Wiedervereidigung
ERH: Christian Pech redet Klartext
11.10.2021, 18:19 Uhr"Am vergangenen Samstag waren es genau vier Jahre", sagt Christian Pech, der am 5. Mai dieses Jahres ebenso wie die Mitangeklagten aus der Solarfirma, für die er seinerzeit im Vertrieb tätig war, von allen Vorwürfen freigesprochen wurde.
Vorwurf löste sich in Luft auf
2018 war Pech der Zollhinterziehung angeklagt, wurde festgenommen; Geschäfts- und Privaträume ließ die Staatsanwaltschaft durchsuchen. Der Vorwurf lautete damals auf Beihilfe zum banden- und gewerbsmäßigen Schmuggel in einer Vielzahl von Fällen im Zusammenhang mit der Einfuhr und dem Verkauf von Solarmodulen. Was sich schließlich in Luft auflöste. "Damals hatte man im Rahmen des Chinahandels Dumping-Zölle eingeführt, von denen sich chinesische Firmen mit der Abgabe einer freiwilligen Selbstverpflichtung befreien konnten", rekapituliert Pech.
Zollerklärung kam nie
Die entsprechende EU-Zollerklärung des chinesischen Mutterkonzerns der Solaranlagen-Firma, für die Pech arbeitete, forderte die ermittelnde Staatsanwaltschaft in den Niederlanden an. "Dieses angeblich belastende Papier liegt bis heute nicht vor", erklärt Christian Pech. Das Nichtvorliegen des Papiers sorgte dafür, dass der Prozess gegen Pech schließlich ausgesetzt wurde. Da hatte der Vize-Landrat aber schon 30 Tage Untersuchungshaft hinter sich und war auch seines Amts als Kreisrat enthoben worden. Seinen Arbeitsplatz immerhin behielt Pech: "Meine wirtschaftliche Existenz war gesichert." Gleichwohl wurde sein Leben durch die Anklage "komplett auf den Kopf gestellt", wie er erzählt. "Man wird von vielen Leuten schief angeschaut", erinnert er sich.
Stillhalten aus strategischen Gründen
"Ich wusste genau, was ich getan beziehungsweise nicht getan hatte", meint Pech in der Rückschau mit fester Stimme. Allerdings habe ihm sein Rechtsanwalt geraten, aus verfahrensstrategischen Gründen nicht zu behaupten, er sei unschuldig. "Ich musste also still halten - und dann brach alles über mir ein", resümiert Pech. Gegen die Amtsenthebung ging er vor - und bekam zur Antwort, dies sei angesichts der Schwere der - wohl gemerkt nicht bewiesenen - Tat rechtens. "Das lief genau andersherum als es hätte laufen sollen: Wir mussten gegen den Verdacht der Staatsanwaltschaft unsere Unschuld beweisen", moniert Pech, der im Laufe der Zeit das Vertrauen in die Arbeit der Justizbehörden "ein Stück weit verloren hat", wie er bitter bemerkt.
Rückhalt von vielen Menschen
Seine Funktionen als stellvertretender SPD-Kreisvorsitzender und Vorsitzender der Kreis-Awo behielt Pech, zudem hätten viele Menschen - auch Kolleginnen und Kollegen aus der Kreispolitik quer durch alle Fraktionen - zu ihm gestanden und ihm den Rücken gestärkt. Befremdlich empfand Christian Pech die Atmosphäre bei den Verhören. "Da gibt es ganz seltsame Dynamiken, eine flapsige Bemerkung wird sofort als das Eingeständnis einer Straftat ausgelegt."
Entschädigung erst bei Rechtskraft des Freispruchs
Ihm als Vertriebler wurde Beihilfe vorgeworfen, die Geschäftsführerin der Solarfirma verbrachte anderthalb Jahre in Untersuchungshaft. Eine Entschädigung werden die samt und sonders freigesprochenen Angeklagten erst bekommen, wenn die Rechtskraft des Freispruches vom Mai zweifelsfrei feststeht. Danach hatte die Staatsanwaltschaft angekündigt, Revision gegen das Urteil einzulegen, "bisher haben wir aber nichts mehr gehört", so Pech.
"Normalität zurückbringen"
Was er nun vorhat: "Etwas Normalität in mein Leben zurückbringen", sagt der als Nachrücker wieder in den Kreistag eingezogene Christian Pech. Das sei unter dem Eindruck des schwebenden Verfahrens zuvor schwer gewesen.
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