VW e-Golf: Mehr Leistung, mehr Reichweite

30.3.2017, 14:30 Uhr
Elektro-Golf: Er leistet jetzt 136 PS und fährt mit einer Akkuladung bis zu 300 km weit. Preis: Ab 35.900 Euro

© Hersteller Elektro-Golf: Er leistet jetzt 136 PS und fährt mit einer Akkuladung bis zu 300 km weit. Preis: Ab 35.900 Euro

Der Golf ist bekanntlich der Deutschen liebstes Auto, und als solches erfüllt er auch so gut wie alle Kundenwünsche. Heißt: Antriebstechnisch gibt es praktisch nichts, was es nichts gibt: Benziner und Diesel, eine Erdgas-Variante, den Plug-in-Hybriden GTE und den rein elektrischen e-Golf. Fehlt eigentlich nur die Brennstoffzelle. Oder Düsentrieb. Aber das wäre nun doch zu vermessen.

Wir blicken auf den e-Golf, der sich dezent, aber effektiv durch eine blaue Linie am Kühlergrill und in den LED-Scheinwerfern kenntlich macht. Das Update ist in seinem Falle ein Upgrade, denn er hat sowohl in Sachen Leistung als auch bei der Reichweite kräftig zugelegt. Mit nunmehr 136 PS bietet er 21 Pferdestärken mehr auf als der Vorgänger. Und der Aktionsradius - jenes Kriterium, dem Kunden besonderes Augenmerk schenken - ist von 190 auf nunmehr 300 km ausgedehnt worden. So steht es zumindest im Datenblatt. VW ist indes so ehrlich, das sogenannte "kundenrelevante Mittel" als realistischere Größe anzugeben; je nach Fahrweise, Witterung und Einsatz der Klimatisierung liegt es bei 200 km. Das kommt in der Praxis schon eher hin. Unsere Testfahrt wurde nicht von den obligatorischen Reichweite-Killern begleitet, bei frühlingshaft milden Temperaturen führte sie über größtenteils ebenes Terrain und folgte beim Tempo vielfach der Empfehlung von Jens Tousen aus dem Bereich Entwicklung elektrischer Antriebe, der 85 km/h als optimale Geschwindigkeit ans Herz legt. Beim Start versprach der Bordcomputer elektrische Reserven für 280 km, nach 96 km Wegstrecke meldete er allerdings nur noch Potenzial für weitere 130 km. Rein theoretisch hätten das also 54 km mehr sein müssen, die unterwegs offensichtlich irgendwo verlorengegangen sind.

VW e-Golf: Mehr Leistung, mehr Reichweite

© Hersteller

Die Technik sieht voraus

Mit allerlei technischen Finessen versucht der e-Golf, seine elektrischen Kapazitäten so effektiv wie möglich auszuschöpfen. Die optional angebotene Wärmepumpe reduziert die elektrische Leistungsaufnahme der Heizung, indem Wärme aus der Umgebungsluft und die Abwärme der Antriebskomponenten genutzt werden. Außerdem gibt es eine neue Assistenz-Funktion (Eco-Fahrhinweise), die sich vorausschauend der Streckendaten des Navis sowie der Daten zur Längsdynamik bedient und dem Fahrer über die Multifunktionsanzeige Tipps gibt - beispielsweise, indem sie ihn per Hinweis "Fuß vom Gas" auf eine enge Kurve, eine Abzweigung oder ein Tempolimit vorbereitet, bevor er die betreffende Situation überhaupt erkennt.

Schon interessant, dass ein "Umbau" wie der Elektro-Golf reichweitentechnisch einem BMW i3 nicht nachsteht, der dezidiert als Elektromobil konzipiert worden ist. Zu danken hat der e-Golf seinen erweiterten Aktionsradius dem Energiegehalt der neuen Lithium-Ionen-Batterie, der von 24,2 kWh auf jetzt 35,8 kWh erhöht wurde. Allerdings bringt der Akku auch einiges auf die Waage, 345 kg sind es, mit 1615 kg markiert der stromernde Wolfsburger somit nicht gerade ein Federgewicht.

In 45 Minuten aufgeladen

Wer auf eine normale Haushaltssteckdose (230 Volt bei 2,3 kW) angewiesen ist, muss beim Laden Geduld aufbringen, erst nach 13:15 Stunden ist die Batterie wieder voll bei Kräften. Schneller (4:15 Stunden) geht's an der 7,2-kW-Ladestation bzw. an der Wallbox, sie erfordert allerdings eine Investition von knapp 700 Euro, plus Montage kommt man so auf rund 1000 Euro. Per CCS-Schnellladen ist der Vorgang des Stromfassens nach 45 Minuten zu 80 Prozent abgeschlossen. VW offeriert hierzu die sogenannte Charge&Fuel-Card, über die bei minutengenauer Abrechnung zu 11,90 Euro pro Stunde Gleichstrom und zu 95 Cent pro Stunde Wechselstrom getankt werden kann. Rund 4000 solcher Ladestationen gibt es deutschlandweit, aufspüren lassen sie sich per Smartphone-App.

