Falsche Fuffzger, bitte sehr!

4.2.2021, 21:11 Uhr
Falsche Fuffzger, bitte sehr!

© Foto: Oliver Heß

"Selbsterklärend" findet Martin Droschke, was er und Kompagnon Oliver Heß sich da zur Rettung oder wenigstens Unterstützung der Zunft überlegt haben. Ist es auch, wenn man’s mal gehört hat. Und vor allem: so naheliegend.

Wenn es kein Geld gibt oder eine alles verschlingende Inflation, wenn ein Krieg eine Region beutelt oder eine Krise die Wirtschaft, installieren seit vielen hundert Jahren Menschen sogenanntes "Notgeld".

Das ist ein Geldersatz, der schon im 15. Jahrhundert als "Belagerungsschein" in der spanischen Geschichte auftaucht und während der Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg wahre, ja: Blüten getrieben hat, die bis heute als Sammlerstücke gehandelt werden.

Doch während ein 50 Mark-Gutschein der Städte Nürnberg und Fürth aus dem Jahr 1918 heute für 4,99 Euro zu haben ist, schwebt der Coburger Verwertungsgesellschaft ein Umtausch zum Realpreis vor, um die Kulturwirtschaft anzukurbeln.

Als vor Weihnachten aus Jux und Dollerei ein falscher Zwanzger im Linolschnitt produziert war, befanden Heß und Droschke, es wär’ schon nett, selber Geld zu drucken. Weil das aber ja nicht so richtig geht, befiel sie die Erinnerung und damit der Gedanke: das mit dem Notgeld, das machen wir jetzt einfach auch.

Bares für Rares, lautet das Motto. Aber halt nur für Künstler. Und zwar vor allem für Bildende.

Wert ohne Währung

Denn der Aufruf zur klassischen "Hilfe-zur-Selbsthilfe-Aktion" lautet wie folgt: Man entwerfe einen 5er-, 20er- oder 500er-Schein mit klar erkennbarem Wert, aber ohne Währung, und drucke ihn mittels handwerklicher Technik (Linol, Radierung, Siebdruck etc.) einseitig, in ungefährer Größe des realen Geldscheins und beliebiger Auflage. Man gestalte diesen individuell, signiere und nummeriere den Schein auf der Rückseite entsprechend der Auflage. Scanne ihn und maile ihn an die Adresse: nachricht@verwertungsgesellschaft. de.

Falsche Fuffzger, bitte sehr!

© Foto: Oliver Heß

"Unser Job", so die Erfinder der Aktion, "ist es dann nur, die Kunst-Scheine auf unserer Webseite kuenstlernotgeld.de online zu stellen, auf allen Kanälen dafür zu werben und den direkten Kontakt zu den Künstlern herzustellen, wenn sich Interessierte melden."

Und das sollen sie tun, denn der Clou an der Sache: Die Notgeldwerke können gegen echtes Geld entsprechend dem aufgedruckten Geldwert nicht etwa profan gekauft, sondern in Euro 1:1 "getauscht" werden.

Mit digitaler Unterstützung der Nürnberger Kreativagentur "Die Zwei." läuft die "Aktion zum ARTerhalt" seit gut einer Woche online, "etwa 25 Leute, teils sogar aus Berlin, haben sich schon gemeldet", berichtet Martin Droschke über das Projekt, das "ganz groß werden oder gleich einschlafen kann" und "im Prinzip weltweit jedem Künstler offensteht", solange eine Serienherstellung garantiert ist.

Falsche Fuffzger, bitte sehr!

© Foto: Jannina Hector

Droschke: "Wenn sich jemand findet, der Geldscheine seriell stricken kann, dann kann man das mit dem ‚drucken‘ auch interdisziplinär dynamisch handhaben." Dynamisch auch der Twist von digital zu analog: Am "Tag der Druckkunst" (15. März) beginnt im Künstlerhaus des KunstKulturQuartiers die "analoge Wechselstube" – eine Schaufensterausstellung, bei der Scheine gegen Euros eingetauscht werden können.

Ausdrucksstarke Form

"Es ist eine ruhige, aber ausdrucksstarke Form, um auf die aktuelle Situation von bildenden Künstlern aufmerksam zu machen", sagt Anna Scharm, Leiterin des Künstlerhauses. "Und wir hoffen, dass sich nicht nur zahlreiche Künstler an der Aktion beteiligen, sondern dass im März dann vor allem auch viele Nürnberger neugierig sind und zum Tauschen in die Kulturinformation kommen. Es wäre schön, wenn die Künstler und Künstlerinnen dabei echte Wertschätzung erfahren."

Gemeint und erwünscht ist damit vor allem die Wertschätzung all derer, so Droschke, die "interessiert daran sind, dass die Kunstszene lebendig bleibt."

INFO Alle Infos unter kuenstlernotgeld.de

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