Bürgersäle als Konkurrenz zum Gasthaus

12.4.2016, 13:00 Uhr
Bürgersäle als Konkurrenz zum Gasthaus

© Foto: Heinz Wraneschitz

Eine Statistik des bayerischen Wirtschaftsministeriums zeigt: Reine Schankwirtschaften gibt es im Landkreis Fürth gerade noch 16, Tendenz seit Jahren abnehmend. Gerhard Engelmann, mittelfränkischer Geschäftsführer des Gaststättenverbands DeHoGa, sieht als Gründe vor allem vielfältigste „Dokumentationspflichten und Auflagen“. Außerdem: „Vereinsheime, Kirchensäle und Dorfgemeinschaftshäuser“ – die würden gefördert und bewirtschaftet ohne Gewinnerzielungsabsicht. Da könnten professionelle Wirte nicht mithalten.

Hermann Kiesel erklärte das am eigenen Beispiel. Ihm gehört der 440 Jahre alte Gasthof „Krone“ mit einem Saal, der zuletzt als Kino genutzt wurde. Seit 1989 die Filmvorführungen eingestellt wurden, steht der Raum leer. Während im Erdgeschoss zwei Restaurants – ein Thai, ein Italiener – Speisen anbieten, findet Kiesel für die historische Ratsstube im 1. Stock keinen Pächter. Nun denkt er über dessen Umbau in Wohnungen nach. Zumal direkt neben der Krone die evangelische Kirche ihr „Kircheneck“ plane: „Für 3,2 Millionen Euro, mit einer 3,50 Meter hohen Eingangstür und einem Saal.“ Damit gäbe es in der Marktgemeinde bald vier öffentliche Säle. Denn Bürgersaal und „Alte Schulturnhalle“ existierten schon, und ein gemeindliches Kulturzentrum mit weiterem Saal stehe noch an. „An die Folgekosten denkt eh keiner“, ergänzte er grimmig.

Ein weiteres Ärgernis bringt ein Wirt aus Unteraltenbernheim auf den Tisch: Wenn sein Sohn als Metzgermeister eine Extra-Bescheinigung brauche, um Hausschlachtungen zu machen, dann laufe etwas falsch in der EU. „Kein Mensch ist bisher wegen Bauernmetzgern gestorben“, ergänzt ein Besucher als Cadolzburg.

Doch laut Scheuenstuhl „haben das die EU-Parlamentarier so nicht gewollt. Die Vorschriften machen die Länder“. Auch hier verspricht er, nachzuhaken, „wenn es sein muss, mit einem Antrag im Landtag“.

Von der CSU „abgebügelt“

Doch Gerhard Engelmann erinnerte ihn an eine Reihe von SPD-Anträgen im Landtag, „bei denen Ihr leider Gottes von der CSU abgebügelt worden seid. Vielleicht nimmt die staatstragende Partei die ja mal als eigene Anträge auf“, lautete seine Hoffnung.

„Wir müssen die Ursachen ergründen. Wenn die Hälfte der Gaststätten weg ist, es für die Jugend überhaupt nichts mehr gibt: Wie können wir das ändern?“ fasste MdL Scheuenstuhl das Problem zusammen. Die Hoffnung, ein Leader-Projekt des Landkreises Fürth könnte ihm dafür Antworten liefern, muss er indes in die Zukunft verschieben: Eine Studie sollte genau die Frage nach einer zukunftsfähigen fränkischen Wirtshauskultur klären. Doch dem Initiator, Obermichelbachs Bürgermeister Herbert Jäger, hat sein Gemeinderat die notwendigen 10 000 Euro Eigenmittel versagt. Jäger setzt nun auf die Haushaltsberatungen in einem Jahr.

Dennoch hatte DeHoGa-Geschäftsführer Engelmann einige Ideen: Warum machen Wirte und Vereine nicht gemeinsame Sache bei Grillfesten, schlug er vor. Politiker Scheuenstuhl will Kulturveranstaltungen in Gaststätten verlagern – musikantenfreundliche Wirtshäuser gebe es ja ohnehin.

Nur ein Besucher gab auch dem unternehmerischen Wirken fränkischer Gastronomen eine Mitschuld am Wirtshaussterben: „Bei allen Dokumentationspflichten und hanebüchenen Feuerschutzvorschriften: Wenn die Wirtschaften abends keine Schinkenbrote mehr anbieten, das muss ich den Wirten ankreiden.“

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