VW e-Golf: Mehr Leistung, mehr Reichweite

© Hersteller

Fahrtechnisch ist auch der e-Golf einfach Golf, was rundum einem Qualitätsmerkmal gleichkommt. Perfekte Verarbeitung, perfekte Haptik, perfekter Sitzkomfort, seidenweich geschmeidiges Vorankommen, das nur vom Flüstern der Wind- und Abrollgeräusche begleitet wird. 290 Nm Drehmoment sind ein Wort, damit übertrifft der elektrische Kompakte sogar seinen Bruder Alltrack 1.8 TSI. Das Handling ist easy-going; souverän und durchaus sportlich meistert der Zero-Emission-Golf kurviges Geläuf. In 9,6 Sekunden spurtet er von 0 auf 100 km/h, bei 150 km/h setzt die Elektronik dem Vortrieb allerdings ein Ende, zu rapide würden danach die elektrischen Reserven aufgebraucht.

Üppige Ausstattung

Der bereits ziemlich üppig ausgestattete e-Golf - Navi "Discover Pro" mit 9,2-Zoll-Touchscreen, Gestensteuerung und Sprachbedienung, Zwei-Zonen-Klimaanlage, Fahrprofilauswahl, LED-Leuchten und Fußgängererkennung - kostet 35.900 Euro, abzüglich 4000 Euro Förderprämie. Kostenlos kann der Besitzer das Angebot der "Ergänzungsmobilität" nutzen, das ihm beispielsweise für Urlaubsfahrten einen Gratis-Mietwagen aus dem VW-Programm vermittelt. Ausgenommen ist nur der Touareg.

VW e-Golf: Mehr Leistung, mehr Reichweite

© Hersteller

Die zunehmend ausgedehnte Reichweite von Elektroautos ist in erster Linie natürlich ein Segen - in gewisser Weise aber auch ein Fluch. Wer noch vor zwei Jahren für nicht eben kleines Geld einen e-Golf mit 190 km Spielraum gekauft hat, dem bleibt jetzt nur der finstere Blick aufs neue Modell. Die Verkaufschancen des "Alten" auf dem Gebrauchtwagenmarkt sind mäßig. Ein Update - wie es etwa BMW für den i3 oder Renault für den Zoe anbietet - gibt es für den e-Golf nicht, wie Jonas Tousen sagt. Es wäre schlicht zu teuer. Denkbar ist allerdings, dass der VW-Händler umstiegswilligen Kunden ein attraktives Rückkauf-Angebot für das Vorgängermodell unterbreitet.

Golf GTE mit 204 PS

Wer noch nicht ganz den Mut zu einem Elektroauto pur aufbringt, aber zumindest begrenzt elektrisch fahren möchte, mag den Plug-in-Golf GTE in Erwägung ziehen. Lässig fährt er auch dann in die Innenstadt, wenn andere aufgrund von Fahrverboten draußen bleiben müssen. Quell der Antriebskraft ist beim GTE ein 150 PS starker TSI einerseits und ein 102-PS-Elektromotor andererseits, beides addiert sich zu einer satten Systemleistung von 204 PS. Das reicht für eine Spitze von 222 km/h. Auf dem Papier beträgt die elektrische Reichweite 50 km, wir erzielten auf einer ersten Testfahrt 27 km. Fein raus der Pendler, der am Arbeitsplatz eine Steckdose vorfindet. Den Verbrauchsschnitt von 1,6 l/100 km sollte man im realen Leben freilich nicht allzu ernst nehmen.

VW e-Golf: Mehr Leistung, mehr Reichweite

© Hersteller

Zur Steigerung der Effizienz hat VW die Hybridstrategie des GTE weiterentwickelt; sofern ein Navi an Bord ist, stimmt der Teilzeit-Stromer im Hybrid-Modus vorausschauend den Einsatz der Motoren auf die Strecke ab. Der Golf GTE erfordert eine Investition von 36.900 Euro, davon gehen 3000 Euro Förderprämie ab. Im Preis inbegriffen sind neben Radiosystem mit 8,0-Zoll-Touchscreen, Zwei-Zonen-Klimaanlage, Leichtmetallrädern und Fahrprofilauswahl auch schicke Karo-Sportsitze - GTI-Feeling auf elektrische Art.

Ulla Ellmer

VW e-Golf in Kürze:

Wann er kommt: Am 13. April

Wen er ins Visier nimmt: BMW i3, Renault Zoe, den kommenden Opel Ampera-e

Was ihn antreibt: Elektromotor mit 136 PS, Lithium-Ionen-Batterie mit 35,8 kWh

Wie lange er durchhält: Laut NEFZ 300 km

Was er kostet: Ab 35.900 Euro

Was noch kommt: Der e-Golf und der Plug-in-Hybrid GTE schließen das Update der bereits sehr umfangreichen Golf-Familie ab

 

 

 

 

Keine Kommentare