Tödliche Chemiekräuter

27.11.2015, 14:42 Uhr
Tödliche Chemiekräuter

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Dass hier ein Experte spricht, der vieles mit eigenen Augen gesehen und erlebt hat, merkt man sofort, wenn Jonas Dahlem von den Fällen mit Drogentoten erzählt, die er in seiner Laufbahn bereits aufzuklären hatte. In seiner Dienststelle im Nürnberger Zeughaus ist er mittlerweile für die Prävention, also Vorbeugung, zuständig.

Egal, um welche Art von Drogen es sich handelt, ob legale wie Alkohol und Nikotin oder illegale wie Cannabis und Crystal – es geht meistens nicht nur darum, ob sich jemand strafbar macht. Die Auswirkungen sind auch andere, sie betreffen zum Beispiel das Führungszeugnis, gefährden den Job, die Ausbildung oder den Führerschein.

Die meisten Todesfälle in Deutschland kommen durchs Rauchen. Nicht Alkohol – wie die meisten anwesenden Schüler vermuten – sondern Nikotin stellt die größte Gefahr dar. Es verursacht um die 140 000 Tote pro Jahr, Alkohol kommt mit Abstand dahinter (40 000). Durch den Konsum illegaler Drogen sterben 1000 bis 1500 Menschen, wobei momentan mal wieder ein Höchststand erreicht ist.

Bei Jugendlichen spielen hauptsächlich Kräutermischungen, Cannabis und Crystal eine Rolle. Wobei Kräutermischungen einen großen Anteil haben, „die nichts mit Kräutern zu tun haben, sondern hochgradige Chemie sind“, sagt der Kriminalhauptkommissar. In ihren bunten, hippen Packungen, die etwas größer sind als Kondomverpackungen, wirken sie recht harmlos. Doch sie können tödlich sein.

Volle Dröhnung

„Vor allem wer beim Rauchen den Rest aus der Packung erwischt, bekommt die volle Dröhnung“, weiß Jonas Dahlem, da die chemischen Wirkstoffe, die auf die „Kräuter“ gesprüht werden, mit der Zeit abfallen und sich am Boden der Verpackung sammeln. Leider sind die Mischungen über das Internet leicht zu bekommen. Die meisten Shops passen ihre Mixturen der aktuellen Gesetzeslage an. Denn „ist ein Wirkstoff gerade verboten, sind schon neue auf dem Markt“, sagt der Polizist.

Die Folgen sind dramatisch: Da man nie weiß, was man gerade bekommt, da kann ein Konsument nach dem Rauchen in Ohnmacht fallen, krampfen, Wahnvorstellungen oder einen Herzinfarkt kriegen. Schlimmstenfalls ist er danach tot. „2014 gab es zwei Todesfälle in Mittelfranken“, berichtet Jonas Dahlem.

Gleichzeitig warnt er auch vor Crystal, das viele aus der Fernsehserie „Breaking Bad“ kennen. „Die Serie ist gut gemacht und enthält auch viel Polizeiliches, aber was das Teufelszeug mit einem anrichtet, wird nicht dargestellt“, meint der Kriminalhauptkommissar und zählt auf: Man wird sehr schnell von dieser Partydroge abhängig, die das Gefühl gibt, dass man mehr Power hat und tagelang wach bleiben könnte. Doch sie vernichtet den Körper und die Psyche und hemmt das Wachstum des Gehirns, das bis Mitte 20 noch wächst.

Auch das Thema K.o.-Tropfen reißt der Polizist noch an, da es immer mehr Fälle gibt. Er warnt: „Lasst euer Getränk nie unbeaufsichtigt – und wenn, dann schüttet es weg. Passt aufeinander auf!“ GHB und GBL, so die Abkürzungen der Substanzen, sind zwar leicht zu bekommen, aber anschließend schwer nachweisbar, da sich die Stoffe im Körper schnell abbauen.

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