Falsche Ideale, die krank machen

5.9.2015, 10:00 Uhr
Falsche Ideale, die krank machen

© dpa

Lena und Lola stylen sich für eine Party. Am Anfang ist alles spaßig: „Ich habe das ultimative Party-kleid“, sagt die 14-jährige Lola und freut sich. „Los, probieren wir unsere Kleider mal an“, schlägt Lena vor. Und plötzlich sind sie da, die Zweifel. „Na ja, mein Kleid ist ein bisschen eng und es ist zu rot“, findet Lola auf einmal. „Quatsch, du siehst toll aus“, muntert Lena ihre Freundin auf.

Die Freundinnen singen und springen herum. Sie machen Fotos und Videos und stellen sie ins Internet. Da entdeckt Lola den fiesen Kommentar eines Mitschülers. Er schreibt: „In dem Outfit geht meine Freundin Unkraut jäten.“ Die Freundinnen stellen entsetzt fest, dass ihre ganze Klasse über die Bilder lästert, die Mitschüler beschimpfen die beiden Jugendlichen als fett und hässlich. „Lena, die haben recht. Ich gehe nicht zur Party“, meint Lola schließlich.

Viele junge Mädchen können solche Situationen nachvollziehen, fühlen sich zu dick und hässlich – und hören deswegen auf, Dinge zu tun, die ihnen Spaß machen. Schuld an solchen Minderwertigkeitskomplexen sei hauptsächlich die Werbung, sagen Theaterpädagogin Blanca Fernandez und Theatermacherin Manuela Stange vom Verein Pinkstinks Germany e. V., die das Theaterstück „Vielfalt ist Schönheit“ konzipiert haben.

Unzufriedene Mädchen

„Den Mädchen wird gezeigt: So hast du auszusehen, das ist schön“, sagt Blanca. Wer dem Schönheitsideal nicht entspricht, versucht mit allen Mitteln, es zu erreichen. „Dann kommen die Werbe-, Kleidungs- und Diätindustrie ins Spiel“, erklärt Manuela.

Manchmal erwecken auch anders geschnittene Klamotten bei Mädchen den Eindruck, sie hätten zugenommen. Die junge Frauen kaufen dann Zeitschriften mit Fett-weg-Tipps oder trauen sich nicht mehr ins Schwimmbad, „weil sie denken, dass alles schwabbelt“, sagt Blanca.

„Wenn andere fülliger sind, finde ich das nicht schlimm, ich finde es sogar schön“, meint die 16-jährige Sabrina, die sich das Theaterstück im Jugendhaus angeschaut hat, ihren richtigen Namen aber nicht in der Zeitung lesen möchte. „Aber ich selbst fühle mich zu dick und akzeptiere nicht, dass ich nicht so dünn bin.“

Immer mehr Mädchen sind unzufrieden mit ihrem Körper, berichten die Pädagoginnen. Deshalb zeigen sie ihr „Theaterstück to go“ in Schulen und Jugendeinrichtungen, um zu vermitteln, dass Schönheitsideale vor allem dafür sorgen, dass die Kassen klingeln. „Klingt logisch“, kommentiert Hanna (15). „Wenn wir zufrieden wären, würden wir keine Diäten machen, keine Zeitschriften dazu lesen und nicht so viel Kosmetik kaufen.“

„Aber auch dünne Leute finden sich zu dick und sind unzufrieden mit sich selbst“, wirft die Leiterin des Jugendhauses ein. Im Theaterstück beschließen Lena und Lola abzunehmen. Doch während Lola das nicht schafft, gleitet Lena in die Magersucht ab. „Die Betroffenen merken gar nicht, dass sie ihrem Körper und sich selbst schaden“, sagt Manuela.

Betroffene brauchen professionelle Hilfe, sie machen nicht einfach nur eine Diät. Sie kämpfen auch mit Depressionen und Zwangsverhalten. „Wir haben nichts gegen Styling und Schönheit, aber bitte gesund!“, betonen die beiden Theatermacherinnen.

Die Jugendlichen sollen verinnerlichen, dass TV und Werbung Ideale vorgaukeln, die in der Realität kaum existieren. „Von 100 Frauen haben gerade mal zwei Modelmaße“, sagt Blanca. „Aber in der Werbung werden nur solche Frauen gezeigt.“ Der Schlüssel, um dem Druck zu entkommen, sei mehr Selbstwertgefühl. Jedes Mädchen solle für sich herausfinden, was ihm wichtig ist und sich wohlfühlen, so wie es ist.

Zustimmung im Jugendhaus: Besonders gut erinnern sich die Mädchen an die Szene, in der Lola und Lena ihre Fotos ins Internet stellen. „Sowas machen wir ständig“, sagt Isabella (14). Emma (13) meint: „Wir sind schön, egal, wie viel wir wiegen. Ich habe gelernt, dass man sich so akzeptieren sollte, wie man ist.“

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