„Halleluja“ – gespielt von Aceton-Molekülen

20.1.2017, 11:00 Uhr
„Halleluja“ – gespielt von Aceton-Molekülen

© Fotos: Beeck

„Da bin ich, glaube ich, weltweit der Einzige, der das macht“, sagt er: „Musik mit Atomkernen. Ich arbeite mit dem Molekül Aceton, von dem ich die Frequenz kenne. Ändere ich nun die Anregungsfrequenz, ändert sich auch der Ton“, erklärt Bauer.

Das Musikmachen ist seine große Leidenschaft – neben der Chemie, die zu seinem Beruf wurde. Seit 1984 ist Bauer Professor am Institut für Organische Chemie der Uni Erlangen-Nürnberg. Hier beschäftigt er sich besonders mit Kernspinresonanz-Spektroskopie.

Bei dieser Untersuchungsmethode wird die Wechselwirkung zwischen dem magnetischen Moment (spin) von Atomkernen und einem hochfrequenten magnetischen Wechselfeld gemessen. Damit kann man den Aufbau von Molekülen sichtbar machen. „Wir können ganz genau bestimmen, wo sich ein Atom in einem Molekül befindet. Wenn beispielsweise die Studierenden synthetische Stoffe herstellen, können wir mit Hilfe der Spektrometer feststellen, wie sauber die Synthese gelungen ist“, erklärt der Chemie-Professor.

Aufgestellt sind die Kernspinresonanz-Spektrometer im Keller des Instituts, weil sie eine erschütterungsarme Umgebung brauchen. Betritt man diese Räume, sind etliche Sicherheitshinweise zu beachten. Menschen mit Herzschrittmachern dürfen beispielsweise nicht in die Nähe dieser Geräte kommen.

„Halleluja“ – gespielt von Aceton-Molekülen

„Scheckkarten mit Magnetstreifen“, sagt Bauer, „sollte man hier unten auch nicht bei sich tragen. Die werden komplett gelöscht.“ Bereits fünf seiner Scheckkarten habe er so schon zerstört, erzählt er und zuckt resigniert mit den Schultern. „Die Dame bei der Bank fand meine Erklärung zunächst etwas merkwürdig. Aber mittlerweile kennen die mich schon.“

Missgeschicke pflastern Bauers Karriereweg. „Mit acht Jahren wollte ich Gold herstellen“, erzählt er. „Meine Spezialmischung aus Benzin, Petroleum, Hoffmannstropfen und Salmiakgeist war am Ende hochentzündlich, und die Küche fiel ihr zum Opfer. Das gab einen Riesenärger mit meinen Eltern! Gott sei Dank ist aber niemandem etwas passiert – reiner Sachschaden.“

Großen Ärger gab es auch bei der Sache mit den selbst gebastelten Silvesterknallern. Bauer wollte, dass die Böller in der Schule explodieren. Als er in flagranti von einem Lehrer erwischt wurde, krachte es – wenn auch ganz anders als geplant. Fast wäre Bauer von der Schule geflogen.

Die Zutaten für seine Experimente fand er alle in seinem Elternhaus. „Die Chemie war das große Hobby meines Vaters“, erinnert sich Bauer. „Er hatte sich ein kleines Labor im Keller eingerichtet. Gerne wäre auch mein Vater Chemiker geworden, leider musste er aber den Familienbetrieb, ein Fliesengeschäft, übernehmen.“

„Halleluja“ – gespielt von Aceton-Molekülen

Die Leidenschaft Bauers für naturwissenschaftliche Experimente hielt über die Kindheit hinaus an. Nach dem Abitur studierte er in Regensburg Chemie, wurde promoviert und habilitiert.

Jetzt, hier unten im Keller der Organischen Chemie, macht Bauer Musik mit Kernspinresonanz-Spektrometern. „Anfangs war es noch recht mühsam, die Töne zu generieren. Inzwischen geht das recht schnell.“ Für die Filmmelodie von „Dr. Schiwago“ benötigte er 730 einzelne Töne. „Die habe ich in drei, vier Tagen geschafft.“

Atommusik-Videos sind bei YouTube unter dem Stichwort „Waldi Bauer“ zu sehen.

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