Nur die Sprache ist ganz anders als bei uns

6.4.2017, 17:27 Uhr
Ein Erlanger Medizin-Student an der Uni in Helsinki: Sven (Mitte) spielt mit zwei Kommilitonen einen Notfall durch. Der „Patient“ hat eine Lungenembolie. Die Puppe kann mittels Computersteuerung Puls- und Lungengeräusche, Pupillenveränderungen, Blutdruck und Ähnliches simulieren.

© privat Ein Erlanger Medizin-Student an der Uni in Helsinki: Sven (Mitte) spielt mit zwei Kommilitonen einen Notfall durch. Der „Patient“ hat eine Lungenembolie. Die Puppe kann mittels Computersteuerung Puls- und Lungengeräusche, Pupillenveränderungen, Blutdruck und Ähnliches simulieren.

Die größte Herausforderung für Ausländer in Finnland offenbart sich schon am Flughafen: die finnische Sprache. Aber glücklicherweise sprechen nach meinem Eindruck recht viele Finnen ganz gut Deutsch. Auf den Straßen hört man oft Englisch sprechende Leute, vermutlich Touristen. Offen bleibt, ob es daher rührt, dass die Finnen selbst lieber schweigen – oder gleich daheim bleiben.

"Hell – sinki": Das gibt die Lichtverhältnisse im Winter gut wieder – umso heller strahlen die Reflektoren, die die Leute an ihrer Kleidung tragen. Eine eigene Kunstform! Um der Dunkelheit zu entfliehen, bieten sich die vielfältigen Cafés und Restaurants an.

In Finnland bieten fünf Universitäten die Möglichkeit, Medizin zu studieren. In der Hauptstadt Helsinki herrscht der größte Andrang. Diese Attraktivität hat ihren Preis – in Form hoher Lebenshaltungskosten.

Finnen selbst werden generell vom Staat unterstützt. Jeder Staatsbürger bekommt etwa 450 Euro im Monat. Und die Kosten eines Studiums werden für Finnen ebenfalls vom Staat übernommen.

Im Biomedicum – dem medizinischen Uni-Campus – treffe ich die Studierenden aus den verschiedensten Semestern: Zweitsemester arbeiten gerade Fallstudien in englischer Sprache durch. Eine Ausnahme, denn die Kurse sind größtenteils in der Landessprache und nur selten in Englisch.

Die Medizinische Fakultät ist als Campus organisiert. So bleiben die Studierenden dort meist unter sich. Und sie verbringen die meiste Zeit in der Bibliothek, um sich das viele nötige Wissen anzueignen.

Denn der Stoff und der Ablauf des Medizin-Studiums in Finnland sind ähnlich wie bei uns. Auch dort gibt es nach der ersten Studienphase ein zwischengeschaltetes erstes Staatsexamen – wie in Deutschland das sogenannte Physikum.

Besonders positiv auf die Motivation der Studierenden wirkt sich der direkte Einfluss ihrer Rückmeldungen auf die Lehrbedingungen aus. Veränderungswünsche werden umgehend umgesetzt – oftmals sogar noch im laufenden Kurs. So wurde von Seiten der Fakultätsleitung vorgeschlagen, vernetztes Arbeiten auch in Prüfungen zuzulassen, um die Realität im Arbeitsleben besser abzubilden. Mit der Begründung, dass es wichtiger sei, zu wissen, wie sich vertrauenswürdige, aktuelle Informationen schnellstmöglich recherchieren lassen – anstatt diese nur auswendig zu lernen.

Auch lache ich mit Leuten aus den Abschlusssemestern über viele Gemeinsamkeiten: Sie fühlen sich ebenfalls am Ende des langen Regelstudiums weit davon entfernt, Patienten strukturiert und mit Vertrauen in das Gelernte zu behandeln.

Die Universität Helsinki hält deswegen ein großes "skills lab" bereit. Dort können die angehenden Mediziner anhand von Modellen und Simulationspatienten für die Praxis üben.

Helsinki und seine Universität arbeiten gerade daran, ihre Attraktivität für Interessenten aus aller Welt zu steigern. Das scheint sich im Kreis der Forscher schon herumgesprochen zu haben – was mir etliche internationale Gesprächspartner bestätigten. Das Hauptargument, das zu diesem Urteil beiträgt: In Finnland werden neueste Erkenntnisse in Forschung und auch Lehre sehr schnell umgesetzt.

Die Frage, wo sie in Zukunft tätig sein möchten, beantworten die meisten finnischen Kommilitonen mit einer überraschenden Selbstverständlichkeit: Na hier in Finnland, ist doch klar! Eventuell noch in einem der skandinavischen Nachbarländer.

Mehr Einkommen auf dem Land

Wo genau innerhalb des Landes? Da sind die Aussagen vergleichbar mit denen bei uns: lieber in der Stadt als auf dem Land. Daher wird das Einkommen von Ärzten höher angesetzt, wenn sie in dünn besiedelten Regionen wie Lappland arbeiten.

Die Antwort auf meine Frage nach den beliebtesten Reisezielen meiner finnischen Gesprächspartner lautet meistens: "Wo es warm ist!" Mich stört die Kälte wenig. Ich denke darüber nach, dort zu arbeiten. Denn die Stadt und die Universität Helsinki bieten Ausländern einige Möglichkeiten dafür.

Zudem kann ich viele Wintersportarten betreiben. Sportplätze werden in Finnland das ganze Jahr über genutzt. Auf vereisten Bolzplätzen spielt man Eishockey. Und auf Laufbahnen ziehen Leute mit Schlittschuhen ihre Runden.

Natürlich wollte ich auch unbedingt mal eine echte finnische Sauna ausprobieren. Etwas befremdlich wirkte auf mich die klassische Rauch-Schwitzhütte. Innen ist alles vom Ruß pechschwarz. Und zusammen mit dem Geruch wirkte es auf mich, als ob ich in einer abgebrannten Gartenhütte sitzen würde.

 

Am Dienstag, 11. April, auf der Extra-Campus-Seite: Was eine deutsche Medizin-Studentin in einem indischen Krankenhaus erlebt hat.

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