Einfacher, schneller, günstiger: Neue Regeln für den Wohnungsbau

18.1.2021, 05:55 Uhr
Vor knapp einem Jahr ließ die wbg diese Neubauten im "Rieter Bogen" in Kornburg hochziehen. Bei Vorhaben wie diesen könnte die Genehmigungsphase künftig deutlich kürzer werden. 

Vor knapp einem Jahr ließ die wbg diese Neubauten im "Rieter Bogen" in Kornburg hochziehen. Bei Vorhaben wie diesen könnte die Genehmigungsphase künftig deutlich kürzer werden. 

Vor allem in den Großstädten, wo an allen Ecken und Ecken Neubauten hochgezogen werden, sind die Mitarbeiter in den Bauordnungsbehörden oft heillos überlastet. Die Folge: Von der Voranfrage über den Antrag bis zur Baugenehmigung gingen viele Monate, auch mehr als ein Jahr ins Land. Künftig erhalten dagegen zumindest Wohnbauten nach spätestens drei Monaten "automatisch" grünes Licht - sofern keine besonderen Umstände wie etwa durch den Natur- oder Denkmalschutz zu berücksichtigen sind,

So sieht es die sogenannte Fiktionsregelung vor. Auf gut Deutsch: Bei jedem Bauantrag hat die Genehmigungsbehörde drei Wochen Zeit, um etwa fehlende Unterlagen nachzufordern oder etwa zu prüfen, ob Nachbarschaftskonflikte drohen. Fällt sie dann innerhalb von drei Monaten keine Entscheidung, wird so getan, als sei die Genehmigung erteilt. Der Bauherr darf also ohne förmlichen Bescheid loslegen. Die Kehrseite der Medaille: Er trägt mit den Planern auch höhere Risiken bei eventuellen Fehlern.


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Markus König: "Bauwirtschaft ist ein unglaublicher Faktor"

"Die Bauwirtschaft ist ein unglaublicher Faktor - und die Fiktionsregel ein entscheidender Hebel", zeigt sich Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König von der Wirkung überzeugt. Die Personalknappheit in der Bauordnungsbehörde bestreitet er nicht. Aber: "Jetzt machen wir aus der Not eine Tugend." Von den jährlich rund 30000 Bauanfragen, die im Bauhof eingehen, münden etwa 3000 in reguläre Anträge - Tendenz steigend. Knapp drei Drittel entfallen auf Wohnbauten - vom Einfamilienhaus bis zum umfangreichen Appartmentkomplex. Und bei etwa jedem dritten Antrag dürfte die Neuregelung greifen, sodass rasch gebaut werden kann, schätzt das Stadtoberhaupt. So lässt sich auch die Freigabe für einen Haustyp im sogenannten seriellen Bauen künftig leicht auf alle übertragen.

Damit tatsächlich nur "unkritische" Vorhaben den bürokratischen Mühlen entgehen, richtet die Stadt eine eigene Kommission aus Mitgliedern der Bauordnungsbehörde, der Stadtplanung und des Umweltamts ein. Die nimmt sämtliche eingehende Baumeldungen sofort unter die Lupe. "Wir haben geschulte Mitarbeiter, die erkennen, wenn eine genauere Prüfung erforderlich ist, zum Beispiel bei drohenden Baumfällungen", meint König, spricht aber auch vom "Mut zur Lücke". Generell sei den Bürgern nicht mehr zu vermitteln, "wie viele Schleifen bei der Genehmigung gedreht werden."

Bessere Auszahlung für Bauwillige

Die Vereinfachung soll aber nicht nur den Unmut über (vermeintliche) Bürokratie und überstrapazierte Geduld dämpfen. Sondern sich für die Bauwilligen auch in Euros auszahlen. Denn: In der seit einigen Jahren anhaltend guten Baukonjunktur kann es leicht passieren, dass die ursprünglich kalkulierten Preise hoffnungslos überholt sind, wenn es richtig los geht. "Wenn es schneller geht, hilft das auch, die Preise im kalkulierten Rahmen zu halten, also zu günstiger zu bauen", betont König.

Und mit allen Amtskollegen im Land freut er sich daneben vor allem über eins: Die Novelle räumt vor allem den Kommunen größere Spielräume ein, manche Fragen in eigener Regie zu regeln. So etwa bei der Verpflichtung, Stellplätze zu schaffen und für Spielplätze zu sorgen. Und bei den Vorgaben für Abstandsflächen. Mit einer eigenen Satzung dafür war Nürnberg bereits vor knapp fünf Jahren Vorreiterin - das wird nun landesweit übernommen.

Mehr Beratung für Außengestaltung

Ähnlich wird nun Städten und Gemeinden anheim gestellt, ob sie beispielsweise die Versiegelung von Vorgärten mit "Beeten" aus lauter Steinen dulden oder untersagen. Für Nürnberg setzt König vorerst auf Freiwilligkeit: "Wir wollen die Bürger von einer Gestaltung mit Rasen, Blumen und Stauden überzeugen und bieten dafür auch Beratung an." Ein Verbot von "Steinwüsten" wie in anderen Städten lehnt König ab, will es auch nicht für allezeit ausschließen.

Dazu kommen zwei weitere Erleichterungen: Für den Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken entfalle das Genehmigungsverfahren, so Bauministerin Kerstin Schreyer. Ebenso entfalle die Pflicht, bei einem Aufstocken von Gebäude Aufzüge einzubauen, wenn das nur mit unvertretbar hohem Aufwand zu stemmen wäre. Die Kosten dämpfen sollen schließlich auch flexiblere Regelungen bei der Stellplatzpflicht, vor allem bei einer guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, oder bei der Schaffung von Spielplätzen.

Der Raumbedarf steigt weiter

Die Novelle komme, meint die Ministerin, gerade zu rechten Zeit. Zeichne sich doch ein weiter steigender Raumbedarf ab - zusätzlich geschürt durch die Corona-Pandemie: "Heimarbeit und Homeschooling fördern den Wunsch nach mehr Platz." Und während viele Kommunen und vielleicht auch private Haushalte womöglich kürzer treten müssen, werde der Freistaat weiter Gas geben und "soviel bauen wie möglich."

Noch ein Baustein ist die erleichterte Umwandlung bisheriger Büro- und Geschäfts- in Wohnräume - aber nur in diesem Sinn. Die umgekehrte, oft lukrative Umwidmung von Wohn- in Geschäftsräume soll hingegen erschwert bleiben und möglichst verhindert werden. Freigegeben wird schließlich der Baustoff Holz für alle Gebäudeklassen - bis zu einer Höhe von 22 Metern. Das soll die Nutzung nachwachsender Rohstoffe fördern und wird als Beitrag zur Nachhaltigkeit in die politische Waagschale geworfen.

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