Miss Marple ermittelt in Franken

12.12.2016, 09:00 Uhr
Miss Marple ermittelt in Franken

© Szenenbilder: privat

Oh mein Gott, wie soll ich eine alte Frau spielen? Das dachte sich Tanja (heute 21), als ihr die Rolle der berühmten Detektivin Miss Marple im Film „Mord im Aischgrund“ zugeteilt wurde. Doch wie sich schnell herausstellte, waren Tanjas Bedenken überflüssig: Sie sollte eine junge Jane Marple spielen, aber ebenso scharfsinnig wie das weitaus ältere Original.

Der 70-Minuten-Krimi „Mord im Aischgrund“ ist das preisgekrönte Ergebnis eines Schulprojekts der Dietrich-Bonhoeffer-Realschule in Neustadt an der Aisch. Der eigenhändig gedrehte und produzierte Film ist an den Krimiroman „Vier Frauen und ein Mord“ der englischen Buchautorin Agatha Christie angelehnt. Es geht darin um eine Reihe von Morden, die in Neustadt verübt wurden. Obwohl die Kommissarin Miss Marple ausdrücklich klarmacht, sich aus dem Fall rauszuhalten, ermittelt diese wieder mal auf eigene Faust. Mit Hilfe ihres Vertrauten Mister Stringer, gespielt von Christian (20), gelingt es ihr, den Mörder zufassen und dessen Motiv aufzudecken.

Ganze Schule dabei

Anlässlich des 50. Geburtstags der Schule 2015 schrieb die Leiterin der Theatergruppe, Bernadette Ritter, ein Jahr vor Drehbeginn das Originaldrehbuch um. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Alexander Förtsch, der Herr über Kamera und Schnitt, übernahm sie die Regie.

Neben den erfahrenen Theaterschauspielern wurde jeder, von der Unterstufe über das Lehrerkollegium bis zur Schulleitung, mit eingespannt. „Einfach alle waren Teil dieser Schulfamilie“, erzählt Bernadette Ritter.

Der Dreh begann nach den Sommerferien und dauerte fast ein ganzes Schuljahr. Ein sehr zeitintensives Hobby: Die Beteiligten opferten jeden Samstag oder Sonntag, manchmal auch beide Tage, für das Projekt. „Da braucht man viel Geduld, Konzentration und vor allem Selbstbeherrschung“, sagt Christian. Auch die Lehrer zeigten sich beeindruckt von der Energie und der Opferbereitschaft ihrer Schüler. Zwar wurde an manchen Tagen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gearbeitet, doch der Spaß kam nie zu kurz.

So entstanden spontan lustige Änderungen, die dem Film zusätzlich jede Menge Witz verleihen. Dabei war „ernst bleiben und bloß nicht lachen“ für Christian eine der größten Herausforderungen.

Tanjas persönliches Highlight war ganz klar „das Feierabendbier mit den Lehrern“. Dadurch, dass Lehrer und Schüler fast jedes Wochenende miteinander verbrachten, entstand so ein freundschaftliches Verhältnis.

Zudem steckt in Tanja selbst so einiges von Miss Marple, wie sie sagt. Hartnäckigkeit und ein gewisser Grundsarkasmus, das haben die beiden definitiv gemeinsam.

Premiere mit Oscar

Im März 2015 war schließlich alles im Kasten. Als Nächstes folgten Schnitt und Vertonung. Die Originalmusik wurde übernommen. Denn dass Musik das A und O bei einem Film ist, weiß auch Alexander Förtsch, der für alles Technische zuständig war. „Musik ist wie eine zusätzliche Dimension“, sagt er, „es ist toll, eine Illusion zu erzeugen.“

Doch nicht nur mit der berühmten Titelmelodie bekam der Film einen echten Miss-Marple-Touch. Hin und wieder knackst es, und das Bild flackert ab und zu. Die ersten Szenen sind zudem mit einem Schwarz-Weiß-Filter auf alt getrimmt.

Miss Marple ermittelt in Franken

Ein Film also wie „Made in Hollywood“, nur im kleinen Format und mit weniger Budget. Und wie alle großen Filme schaffte es auch „Mord im Aischgrund“ auf die Leinwand, inklusive Filmplakat. Premiere war einige Wochen nach Drehschluss im Kino in Neustadt. Die beiden Kinosäle waren komplett ausverkauft. Die Schulleitung überreichte sogar noch einen Oscar. Doch damit nicht genug: Kürzlich wurde das Team außerdem mit dem mittelfränkischen Realschulpreis ausgezeichnet.

Und wie war das, nach so viel Arbeit den Film zu sehen? „Ich habe Rotz und Wasser geheult“, gesteht Tanja. „Es war eine Bestätigung, dass sich die ganze harte Arbeit wirklich gelohnt hat“, sagt Christian. Für ihn ist klar: „Das ist eine Sache, die man im Leben mal gemacht haben muss: einen Film drehen.“

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