"Ich wollte auch deutsch sein!"

28.11.2016, 09:00 Uhr

© Philipp Rothenbacher

"Ich habe mich früher in enge Hosen reingezwängt, damit mein Hintern flacher ist, habe meine Haare geglättet und dabei meine Kopfhaut verätzt. Ich wollte auch deutsch sein, um dazuzugehören", erzählt Mo Asumang auf die Frage eines Schülers, ob Menschen mit ihrem Rassismus etwas erreicht haben.

Die Schauspielerin, Moderatorin und Autorin hat dieses Jahr ihr Buch "Mo und die Arier - Allein unter Rassisten und Neonazis" veröffentlicht, in dem sie Erfahrungen aus den vergangenen 15 Jahren ihres Lebens aufgeschrieben hat. Im Gespräch mit den Nürnberger Schülern sagt sie, dass sie lange gebraucht habe, ihre eigenen Wurzeln kennenzulernen und vor allem auch zu akzeptieren.

© Illustration: Flix

Falsches Bild im Kopf

"Ich ging auf eine andere Straßenseite, wenn ein Schwarzer daherkam. Ich dachte, der macht mir Probleme, ich hatte ein falsches Bild, das mir von den Medien vermittelt wurde. Ich sah Schwarze als Opfer oder Kriminelle", erzählt sie weiter.

Um sich selbst zu finden, musste sie nach Ghana reisen. Mo lebt als Migrantin der zweiten Generation in Deutschland, wurde in Kassel geboren. Ihren Vater fragte sie einmal: "Was bin ich?" Er antwortete: "Du kannst beides sein." – "Wow", dachte sie sich. "Ich bin Brückenbauerin. Beides zu sein, brachte mir am meisten, nachdem ich mal deutsch war, dann mal mit meinen Homies abhing."

Als die 53-Jährige vor ein paar Jahren eine Morddrohung von Neonazis bekam, riss es ihr den Boden unter den Füßen weg. Um sich von ihrer Angst zu befreien, schrieb sie sich alle Erlebnisse von der Seele und beschloss, sich den Rassisten zu stellen, indem sie einfach zu ihnen ging.

"Ich bin in Gera auf Neonazis zugerannt und schaute sie mir an, während ich aß", erzählt sie. Mo bekam böse Blicke ab. Natürlich habe sie dabei auch ein mulmiges Gefühl gehabt. "Ich weiß nicht, ob ich mutig war. Ich habe die Sache nur umgedreht: Ihr schaut nicht mich an, sondern ich euch", sagt sie.

"Die Nazis kommunizieren nicht mit anderen Leuten, dürfen es gar nicht, weil sie sonst merken würden, dass ihre Ideologie Mumpitz ist", erzählt die Buchautorin den Schülern. Das sei ihre Motivation, warum sie immer wieder Rassisten auf der Straße anspricht. Sie frage diese dann, warum sie Rassisten sind und wovor sie Angst haben. Leider sei es in letzter Zeit wieder schlimmer geworden: Mo bekomme mehr Anfeindungen. Die Blicke der Menschen seien hasserfüllt. Ein Schüler mit dunkler Hautfarbe nickt ihr bestätigend zu. "Jetzt mit den vielen Flüchtlingen sehen Rassisten ihre Chance zu hetzen - mit allen Mitteln: Lügen und gefälschten Statistiken", sagt sie.

Politiker nutzen Angst aus

Rassismus müsse man bei sich selbst stoppen, meint Mo und zitiert Frauke Petry von der Partei Alternative für Deutschland (AfD), die einmal sagte: "Wir brauchen die Ängstlichen." Das ist eine Gemeinheit, findet Mo, "die Politiker nutzen aus, dass Menschen Angst haben vor allem, was fremd ist. Rassisten suchen sich Menschen mit Ängsten und Sorgen, halten diese in ihrer Angst gefangen und verstärken sie sogar noch".

Was man dagegen tun kann? Auf die Frage der Schülerin stellt Mo eine Gegenfrage: "Seid ihr 'Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage'? Darüber entscheiden die Schüler selbst. Macht das, zeigt bei Projekten die Vielfalt an eurer Schule und kommt miteinander ins Gespräch."

Den eineinhalbstündigen Dokumentarfilm von Mo "Die Arier" könnt ihr euch hier im Internet anschauen: www.bpb.de/mediathek/198266/die-arier

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