Blinkende Schmuckstücke auf vier Rädern in Cadolzburg

19.4.2015, 13:00 Uhr
Blinkende Schmuckstücke auf vier Rädern in Cadolzburg

© Fotos: Hans Joachim Winckler

Stoßstangenteile aus Chrom, ein Berg ausgebauter Scheinwerfer für den VW-Käfer, Pappschachteln mit diversen Ersatzteilen: „Man müsste da mal ein wenig Ordnung reinbringen“, sagt Peter Niemann und lässt den Blick über die Regale in der Garage schweifen. Auch das Auto gleich daneben bräuchte eine helfende Hand. Ein feiner milchiger Belag zieht sich über ein paar Stellen der ansonsten schwarz glänzenden Karosserie. „Das gehört nachpoliert“, sagt der Fachmann sofort.

Blinkende Schmuckstücke auf vier Rädern in Cadolzburg

© Hans-Joachim Winckler

Der Citroen CV 11 BN ist für den Laien sicher der spektakulärste Oldie in Niemanns 16 Fahrzeuge umfassender Sammlung, ein paar Motorräder nicht mitgezählt. Die so genannte „Gangster-Limousine“, 1953 vom Band gelaufen, verdankt ihren Namen der Tatsache, dass sie sich in bestimmten Kunden-Kreisen ob ihrer Fahreigenschaften großer Beliebtheit erfreute. Aufgrund des damals noch nicht üblichen Frontantriebs und des vorne liegenden Motors erreichte das Auto Kurvengeschwindigkeiten, von denen die französischen Flics nur träumen konnten. Auf der Flucht vor der Polizei hatte man so gute Karten. Der große Innenraum bot zudem ausreichend Platz für Komplizen und Beute.

Seit 1986 ist das Auto in Niemanns Besitz. Für 4000 Mark, „ein Dumping-Preis“, hat er es seinerzeit gemeinsam mit einem Freund gekauft und eigentlich geplant, es später wieder zu veräußern. Doch es kam anders. Motor, Getriebe, Unterboden und Antriebswellen wurden erneuert, Rost beseitigt und die Türen lackiert.

Werkstatt gleich nebenan

In dem ehemals landwirtschaftlichen Anwesen, in dem der Oldtimer-Liebhaber wohnt, findet sich auch eine Werkstatt. Mit 15 Jahren hat Niemann seinen ersten Moped-Motor zerlegt, „weil ich wissen wollte, wie er funktioniert“. Nach und nach eignete er sich Kenntnisse an, lernte andere Sammler kennen und ist längst selbst Teil eines großen Netzwerkes.

Zwei Ortschaften weiter sitzt beispielsweise ein Freund, ein ausgewiesener VW-Experte. Das trifft sich gut. Denn neben fünf Autos mit Mercedes-Stern stammen gleich sieben Exemplare seines Fuhrparks, der in diversen Hallen und Garagen untergebracht ist, vom Konzern aus Niedersachsen. Das unbestrittene Schmuckstück: ein weiß-grauer VW-Bus T 2, ein Bulli, Baujahr 1960. Die Reihe komplettieren ein 39 Jahre alter Campingbus Typ Westfalia, drei Käfer – ein Cabrio (1977), die Faltdach-Version (1959) und ein Modell, Baujahr 1956, das der Form seiner Heckscheibe den Namen „Ovali“ verdankt.

Nicht zu vergessen die beiden Karmann Ghias. Der so genannte Typ 14, produziert 1964, war Peter Niemanns erstes Sammlerstück. Lieber hätte er sich damals, 1981, ja einen VW-Porsche gegönnt. Den gab der Geldbeutel des Studenten, der Taxi fuhr und im Amateurbereich hochklassig Fußball spielte – etwa beim 1. FC Nürnberg II in der Bayernliga –, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht her. Die 1200 Mark für den Karmann waren dagegen zu stemmen.

Ursprünglich topasbraun-metallic, rollt der kleine Flitzer heute in den Farben seeblau/polizeiweiß daher. Restauriert hat Niemann das Auto seinerzeit nicht selbst. Das übernahm damals ein Sponsor des FV Wendelstein, im Gegenzug verpflichtete sich der Torhüter, bei dem Klub noch eine Saison dranzuhängen. Er sei, sagt Peter Niemann, und lässt die Finger über die Seite des kolibrigrün-metallicfarbenen Käfer-Cabrios gleiten, wo zarte Rostblüten demnächst Arbeitsbedarf signalisieren, kein Museums-Fetischist. Seine Oldies werden gepflegt, repariert und bewegt. Lieber kaufe er ein Auto mit klar sichtbaren Mängel, als eines, „an dem ein Bastler schon viel verpfuscht hat“.

Heutzutage eine Sammlung aufzubauen, sei freilich nur mit entsprechendem Kapitaleinsatz möglich. Zwar fänden sich noch – eventuell lange Zeit vergessene – Autos in Scheunen, „doch ein Schnäppchen macht man jetzt nicht mehr“. Auf der Suche nach attraktiven Anlagemöglichkeiten hat das große Geld in Zeiten magerer Zinsen längst die Oldtimerszene erreicht. Vor sechs bis acht Jahren, sagt Niemann, seien die Preise plötzlich nach oben gegangen. Trotzdem, der Traum, noch einen Ponton-Mercedes zu ergattern – der Name des Anfang der 1950er bis zu Beginn der 1960er Jahre produzierte W 120 rührt von der Karosserieform her – lebt noch.

„Im Windkanal gezüchtet“

Modernen Autos kann Peter Niemann, kaum verwunderlich, nichts abgewinnen. „Die sind alle gleich. Im Windkanal gezüchtet.“ Und dennoch: Zwischen den Säulen seiner Hebebühne steht, zentimetergenau eingeparkt, ein Smart. Der, sagt er, sei aber nur den Parkplatznöten in der Tiefgarage seines Arbeitgebers geschuldet. Dort rangiert der Oldie-Sammler den Kleinwagen selbst in die engsten Lücken. Wenn derlei Zwänge pragmatisches Handeln erfordern, muss die Ästhetik eben hinten anstehen.

Keine Kommentare