Das Summen wird leiser

18.8.2010, 00:00 Uhr
Das Summen wird leiser

© Winckler

Herr Seyfferth, der lange Winter und der Schädling Varroamilbe sollen Grund für den Tod von Millionen fleißiger Insekten sein. Wird es bei uns bald keine summenden Bienen mehr geben?

Christian Seyfferth: Das sind Horror-Meldungen, die regelmäßig, meist aus den USA, auftauchen und oft ungeprüft übernommen werden.

Dann war der Winter gar nicht zu frostig?

Seyfferth: Aber nein. Bienen können Temperaturen von bis zu minus 50 Grad aushalten. Aus meiner Sicht war der Winter sogar optimal, wenn die Tiere ausreichend Nahrung hatten und sie gesund eingewintert wurden. Auch das Frühjahr, als die Brut begann, verlief gut, denn es gab keine plötzlichen Kälteeinbrüche.

Und wie sieht es mit dem Dauerregen aus? Sind die Bienen dagegen resistent?

Seyfferth: Den Bienen macht die Nässe nichts aus, aber dem Honig. Der hohe Wassergehalt macht den Honig zu flüssig, er kann das Gären anfangen und ist dann nicht mehr genießbar. Dagegen können Entfeuchtungsgeräte helfen. Doch die kann sich nicht jeder leisten. Viele Imker haben so etwas nicht.

Zurück zur gefürchteten Varroamilbe — haben Imker die unter Kontrolle?

Seyfferth: Zur Bekämpfung gehört auch etwas Fingerspitzengefühl, nicht immer hat das jeder Imker. Aber wer einige Regeln einhält, dem gelingt es, die Bienen gesund zu erhalten. Eine effektivere Forschung für eine bienenverträglichere Bekämpfung der Varroamilbe wäre aber wünschenswert.

Aber die Zahl der Bienenvölker geht kontinuierlich zurück. Nach Angaben des Deutschen Imkerbundes gab es zu Beginn der 90er Jahre etwa 1,2 Millionen Bienenvölker in Deutschland, heute wird deren Zahl nur noch auf gut 700.000 geschätzt. Welche Ursache hat der Rückgang?

Seyfferth: Es ist weniger ein Bienensterben denn ein Imkersterben. Aber ich bin optimistisch, dass wir die Talsohle durchschritten haben. Unser Verein für Bienenzucht in Stein und Umgebung hatte 2004 nur noch 25 Mitglieder, heute sind es 97. Etwa ein Drittel davon sind aktive Imker. In Stein und Umgebung kommen wir damit leicht auf 250 Völker. Auch vom landwirtschaftlichen Bildungszentrum Triesdorf, in dem regelmäßig Anfängerkurse für Imker stattfinden, gibt es positive Nachrichten. Die Kurse sind wieder gut gebucht.

Wie ist es den Steinern gelungen, das Interesse an der Bienenzucht zu wecken?

Seyfferth: Wir haben zu regelmäßigen Treffen eingeladen. Die Themen, mit denen wir uns befassen, interessieren viele Naturfreunde. Beispielsweise geht es um Agro-Gentechnik. Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und dessen negative Folgen interessiert nicht nur Imker, aber sie sind wegen ihrer Naturnähe und der Gefahren für die Bienen besonders sensibilisiert. Zudem bieten wir als Nachwuchsförderung an der Hauptschule in Stein eine Jugendgruppe an, die eines unserer Mitglieder mit viel Engagement leitet.

Wo finden die Bienen in einem eher städtischen Umfeld wie Stein eigentlich ausreichend Nahrung?

Seyfferth: Neben der Gentechnik sind die Trachtlücken, also die Zeiten in denen nur wenig blüht, ein wichtiges Thema unter Imkern. Nach der Rapsblüte gibt es in unserer Region nicht mehr viel, wo die Bienen Nahrung finden. Inzwischen ist es fast so, dass sie in einem städtischen Umfeld mit vielen Gärten, Straßenbäumen, Parkanlagen oder Friedhöfen mehr Nektar und Pollen finden als am Land. Wer Bienen unterstützen will, sollte mal auf die Internetseite des Netzwerks Blühende Landschaften gehen. Dort gibt es Anregungen, mit welchen Pflanzen man den Honigbienen etwas Gutes tun kann.