – kurz: PHEVs – können so Pendler- und Alltagsdistanzen rein elektrisch zurücklegen, taugen aber auch für die Langstrecke, wo sie Benzin oder Diesel als Futter nehmen.

Dreistellige Zuwachsraten

Die Technologie ist ein Erfolgsmodell. Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) sind im September 20.127 Plug-in-Hybride neu zugelassen worden, das entspricht gegenüber dem Vorjahresmonat einer dreistelligen Zuwachsrate von 464 Prozent. Bei Mercedes beispielsweise ging die Nachfrage nach dem kompakten A 250e so durch die Decke, dass zeitweise ein Bestellstopp verhängt werden musste.

Ihr Herz für einen PHEV haben die Autokäufer vor allem aufgrund der großzügigen staatlichen Förderung entdeckt, die seit Juli bis zu 6750 Euro brutto beträgt. Zudem steigen mehr und mehr Dienstwagenfahrer vom Diesel auf einen Steckdosen-Hybrid um, denn sie müssen bei privater Nutzung nur 0,5 statt einem Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerten Vorteil versteuern. Den Fuhrparkmanagern, die an einer CO2-Reduktion ihrer Fahrzeugflotte interessiert sind, ist das nur recht.

Mogelpackung mit Stecker?

Immer lauter werden inzwischen aber auch kritische Stimmen. "Staatlich subventionierten Klimabetrug" beklagte unlängst der Grünen-Politiker Cem Özdemir, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Nicht nur Özdemir hegt den Verdacht, dass PHEV-Fahrer nach einer ersten Euphorie das Ladekabel aus Bequemlichkeit links liegen lassen und nur noch mit dem vergleichsweise verbrauchsintensiven Verbrenner fahren. So will eine gemeinsame Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) und des International Council on Clean Transportation (ICCT) wissen, dass Privatnutzer ihren Plug-in wenigstens an drei von vier Tagen laden und zu 43 Prozent elektrisch betreiben, Dienstwagenfahrer aber nur an zwei von vier Tagen Strom fassen und lediglich zu 18 Prozent elektrisch fahren.

Potenzial nicht ausgeschöpft   

Solch mangelnde Ladedisziplin würde das Klimaschutz-Potenzial der Plug-in-Hybride nicht ausschöpfen und somit den Sinn der Subventionen konterkarieren, monieren die Kritiker. Entsprechend fordert der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic eine Kontrolle der Batterie-Nutzung, und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) denkt offensichtlich über eine neue Ausgestaltung von Kaufprämie und Kfz-Steuer dahingehend nach, "dass das Ladekabel nicht nur eine symbolische Beigabe für das eigene Gewissen ist, sondern das Maximum aus der Technik herausholt".

Klassenübergreifende Technologie

Nicht ganz greift indes der Vorwurf, es seien vorwiegend große und schwere SUVs, die mit Plug-in-Technologie ausgestattet würden. PHEVs gibt es inzwischen klassenübergreifend, vom kompakten Golf eHybrid über Kombis wie den Kia Ceed Sportswagon Plug-in Hybrid oder den minivanartigen BMW 225xe Active Tourer bis hin zu Limousinen wie dem Mercedes E 300e beziehungsweise E 300de, Letzterer bietet die ungewöhnliche Kombination aus Diesel- und Elektromotor. Nur Klein- und Kleinstwagen verzichten auf ein Dasein als PHEV, sie würden schlicht zu teuer.   

Plug-ins für das Klimaziel

Die Automobilhersteller wiederum verteidigen die Teilzeitstromer. "Lasst uns den Plug-in-Hybrid nicht kaputtreden", forderte etwa Daimler-Chef Ola Källenius auf dem Branchengipfel des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA). Nach einer Studie des Umweltverbands Transport & Environment hinkt Daimler seinem CO2-Flottenziel für 2020 derzeit noch um neun Prozent hinterher, in Ermangelung massenkompatibler reiner Elektroautos müssen es vorerst die Plug-ins richten.

Anreize für elektrisches Fahren

Im ureigenen Interesse befassen sich viele Hersteller deshalb mit der Frage, wie man die Käufer zu mehr Ladedisziplin bringen könnte. BMW etwa will ein Bonuspunkte-System einführen, das jeden elektrisch zurückgelegten Kilometer mit einem "BMW-Point" belohnt, innerhalb von Umweltzonen (eDrive Zones) gibt es zwei. Die Punkte werden gesammelt und können ab einem gewissen Stand in Guthaben für den BMW-Ladedienst umgewandelt werden. Zudem bieten die Münchner die sogenannte Geofencing-Technologie an, mit deren Hilfe das Fahrzeug in den definierten eDrive Zones automatisch auf Elektrobetrieb umschaltet. Ähnlich verfährt beispielsweise Ford. Auch Transit und Tourneo Custom PHEV bekommen ein "Geofencing-Modul", welches mithilfe von GPS den Standort des Fahrzeugs ermittelt und etwa innerorts den Wechsel von benzin- auf elektrisch gespeistes Fahren initiieren kann.

Mehr Reichweite

Ein weiterer Ansatz sei "die Ausdehnung der elektrischen Reichweite", wie Dr. Kai Philipp, technischer Projektleiter für elektrifizierte Antriebe bei VW, sagt. Gedanke: Je weiter man mit einer Akkuladung kommt, desto seltener muss mit dem Ladekabel hantiert werden – und desto mehr Kilometer würden elektrisch und damit lokal emissionsfrei abgespult.

Ulla Ellmer