Qualitäts-Studie: Desaster für Tesla

26.6.2020, 11:42 Uhr
Qualitäts-Studie: Desaster für Tesla

© Tesla

Deutschen Automobilherstellern wird gern vorgeworfen, die Elektromobilität verschlafen und damit die eigene Zukunftsfähigkeit verspielt zu haben. Als leuchtendes Beispiel müssen sich die hiesigen Unternehmen dann Tesla vorhalten lassen. Das einstige Elektroauto-Start-up mit Sitz im kalifornischen Palo Alto gilt inzwischen als wertvollster Automobilhersteller der Welt. Zum Börsenschluss am 17. Juni hat Tesla endgültig Toyota überholt, die Marktkapitalisierung lag mit etwa 184 Milliarden US-Dollar um 4,3 Milliarden über der des japanischen Konkurrenten.

Tritt ans Schienbein

Einen heftigen Tritt ans Schienbein erhielt Tesla nun aber ausgerechnet von seinen eigenen Kunden. Der viel beachtete Qualitätsreport von J.D. Power, der in den USA alljährlich seit 1968 erhoben wird, setzte den E-Auto-Spezialisten mit deutlichem Abstand auf den 28. und damit letzten Platz.

Die 90-Tages-Frage

Im Rahmen der Untersuchung werden die Kunden verschiedener Marken dahingehend befragt, welche Probleme sie mit ihrem Auto in den ersten 90 Tagen nach dem Kauf erlebt haben. Dabei geht es unter anderem um defekte oder ausgefallene Komponenten, aber auch um Technologien, die schwer zu verstehen sind oder nicht so funktionieren, wie sich der Kunde das vorstellt. Bei Tesla ergab sich der Score PP250, das bedeutet, dass bei 100 Fahrzeugen 250 Qualitätsprobleme festgestellt wurden. Um das einzuordnen: Der Durchschnittswert 2020 beträgt PP166.

Qualitäts-Studie: Desaster für Tesla

© J.D. Power

Tesla-Fahrer meldeten nicht nur Mängel wie schlecht ausgeführte Lackierungen, irritierende Klappergeräusche oder große Spaltmaße. Sie beklagten sich auch über Probleme bei dem, was als Kernkompetenz von Tesla gilt: Die Reichweite (geringer als angegeben) und das Digitale (immer wieder ausfallender Touchscreen).

Allerdings konnte Tesla nicht offiziell in der Studie eingestuft werden. Möglicherweise in Erwartung eines schlechten Ergebnisses gestattete es das Unternehmen nicht, dass seine Kunden in den relevanten 15 US-Bundesstaaten (etwa dem größten Tesla-Markt Kalifornien) befragt wurden. J.D. Power führte daraufhin eine nach eigenen Angaben "ausreichend große Umfrage" unter Tesla-Eigentümern in 35 anderen Bundesstaaten durch. Dies könnte mit ursächlich für das unbefriedigende Abschneiden gewesen sein.

Wissen muss man zudem, dass die Kategorie "Infotainment" (Touchscreens, Navigationssysteme, Smartphone-Anbindung, Konnektivität etc.) herstellerübergreifend fast ein Viertel aller Kundenbeschwerden auf sich zieht. Schon grundsätzlich werden die in modernen Autos angebotenen Technologien immer komplexer und sind in einem Autofahrerleben kaum in vollem Umfang zu verstehen, 90 Tage nach Kauf reichen hierzu wohl erst recht nicht aus.

Probleme mit Premium

Möglicherweise ist auch das ein Grund, weshalb auffälligerweise gerade Premiumhersteller mit ihren technologisch aufwendigen Fahrzeugen ein schlechtes Ergebnis beim J.D. Power-Report erzielen. Anders der deutsche TÜV-Report oder die ADAC-Pannenstatistik sagt er schließlich nichts über die Langzeitqualität der Probanden aus. Während VW noch Rang 7 von 28 belegt und (PP152) besser als der Durchschnitt agierte, musste sich BMW (PP176) mit Platz 15 begnügen. Porsche (PP186) fand sich auf Platz 20 wieder, Mercedes (PP202) auf 24, Volvo (PP210) auf 25, Audi (PP225) auf 25 und Land Rover (PP228) auf 27 und damit an vorletzter Position vor Tesla.

Dagegen sind es eher Marken mit einfacher gestrickten Modellen, die sich ganz vorne einordnen: Das Führungstrio im J.D. Power-Report rekrutiert sich aus Dodge (PP136), Kia (PP136) und Chevrolet (PP141).

Ulla Ellmer