Frischer Wind für eine alte Kunst

3.4.2012, 00:00 Uhr
Seit gut vier Jahren braut der 33-Jährige Mike Schmitt in seiner „Nikl-Bräu“ sein eigenes Bier.

© I. Paul Seit gut vier Jahren braut der 33-Jährige Mike Schmitt in seiner „Nikl-Bräu“ sein eigenes Bier.

Eine sympathische Untertreibung, wie man beim Besuch in Pretzfeld (Kreis Forchheim) erlebt. Die Plätze auf den Bierbänken sind belegt. Die Gaststätte ist voll, und selbst ins Sudhaus haben die Schmitts Tische gestellt. Die Gruppe mit den 20 Wanderern mussten sie dennoch wegschicken. „Das tut einem dann natürlich schon leid“, sagt Mike Schmitt und steckt ein paar Flaschen in eine Trage für einen Gast, der etwas von dem guten Gerstensaft mit nach Hause nehmen will. Eine Ruhepause kann sich Schmitt längst nicht mehr leisten. Er hat im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun.

 

Das Bier: „Es ist ein reines Naturprodukt, aus dem man etwas Besonderes schaffen kann.“

Das Bier: „Es ist ein reines Naturprodukt, aus dem man etwas Besonderes schaffen kann.“ © I. Paul

Höchste Brauereidichte der Welt

Seit gut vier Jahren braut der 33-Jährige in seiner „Nikl-Bräu“ sein eigenes Bier. Einen Traum hat er sich damit erfüllt. Einen, für den man hier eine Menge Mut braucht — und nicht nur wegen der Risiken der Selbständigkeit. Vielmehr, weil um ihn herum alteingesessene Brauereien unter anderen in Hetzelsdorf und Unterzaunsbach ausgezeichnete Biere anbieten und dafür längst auch jenseits des Landkreises und der Region berühmt sind. Er befindet sich also in guter Gesellschaft — um nicht zu sagen in der besten. Denn Oberfranken hat mit über 200 Brauereien die höchste Brauereidichte der Welt. Ein Superlativ, auf den nicht nur die Brauer, sondern auch so mancher Einheimischer stolz ist. Auch wenn er deshalb ertragen muss, dass die Städter am Wochenende in die Dörfer einfallen und mancherorts für Enge bei Parkplätzen oder eben im Biergarten sorgen. Dennoch: Diese Dichte macht der Region keiner nach. Oberfranken hat doppelt so viele Brauereien wie alle anderen Regionen Bayerns und mehr Brauereien als jedes Bundesland und als jedes Land in Europa.

Wo jetzt der Schaum abgeschöpft wird, standen früher Kühe im Stall

Die Fränkische Schweiz ist dabei ein Aushängeschild: Hier stehen etwa 100 Sudhäuser. In Pretzfeld sah es trotz der lebendigen Tradition bis vor ein paar Jahren dennoch düster aus. Denn bis vor drei Jahren war dort über Jahrhunderte hinweg gar kein Bier mehr gebraut worden. Schuld daran, war der sogenannte Bierkrieg, mit dem die Ebermannstädter gegen die Pretzfelder vorgingen. Hintergrund dafür war das Dekret von 1510 durch Kaiser Maximilian, nach dem gegen alle vorzugehen sei, die im Umkreis unbefugt Bier ausschänken. Also ging in Pretzfeld über 400 Jahre hinweg nichts mehr.

Und auch bei den Schmitts standen dort, wo der Brauer heute den Schaum abschöpft, lange die Kühe im Stall. „Das Schöne am Bierbrauen ist die Nähe zur Natur, so banal das klingen mag“, erklärt Mike Schmitt die Faszination für das alte Handwerk. „Es ist ein reines Naturprodukt, aus dem man etwas Besonderes schaffen kann.“ Deshalb wollte er auch irgendwann sein eigenes Bier brauen, nachdem er über 13 Jahre in einer Brauerei in Buttenheim (Kreis Bamberg) am Sudkessel gestanden hatte.

