Bundesgesetz bereitet große Sorgen

"Diese neue Belastung wird der Landkreis Erlangen-Höchstadt nicht stemmen können"

3.11.2021, 10:22 Uhr

© Bernd von Jutrczenka, dpa

Der Landrat und das Gremium waren sich einig, dass es in keiner Weise um den Inhalt des Gesetzes geht, das darauf zielt, junge Menschen möglichst individuell zu fördern - vor allem wenn sie mit einer Behinderung zurechtkommen müssen. Es könne jedoch nicht angehen, die Kosten von einer solchen Tragweite einfach nach unten durchzureichen. "Wir sind das letzte und schwächste Glied in der Kette", so Tritthart, der hinzufügte: "Wenn wir so weitermachen, haben wir bald ein Riesenproblem!"

Wegen der stark steigenden Personalkosten für die Inklusion hatte der Landrat bereits in den zurückliegenden Jahren gewarnt, dass sich die Bezirksumlage erheblich erhöhen dürfte. Sie ist mit Abstand der größte Posten bei den Ausgaben des Kreises.

Nun ist vorgesehen, in drei Stufen die Finanzierung bis 2028 direkt auf die Kommunen umzuschichten. "Für uns bedeutet das neben höheren Personalkosten und Investitionen in die technische Ausstattung auch die Notwendigkeit von zusätzlicher Bürofläche, über die wir gar nicht verfügen", hob Alexander Tritthart hervor.

Schwab: Die Grenze ist erreicht

Ohne einen entsprechenden Ausgleich dürften die Landkreise und kreisfreien Städte mit der Umsetzung überfordert sein. "Die Grenze ist erreicht. Es kann nicht sein, dass uns von oben immer mehr Kosten zugeschoben werden - und sich diese Spirale weiter und weiter dreht", stellte Bernhard Schwab heraus.

Der Landrat verdeutlichte auch die Folgen, falls es keine finanzielle Entlastung geben sollte. Andere Aufgaben und Projekte würden notgedrungen darunter leiden. Eine Erhöhung der Kreisumlage wiederum schränkt den Handlungsspielraum der Gemeinden ein.

Ein weiterer Trend bereitet ebenfalls große Sorgen: Seit Jahren steigen die Ausgaben für die Jugendhilfe überproportional an. Und auch hier sind dem Landkreis selbst die Hände gebunden, da er sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten hat.

Steiler Anstieg

Umfasste der Etat für die Jugendhilfe 2011 noch 6,16 Millionen Euro hat er sich seitdem mehr als verdoppelt: auf 15,9 Millionen Euro. Allein gegenüber dem aktuellen Jahr schnellt der Ansatz für 2022 noch einmal um eine knappe Million Euro oder 6,7 Prozent nach oben.

Heike Krahmer, die Leiterin des Amts für Kinder, Jugend und Familie, sowie Susanne Friedrich von der Jugendhilfeplanung berichteten, dass zahlreiche Kinder und Jugendliche nicht zuletzt unter den eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten mit Gleichaltrigen durch die Corona-Pandemie gelitten hätten. Soziale Ängste, Essstörungen, Depressionen sowie selbstverletzendes, aber auch überangepasstes Verhalten hätten dadurch zugenommen.

Erhöht haben sich für den Landkreis auch die Aufwendungen für Hilfen zur Eingliederung seelisch behinderter Mädchen und Jungen. Betrugen sie 2013 noch 1,96 Millionen Euro, sind sie für nächstes Jahr mit 4,2 Millionen Euro veranschlagt, was rund ein Viertel des Gesamtetats der Jugendhilfe ausmacht.

Erfolgreiches Modellprojekt

Alle Mitglieder des Ausschusses stimmten überein, dass Prävention und rechtzeitige Unterstützung den Königsweg darstellen, um nicht allein die Kostenexplosion bei der Jugendhilfe in den Griff zu bekommen, sondern vor allem auch um Kindern und Jugendlichen effektiv zu helfen. Bewährt hat sich inzwischen der Schulbegleiterpool, der zusammen mit dem Bezirk, den Städten Erlangen und Nürnberg sowie den dortigen Montessori-Schulen organisiert wird. "Durch dieses Modellprojekt konnten sowohl die Kosten reduziert als auch die Qualität der Leistungen gesteigert werden", erläuterte der Landrat.

Für reichlich Verwirrung im Gremium sorgte ein Antrag, den die Stadt Herzogenaurach hinsichtlich der 50-prozentigen Förderung eines Streetworkers gestellt hatte. Andreas Hänjes (SPD) monierte, dass das Papier bereits in der vorhergehenden Sitzung des Unterausschusses nicht vorgelegt worden sei und auch die genauen Kosten im Dunklen blieben. Mehrere Fachleute auch des Landratsamts wiesen darauf hin, dass der Einsatz von Streetworkern überhaupt nicht in die Kompetenz der Gemeinden, sondern in die des Kreises falle. Nach langer Diskussion beschloss der Ausschuss, den Punkt zu vertagen, das Gespräch mit der Stadt Herzogenaurach zu suchen und dann abermals zu beraten.