Borkenkäfer sorgt für Boom der Nahwärmenetze

30.12.2019, 14:08 Uhr
Borkenkäfer sorgt für Boom der Nahwärmenetze

© Foto: Robert Maurer

 Nahwärmenetze boomen – kleine mit nur einer Handvoll Anschlüssen ebenso wie große für mehrere Dutzend Häuser. Ausschlaggebend sind zwei Gründe: Zum einen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), zum zweiten der Borkenkäfer.

Weißenburg-Gunzenhausen steht aktuell mit einer Selbstversorgungsquote von mehr als 99 Prozent beim Strom aus erneuerbaren Energien hervorragend da. Doch die Biogasanlagen liefern fast die Hälfte davon. Ohne die EEG-Einspeisevergütung – die meisten Anlagen im Landkreis sind vor rund zehn Jahren entstanden und haben somit noch zehn Jahre Bestandsschutz – wird der Landkreis mittelfristig deutlich absacken.

 Ein aktuelles Paradebeispiel für ein solches Nahwärmenetz im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen ist Dornhausen. Im nahegelegenen Wachstein gibt es eine Biogasanlage, die noch freie Kapazitäten hatte, im Ort stand die Dorferneuerung an und so entstand vor eineinhalb Jahren die Idee, ein Nahwärmenetz aufzubauen. Man gründete eine Genossenschaft und machte sich an den Bau. Trotz mancher Hürden ist das System seit ein paar Tagen am Netz.

90 Prozent Anschlussquote

"Wir haben 53 Abnehmer", erzählt Christoph Bachmann. Er ist Vorstand der Dorferneuerung und arbeitet bei der Firma Enerpipe in Heideck, die schon eine ganze Reihe an Nahwärmenetzen in Weißenburg-Gunzenhausen konzipiert und realisiert hat. Die Anschlussquote liegt damit in Dornhausen in der Größenordnung von 90 Prozent.

95 Prozent der benötigten Wärme liefert die Biogasanlage, für die Bedarfsspitzen hat man ein Heizhaus mit einer Hackschnitzelheizung gebaut. Für Bachmann die optimale Lösung, weil so das "Holz der kurzen Wege" eine Verwertung findet. Allein in Dornhausen werden durch das Nahwärmenetz im Jahr 170 000 Liter Heizöl eingespart, rechnet Bachmann vor. Und weil fürs Nahwärmenetz ohnehin aufgegraben werden musste, hat man gleich noch Glasfaserleitungen verlegt, um in jedem Haus superschnelles Internet zu haben. Das Netz wird an einen Provider vermietet, sodass für die Dorfgemeinschaft ein langfristiger Wert geschaffen wurde, schildert Bachmann sichtlich zufrieden.

Eine Biogasanlage als Hauptlieferant für die Wärme ist zwar schön, aber längst nicht mehr zwingend. Hohe Ölpreise und günstige Hackschnitzel machen es möglich. Geislohe ist ein Beispiel hierfür. Vor Kurzem ging die Anlage der Familie Albrecht ans Netz, die am Ortseingang von Osterdorf kommend entstanden ist. 20 Anwesen werden von dort aus nun mit Wärme versorgt, knapp ein Drittel des Ortes. Noch gibt es freie Kapazitäten, wobei das abhängig ist von der genauen Lage im Ort, sagt Daniel Albrecht.

Während sich andernorts Genossenschaften gegründet haben, und so das unternehmerische Risiko auf mehrere Schultern verteilt wurde, ist Geislohe ein rein privatwirtschaftliches Projekt. Die angeschlossenen Haushalte kaufen einfach ihre Wärme ein. Bemerkenswert: Die Stadt Pappenheim hat Hirtenhaus und Feuerwehrhaus als öffentliche Einrichtungen im Ort nicht ans Nahwärmenetz angeschlossen. Das ist in den anderen Ortsteilen anders, aber im Falle von Geislohe fand die Idee keine Mehrheit im Stadtrat.

Hackschnitzelheizung in Störzelbach

Auch in Störzelbach tut sich was in Sachen Nahwärme, wenn auch eine Nummer kleiner. Vier Familien haben sich zusammengetan und wollen gemeinsam eine Hackschnitzelheizung bauen. Dazu haben sie schon eine GbR gegründet. Der Baubeginn hat sich allerdings verzögert, weil das Heizhaus außerhalb der Bebauungslinien vorgesehen ist und es deshalb eine Flächennutzungsplanänderung brauchte. Noch liegt die Genehmigung nicht vor, erläuterte Klaus Stache gegenüber unserer Zeitung, doch die Behörden haben schon signalisiert, dass alles laufen müsste und im Frühjahr der Spatenstich erfolgen kann. Stache: "Spätestens nächsten Winter soll alles laufen."

Auch Kleinprojekte funktionieren

Die vier Familien haben alle Heizungen, die in die Jahre gekommen sind und vermutlich bald ausgetauscht werden müssten. In dem kleinen Nahwärmenetz sehen sie eine ebenso ökologische wie ökonomische Lösung. Und so ganz nebenbei gibt es eine sinnvolle Verwendung für das im Wald anfallende Schadholz und "wir kommen weg vom Öl", befindet Stache. Die Auswahl zeigt: Nahwärmenetze machen Sinn und zwar nicht erst ab einer bestimmten Größe. Es bedarf nur einer vernünftigen Planung, sagt auch Enerpipe-Fachmann Christoph Bachmann. Auf jeden Fall sind sie eine sehr gute Möglichkeit, um Wertschöpfung im ländlichen Raum zu halten.

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