Wissen, was die Kippe auslöst

8.7.2015, 10:00 Uhr
Wissen, was die Kippe auslöst

© Foto: Horst Linke

360 Schüler in Deutschland fangen pro Tag mit dem Rauchen an. Vielleicht auch einer der 75 Siebtklässler, vor denen die Medizinstudenten Saskia und Felix in der Erlanger Realschule am Europakanal stehen. Sportlerkarriere als Raucher? „Könnt ihr euch abschminken.“ Saskia und Felix sind direkt, wollen die Schüler mit Wissen abholen und Zusammenhänge erklären. Nicht mit schockierenden Bildern von ekligen Raucherbeinen.

Warum also ist ein Nichtraucher sportlicher? Weil er eine bessere Atmung hat, nicht kurzatmig ist wie ein Raucher. Weil sein Herz besser arbeitet, weniger Herzschläge braucht als das eines Rauchers. Weil seine Lunge weniger Schleim produziert und er diesen nicht dauernd abhusten muss wie ein Raucher.

Sucht statt Freiheit

Nächster Punkt: die Werbung. Sie gibt vor, Raucher genießen die große Freiheit und das Leben. Saskia und Felix bringen die Realität ins Klassenzimmer. „Rauchen heißt nicht Freiheit sondern Sucht“, sagt Saskia. „Und Sucht ist ein Gefängnis, aus dem man nur schwer wieder herauskommt.“

Süchtig macht das Nikotin, das in jeder Zigarette steckt. Es sorgt für eine schnelle und starke Abhängigkeit. Wer nicht nach wenigen Kippen aufhört, wird zum Raucher.

Sucht ist nur eine Nebenwirkung. Mehr als 4800 Substanzen stecken im Tabakrauch, viele giftig, einige krebserregend. Vor allem Kohlenmonoxid und Teerpartikel im Tabak sind für die typischen Raucherkrankheiten verantwortlich: Lungenentzündung, Asthma, Krebs, Herzinfarkt.

Einen Kehlkopfkrebs-Patienten haben Saskia und Felix gleich mitgebracht: 77 Jahre alt, seit 27 Jahren atmet er durch ein Loch im Hals und spricht ohne Stimme, seit ihm nach einem Krebstumor der Kehlkopf aus dem Hals herausoperiert wurde. Warum das alles? Weil er mit 17 „aus Blödsinn“ in der Clique angefangen hat zu rauchen, gesteht er röchelnd vor den Realschülern.

Nach dem Vortrag geht es in den einzelnen Klassen weiter ins Detail. Die Studenten Lava und Fabian haben ein Lungenmodell mitgebracht und zeigen, wie der Teer im Nikotin die Lungenbläschen verklebt und so den Austausch von Kohlendioxid gegen Sauerstoff im Blut verhindert. Die Folge: Der Raucher leidet dauernd unter Sauerstoffmangel und liegt irgendwann nur noch schlapp mit Sauerstoffgerät auf dem Sofa.

Eine Zahl, die man sich gut merken kann: Wer ein Jahr lang jeden Tag eine Packung Zigaretten raucht, hat eine ganze Tasse Teer in sich hineingekippt. Auch lecker: Zigaretten enthalten Chemikalien, die in Rattengift, Mückenspray, Putzmitteln, Batterien oder Benzin vorkommen. „Würdet ihr freiwillig Mückenspray auf euer Müsli sprühen?“, fragt Lava provokant.

Vortrag und Workshop der Studenten zeigen Wirkung: Zwar hatten anfangs etwa zehn der 27 Schüler zaghaft den Arm gehoben auf die Frage, wer schon einmal eine Zigarette angeboten bekommen hat. Genussvoll an einer Kippe ziehen wird nach diesem Vormittag aber wohl keiner von ihnen so bald. Vielleicht sogar nie.http://www.gegentabak.de

Verwandte Themen


Keine Kommentare