Beliebter Durstlöscher mit sportlicher Note

7.9.2012, 00:00 Uhr
Beliebter Durstlöscher mit sportlicher Note

© Michael Matjeka

Wobei der Begriff „alkoholfrei“ nicht ganz zutrifft, denn in den meisten Bieren findet sich, gesetzlich erlaubt, ein Restalkohol zwischen 0,2 und 0,5 Volumenprozent. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Alkohol ist ein wichtiger Geschmacksträger und wenn der abhanden kommt, dann kann das Bier leicht wie Brot schmecken oder langweilig wie Leitungswasser. Mit Zusatzstoffen behelfen können sich die Brauer wegen des deutschen Reinheitsgebots nicht. Aber es gibt neben der gestoppten Gärung (bevor 0,5 Volumenprozent erreicht sind) neue und bessere aromaschonende Verfahren.

Der Inhaber der Hausbrauerei Altstadthof, Braumeister Reinhard Engel, winkt beim Thema „alkoholfreies Bier“ ab. Dafür fehle kleinen Betrieben ganz einfach die aufwändige technische Ausstattung, die notwendig sei, um ein geschmacklich gutes Bier ohne Alkohol zu brauen. Sein Kollege Stefan Stretz vom Schanzenbräu in der Adam-Klein-Straße sieht das ähnlich. „Aber ich bin Braumeister aus Leidenschaft, und da will ich nicht ausschließen, dass ich irgendwann doch mal drangehe.“ Noch aber schmecke ihm so gut wie kein Alkoholfreies. „Zu süß, zu malzig“, sagt er.

In der Tucher Brauerei – sie gehört inzwischen zur Radeberger Gruppe – an der Stadtgrenze Nürnberg-Fürth findet sich die teure Technik, die sich die kleinen Brauerein nicht leisten können. Mit welchen Verfahren genau Tucher alkoholarmes Bier herstellt, verrät Geschäftsführer Fred Höfler nicht en detail. Das „bleifreie“ Bier dort firmiert unter „Reifbräu“. Die Nachfrage danach habe sich, so Höfler, auf niedrigem Niveau eingependelt, anders als beim alkoholarmen Weizen, da steige sie kontinuierlich. „Hier verzeichnen wir eine Zuwachsrate von um die 15 Prozent.“

Die Zahlen des Bayerischen Brauerbundes besagen, dass 2011 die bayerischen Bierbrauer 1,46 Hektoliter alkoholarmes Weizen und Bier gebraut haben – 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das entspricht 6,63 Prozent der gesamten Braumenge. Der Renner in Nürnbergs Biergärten ist das alkoholfreie Weizen. In der zischten im April vier Hektoliter davon durch die durstigen Kehlen – und zehn Hektoliter normales; im Mai war das Verhältnis 3,5 zu 16 Hektoliter. „Das sind immerhin zwischen 20 und 25 Prozent“, freut sich Wirt Karl Krestel.

Beliebter Durstlöscher mit sportlicher Note

© dpa

Katharina Mang vom Petzengarten in der Wilhelm-Späth-Straße stellt fest, dass vor allem ältere Gäste alkoholarmes Bier bevorzugen. Wer mit dem Auto komme, bestelle ebenfalls lieber „ohne“. Das lässt sich auch im s’ Gärtlabeobachten – ein Magnet auch für Radler. Viele haben das (fast) alkoholfreie Weizen als isotonischen Durstlöscher entdeckt – ein Getränk, das eine Vielzahl von Kohlehydraten, Mineralien und Vitaminen in einem ausgewogenen Verhältnis zur Flüssigkeitsmenge enthält. Umsatzbringer sind in diesem Garten aber nach wie vor normale Biere und Weizen.


Im Biergarten des Landbierparadies’ in der Sterzinger Straße werden zwei Weizen- und zwei Biere mit geringem Alkoholgehalt von kleinen Brauereien ausgeschenkt. Eine davon ist die seit 1498 bestehende Brauerei Wiethaler in Neunhof. Hier braut man seit 2006 alkoholreduziertes Bier pilsiger Art. Sie sei sehr skeptisch gewesen, als ihr Sohn mit der Idee ankam, gibt die Chefin, Sabine Wiethaler-Dorn, zu. Die Braumeisterin sorgte sich, dass das neue Bier geschmacklich gegen das herkömmliche abfällt. „Aber das ist nicht so, das neue schmeckt hopfenbetont und ausgesprochen spritzig.“ Und das gefalle auch den Kunden.

Dreh- und Angelpunkt für das Gelingen seien gute Zutaten und die Kunst des Braumeisters. „Wir verwenden ausschließlich urwüchsigen und hochwertigen fränkischen Aromahopfen, der, wie auch die Gerste, in unmittelbarer Nachbarschaft wächst.“ Bei ihnen laufe das Weizen „ohne“ dem normalen Bier langsam den Rang ab, sagt der Geschäftsführer des Gutmann am Dutzendteich, Manfred Metz. Vor drei Jahren hat die gleichnamige Brauerei Gutmann, ein Familienbetrieb in Titting, ihr neues Weizen auf den Markt gebracht. Seither steige der Umsatz überraschend schnell und zwar um zehn Prozent pro Jahr. „Das Weizen hat sich zu einem echten Frauengetränk entwickelt.“

Alkoholfreies Weizen komme deshalb so gut an, weil der Konsument es als neues und eigenständiges Getränk entdeckt habe, sagt Fred Höfler von Tucher. Alkoholarme Biere und solche mit einem höheren Anteil an Alkohol dagegen würden nach wie vor noch miteinander verglichen. Und da schneide das „ohne“ einfach nicht so gut ab. Deshalb trinke man es nach dem Rat der Experten immer möglichst kalt und wechsle nicht von Bier mit Alkohol zu Bier ohne, sondern höchstens umgekehrt. Sonst verderbe man sich den Geschmack.

Und wer hat das alkoholfreie Bier erfunden? Ein volkseigener Betrieb in der ehemaligen DDR, die Engelhard-Brauerei in Berlin-Stralau. Das war vor 40 Jahren, und das Gebräu schmeckte keinem.

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