Olympiasieger in Uniform

4.3.2017, 09:26 Uhr
Olympiasieger in Uniform

© Foto: dpa/Illustration: Hava

Zu Beginn scheint der Bundeswehrstützpunkt Warendorf meinen Vorstellungen völlig zu entsprechen: ein bewachter Eingang, sich aneinanderreihende Soldatenunterkünfte, eine große Kantine und ein Versammlungssaal. Erst auf den zweiten Blick entdecke ich die Sportstätten und Hallen auf dem 40 Hektar großen Areal: zwei moderne Schwimmhallen, eine Leichtathletikhalle, eine Reitanlage, ein Stadion mit großer Tribüne, ein Fitness-Parcours und vieles weitere.

Ich befinde mich in Warendorf (Nordrhein-Westfalen) auf keinem gewöhnlichen Stützpunkt, sondern auf einer der beiden Sportschulen der Bundeswehr. Was mich am meisten überrascht: Auf diesen Sportplätzen halten sich nicht nur Soldaten fit, hier trainieren auch Spitzensportler! Die Bundeswehr fördert nämlich den Leistungssport, indem sie erfolgreiche Sportler als Soldaten anstellt. Sportler, die bei den Olympischen Spielen teilnehmen. Sportler, die für Deutschland Medaillen gewinnen.

Mehr als 300 Medaillen

Etwa 750 Spitzensportler trainieren bei der Bundeswehr in einer der 200 angebotenen Disziplinen – von Fußball über Schwimmen und Leichtathletik bis Reiten. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro war fast ein Drittel des deutschen Teams Sportsoldaten. Schon seit 49 Jahren engagiert die Bundeswehr sich in diesem Bereich — und das durchaus mit Erfolg: Seit 1968 gewannen Sportsoldaten bei den Olympischen Spielen 304 Medaillen.

Doch kann sich wirklich die Bundeswehr diese Erfolge auf die Fahnen schreiben? Diese Frage habe ich einigen Spitzensportlern in Warendorf gestellt.

"Ohne die Förderung wäre meine Karriere anders verlaufen", sagt Beachvolleyballer Julius Brink ganz klar. Da ist er sich mit seinen Kollegen Markus Esser (Hammerwerfen) und Kerstin Stegemann (Fußball) einig: Der Bundeswehr verdanken sie einen wesentlichen Teil ihres sportlichen Erfolges. Denn hier gehe es nicht vorrangig um Siege oder den Bekanntheitsgrad, sondern der Sportler selbst stehe im Fokus der Förderung.

Für Julius Brink, der bei den Olympischen Sommerspielen 2012 Gold im Beachvolleyball holte, war das besonders am Anfang wichtig: Die Bundeswehr ermöglichte es ihm, sich direkt nach dem Schulabschluss seiner Sportkarriere zu widmen, ohne Sorgen über den Lebensunterhalt.

Fürs Training freigestellt

Die Sportsoldaten sind bei der Bundeswehr angestellt und arbeiten dort mit, zum Beispiel im Stabsdienst in der Kaserne oder bei der Planung von Einsätzen. Gleichzeitig können sie sich aber ihrem Training widmen. Denn für ihre Übungseinheiten werden sie zu bestimmten Zeiten freigestellt.

Olympiasieger in Uniform

© Foto: young leaders

Der Hammerwerfer Markus Esser bezeichnet es als "Luxus", dass die Sportsoldaten nicht wie andere Athleten neben einem Vollzeitjob trainieren. Auch die Abgeschiedenheit der Sportschule Warendorf sehen die Sportler als Vorteil: Ohne Ablenkung und "abseits der Öffentlichkeit" könne man sich am besten konzentrieren, betont Julius Brink.

Und dann ist da noch die besondere Mischung: Viele verschiedene Disziplinen finden hier nebeneinander statt; die Athleten wohnen und trainieren zusammen, lernen den Sport der anderen kennen, motivieren sich gegenseitig. "Das schafft eine sehr angenehme Trainingsatmosphäre", sagt Hammerwerfer Esser.

Und was ist, wenn die Sportkarriere mal vorbei ist oder die Athleten sich verletzen? Auch dann bietet ihnen die Bundeswehr eine Perspektive und eröffnet verschiedene Ausbildungsmöglichkeiten. In Warendorf etwa kann man zum Übungsleiter werden oder sich als Berufssoldat verpflichten. Auch Julius Brink ist, nachdem ihn eine Verletzung zum Karriereende zwang, bei der Bundeswehr geblieben. Heute ist er als Hauptfeldwebel tätig.

Wie groß ein Stadion sein kann!

Nun will ich die Sportanlagen aber mal genauer unter die Lupe nehmen. Erst beim Umrunden fällt mir auf, wie groß so ein Stadion sein kann! Da bekomme ich gleich selber Lust, sportlich aktiv zu sein. Umgeben von so vielen Sportanlagen und Spitzensportlern fühle ich mich eher wie bei den Olympischen Spielen als auf einem Bundeswehrstützpunkt. Und am Ende unterscheidet sich das Leben eines Spitzensportlers nicht allzu sehr vom Leben eines Soldaten. Früh aufstehen und Disziplin beweisen müssen beide.

Die Besichtigung der Sportschule Warendorf fand beim 150. Jugend-Presse-Kongress der young leaders GmbH statt. Das Unternehmen fördert ehrenamtlich engagierte Jugendliche zwischen 15 und 22 Jahren durch Programme wie mehrtägige Seminare, Akademien oder einen Debattierwettbewerb. Mehr Infos auf www.young-leaders.net

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