Für viele Gäste ein zweites Wohnzimmer

3.3.2016, 08:10 Uhr
Für viele Gäste ein zweites Wohnzimmer

© Peter Budig

Ein langer, lichtscheuer Raum mit einigen kräftigen Holztischen und einer achtbaren Theke. Die Besucher sind meist Stammgäste aus dem Viertel, die Zwiebel ist ihr zweites Wohnzimmer. So eine Südstadt-Institution am Leben zu erhalten, das ist mehr als Beruf, als Familienunternehmen, das ist fast schon ein Leben. Am 4. März wird gemeinsam mit den Stammgästen der 40. Geburtstag gefeiert.

Rolf Schubert, der eigentlich aus Hessen stammt und einige Zeit im Saarland lebte, hat diese Institution mit seiner Frau Helga, die aus dem Bayerischen Wald kommt, begründet. Vor über 55 Jahren führte er einen Autohandel gleich ums Eck. Gut 15 Jahre lief das wunderbar, dann musste das Gebäude einem Neubau weichen. Bereits im Autohaus hatte Schubert seinen Kunden einen kleinen Gastraum mit Theke eingerichtet. Wer sich etwas zu trinken nahm, warf seinen Obolus in einen Topf. "Das hat sich fast schon rentiert", erinnert sich Schubert lächelnd. Als er sein Geschäft räumen musste, entschloss er sich, aus dieser Idee eine berufliche Zukunft zu zimmern.

Kneipenlampen waren Namensgeber

"Ich vermisste die Eckkneipe aus meiner Heimat, ein Treff mit Theke, ohne Essenszwang, ein Platz fürs Feierabendbier mit dem Feierabend-Klatsch. In Nürnberg gab es das nicht", erinnert sich Schubert. Man fand und mietete die leerstehenden Räume in der Kirchenstraße 25, entwarf ein Einrichtungskonzept mit einem befreundeten Architekten und baute sich seine "Zwiebel" selbst. Wie es zu dem seltsamen Kneipennamen kam, daran erinnert Rolf Schubert sich nicht mehr - aber seine Frau Helga weiß es: "Ihr seid damals immer freitags ins Hallenbad zum Tauchen gegangen und danach ein Bier trinken. In dem Lokal hingen Lampen, die sahen aus wie eine Zwiebel. Als du den Autohandel aufgeben musstest, sagte dein Freund Eberhard: 'Jetzt mach halt du so eine Zwiebel'."

Die Gäste kamen schon immer aus dem Viertel; in dem Eck zwischen Harsdörffer- und Regensburger Straße in Glockenhof, das hier direkt an St. Peter grenzt. Sie sind mit der Zwiebel mitgealtert. Wer jetzt denkt, die Pilsbar, wo es die vielen Pyraser Biere, aber auch König Pilsener und irisches Guinness gibt, sei ein Rentnertreff, der irrt. "Wir haben auch Stammtische, wo nur 70-, 80-Jährige beisammen sind, aber junge Leute kommen genauso. Neuerdings gibt’s wieder einen Karteltisch, lauter Jungs von 18 bis 24, die hier Schafkopf spielen", freut sich Helga Schubert. Aus dem nahe gelegenen Studentenwohnheim St. Peter treibt es viele ausländische Studierende an den Thresen. "Da leben viele Südkoreaner, sehr freundliche Leute. Sie trinken alle am liebsten Weizen vom Fass", lächelt die junggebliebene Wirtin.

Das Viertel hat sich verändert. Die kleinen, inhabergeführten Geschäfte, Bäckereien, Metzger, ein Drogeriemarkt, sind verschwunden. An manchen Abenden wird es sehr familiär in der kleinen Kneipe. Unwillkürlich will man das Summen anfangen, die Textzeilen kommen wie von selbst: "Die kleine Kneipe in unserer Straße, da wo das Leben noch lebenswert ist, dort in der Kneipe in unserer Straße, da fragt dich keiner, was du hast oder bist... Wer Hunger hat, der bestellt Würstchen mit Kraut", steht im Text von Michael Kunze, den Peter Alexander berühmt gemacht hat. Hier heißen die Speisen, die auf eine Tafel gemalt sind, Schmalzbrot (1,80 Euro), Gulaschsuppe (3,50), Currywurst mit Brot (3,60) oder - die Spezialität der Wirtin - "Verhältnis" (4,80); ein belegtes Brot mit Emmentaler und rohem Schinken. Das wird an 364 Tagen im Jahr serviert. Es gibt keinen Ruhetag, geschlossen ist "Die Zwiebel" nur am ersten Weihnachtstag. Wenn die Schuberts in Urlaub fahren, sorgen sie für Vertretung.

Mehr Informationen über "die Zwiebel" in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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