 

Vom Hobby zum Fulltime-Job

Er hatte Glück. Seine Frau Alexandra träumte den Traum mit. Ihre Mutter bot schließlich den alten Kuhstall an der Egloffsteiner Straße an, nachdem das Paar vier Jahre verzweifelt nach einem passenden Objekt gesucht hatte. Für den Namen stand schließlich Alexandra Schmitts Urgroßvater Pate. Denn der war einst als „Nikl Korl“ als Mundartdichter in der Region bekannt. Viel Geld haben die Schmitts inzwischen in ihre Brauerei mit der Gaststätte investiert. Und nicht nur, weil freilich alles komplett umgebaut werden musste, damit Mike Schmitt überhaupt mit dem Brauen anfangen konnte — vom Sudhaus ganz zu schweigen. Es war eine Ochsentour, auch weil der dreifache Familienvater nebenbei noch arbeiten musste, um sich, seine Frau und die drei Söhne finanziell sicher durchs Leben zu bringen. Schließlich konnte niemand wissen, dass sein Bier so ein Erfolg wird. Längst steht er nur noch im eigenen Sudhaus, braut, gewährt Einblick in seine Arbeit und pflegt einen guten Kontakt zur Brennerei Haas gleich gegenüber, mit der er besondere Seminare anbietet. „Es ist ein Fulltime-Job geworden“, sagt er.

 Ein Biergarten wäre das letzte Stück zum Glück

Inzwischen braut er mehr als nur sein Helles und Dunkles. Nun gibt es auch Weizenbier vom Nikl-Fass und freilich zu bestimmten Anlässen besonderes Festbier. 1260 Hektoliter hat er im vergangenen Jahr gebraut — typisch für all die kleinen Brauereien, die alle unter dem 5000-Hektoliter-Ausstoß bleiben. Daneben probiert Schmitt auch immer wieder andere Sorten aus. „Alle sechs Wochen braue ich Spezialbiere. Sorten, die man schon ganz vergessen hat, die es vor sechzig oder siebzig Jahren gab“, sagt er.

Die Ideen gehen ihm nicht aus, während in der Küche die Frauen seiner Familie gute fränkische Küche zubereiten und am Sonntag auch den Braten auf den Tisch bringen.

Die Fränkische Schweiz ist ein Aushängeschild: Hier stehen etwa 100 Sudhäuser. Die Eule gehört bei den Schmitts auf jedes Bier und freilich auch an die Hauswand.

Die Fränkische Schweiz ist ein Aushängeschild: Hier stehen etwa 100 Sudhäuser. Die Eule gehört bei den Schmitts auf jedes Bier und freilich auch an die Hauswand.

Der Familienbetrieb, bei dem die Schmitt-Buben schon mal am Zapfhahn stehen oder beim Befüllen der Kisten helfen, läuft. Das Bier fließt und wer hierher kommt, der bestellt meist nicht nur etwas zu trinken, sondern meist auch etwas aus der Küche.

Nur eines fehlt. Den Traum vom eigenen Biergarten konnten sich die Schmitts bis heute nicht erfüllen. Obwohl gleich hinter dem Haus 2000 Quadratmeter dafür warten. Das Problem ist, dass die Familie eine Zufahrtsstraße zu Parkplätzen bräuchte, um einen Biergarten in Betrieb nehmen zu können. „Doch die Bewilligung scheitert an vielen Vorschriften und schwierigen Rahmenbedingungen, was die Zufahrt betrifft“, sagt Mike Schmitt. Ein Jammer für all die Sonnenhungrigen und die Familien, die ihre Kinder auf dem Spielplatz herumtollen lassen würden, den er anlegen will. Seit Jahren spricht er immer wieder auf Ämtern vor. „Da tut sich gar nichts“, sagt Mike Schmitt. Dabei wäre der Biergarten doch das letzte Stück zum Glück.

Informationen zur Brauerei Nikl finden Sie auch in unserem Brauerei-Guide.


 

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