Wo Informatiker mit kleinen Autos spielen

17.4.2018, 18:16 Uhr
Wo Informatiker mit kleinen Autos spielen

© Fotos: Harald Sippel

Zwei Bausätze stehen zur Auswahl: eine moderne, aber etwas komplizierte Version und eine ältere, aber bestens bewährte. Der Inhalt ist im Wesentlichen gleich: ein Fahrzeug-Chassis im Maßstab 1:8, ein 7,2-Volt-Gleichstrommotor, eine Mini-Kamera und ein Chip der Halbleiter-Firma NXP.

Kostenpunkt des Pakets: 200 US-Dollar, zuzüglich etwa 50 Dollar Versand, je nach Zielort. Die Zielorte sind über die ganze Welt verstreut: NXP mit Sitz in den Niederlanden verschickt die Bausätze zum Beispiel nach China, nach Marokko und in viele europäische Länder, vor allem nach Osteuropa.

Überall dort gibt es Hochschulen, an denen Studenten Modellautos für den "NXP-Cup" bauen. Bei dem Wettbewerb geht es darum, aus den genannten Teilen der Bausätze einen kleinen Rennwagen zu basteln. Er soll es schaffen, auf einer weißen Fahrbahn zwischen zwei schwarzen Linien eine etwa 15 bis 20 Meter lange Strecke zu schaffen – und das in möglichst kurzer Zeit. Eingestreut sind Bodenwellen, Steigungen, Kreuzungen und andere Hindernisse.

Eine Fernsteuerung (die gehört ja auch nicht zum Bausatz!) ist dabei strengstens verboten. Mit Hilfe seiner Kamera soll das Auto selbst den richtigen Weg finden. Der nötige Strom für den Elektromotor kommt von einer kleinen Batterie. Der zentrale Steuerchip betätigt Lenkung, Gas und Bremse. An der Straßenlage des Gefährts darf nach Belieben gebastelt werden.

Lehrveranstaltung an der TH

Insgesamt 18 Teams aus zwölf Ländern kamen ans Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen-Tennenlohe, um den europäischen NXP-Cup-Sieger zu ermitteln. Die deutsche Fahne hielten – neben Teams aus Deggendorf und Landshut – Eric Hahn und Christoph Kurpat hoch.

Wo Informatiker mit kleinen Autos spielen

Beide sind Informatik-Bachelor-Studenten der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg. Dort hat Markus Zoppelt im vergangenen Wintersemester eine eigene Lehrveranstaltung zum Bau von NXP-Autos gehalten.

Zoppelt ist schon ein NXP-Veteran: Bereits 2014 vertrat er die TH Nürnberg als Student bei dem Wettbewerb. Inzwischen arbeitet er an einer kooperativen Promotion bei Prof. Ramin Tavakoli Kolagari, der an der TH Nürnberg Software Engineering lehrt, und Prof. Dominique Schröder, Leiter des Lehrstuhls Angewandte Kryptographie an der Uni Erlangen-Nürnberg.

An Zoppelts Lehrveranstaltung nahmen fünf Zweierteams teil. Jedes bekam eine Teilaufgabe bei der Konstruktion des Autos und dem Programmieren des Steuerboards. Am Ende wurden die Lösungen zusammengeführt. Das Gesamtpaket von Eric Hahn und Christoph Kurpat erwies sich als das mit Abstand beste und schnellste.

Die beiden gewannen überlegen die TH-interne Ausscheidung. Beim Finale des deutschen NXP-Wettbewerbs in München belegten sie dann den 3. Platz. "Da sind wir mit der Kamera nicht richtig klargekommen", meint Zoppelt, "der Wettbewerb fand in einer Schulturnhalle statt, und da war das Licht ziemlich schlecht."

Am europäischen Finaltag in Erlangen war das Licht auch nicht besser – beziehungsweise über eine vergleichsweise lange Strecke hinweg sehr unterschiedlich. Damit kam das TH-Auto nicht zurecht und schaffte daher nicht die vollständige Stecke bis ins Ziel.

Gewertet wurden die beiden Bausätze getrennt. Den Sieg holten sich die Studenten von der University of Craiova/Rumänien beziehungsweise von der Hochschule Landshut.

Doch die Reihenfolge ist letztlich gar nicht so wichtig. "Es geht weniger um den Konkurrenzgedanken", erklärt Zoppelt, "als vielmehr um das technische Optimum, von dem alle etwas lernen können."

Denn auf Studentenebene gehe es um die Grundlagen autonomen Fahrens. "Wir stellen Probleme vor, die es zu lösen gilt", sagt Zoppelt, "die Lösungen selbst haben dann nur wenig mit der Realität zu tun."

In der Realität nämlich sind autonome Autos bereits auf unseren Straßen unterwegs – und zwar mehr als die Uneingeweihten glauben. Bekannt werden solche Testfahrten – wenn überhaupt – nur dann, wenn etwas passiert. "Es gibt noch jede Menge Forschungsbedarf", bestätigt Zoppelt, "vor allem bei der IT-Sicherheit und bei der Bildverarbeitung."

Denn die gelegentlichen Unfälle von und mit autonomen Autos zeigen: Bei deren Fähigkeit, ihre Umwelt richtig einzuschätzen, ist noch jede Menge Luft nach oben.

"Das autonome Fahren ist so eine Sache, von der der Laie denkt: Entweder es kommt, oder es kommt nicht", sagt Zoppelt. Und was denkt er als Insider? "Politisch wird es sehr schwer durchzusetzen sein, technisch ist es völlig unvermeidlich."

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