Flüchtlinge misshandelt: Chef der Sicherheitsfirma "entsetzt"

30.9.2014, 20:07 Uhr
Flüchtlinge misshandelt: Chef der Sicherheitsfirma

© Polizei

Die veröffentlichen Fotos zeigen von Sicherheitsleuten in Uniform gedemütigte und drangsalierte Flüchtlinge in Asylunterkünften in Nordrhein-Westfalen. Auf dem Video ist zu sehen, wie zwei Männer einen auf dem Rand einer Matratze sitzenden Flüchtling zwingen, sich hinzulegen - und zwar mitten in Erbrochenes hinein.

Der Mann selbst ist von oben bis unten voller Erbrochenem. Augenscheinlich ist er vorher geschlagen worden, auf Englisch fragt er immer wieder: "Warum schlagt ihr mich?" Aus dem Hintergrund sind die Wachmänner zu hören: "Willst du noch eine haben?"

"Das sind Bilder, die man sonst nur aus Guantanamo kennt", kommentiert Frank Richter, Polizeipräsident in Hagen in Nordrhein-Westfalen, die Bilder.

Ein weiteres Foto zeigt zwei feixende Wachmänner in der Flüchtlingsunterkunft im siegerländischen Burbach. Vor ihnen liegt bäuchlings ein mit Handschellen gefesselter Mann. Einer der Uniformierten hat seinen Fuß in den Nacken des Wehrlosen gestellt.

"Fassungslos und entsetzt"

Walter Stilper, Geschäftsführer der in Nürnberg ansässigen Sicherheitsfirma SKI und Chef einiger der beteiligten Wachleute ist  "fassungslos und entsetzt" über die Vorfälle. Er bezeichnet sie als "niederträchtig". Er unterstütze die Polizei und die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen.

Seit zehn Jahren betreut SKI Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge, wie eben die Flüchtlingsunterkunft in Burbach. Für ihn sei es das erste Mal, dass er überhaupt von einem Übergriff von einem seiner Angestellten gehört hat, das Ausmaß schockiert Stilper. "Bei uns arbeiten keine Schläger von der Straße. Die Mitarbeiter sind alle überprüft, von der Stadt Nürnberg und der Polizei. Jeder einzelne muss einen Auszug aus dem Zentralregister vorlegen." Er habe "in Kooperation mit den ansässigen Polizeibehörden und Ordnungsämtern teilweise darüber hinaus gehende Überprüfungen vereinbaren können, damit unter anderem auch schwebende Verfahren gegen einzelne Mitarbeiter rechtzeitig bekannt werden" - sprich: Stilper wollte alles tun, um sichergehen zu können, dass er keine "Schläger von der Straße" eingestellt hat.

Unschuldige mitbestraft

Seine erste Reaktion: Er kündigte der kompletten Mannschaft in Nordhrein-Westfalen. Auch wenn er damit Unschuldige bestraft: "Ich kann doch dort niemandem mehr trauen." Die zuständige Bezirksregierung in Arnsberg hat die Zusammenarbeit mit SKI bereits aufgekündigt. Und laut Bild werden im Zuge des Skandals weitere Vorwürfe laut: In Essen, wo SKI ebenfalls ein Heim betreut, zitiert Bild.de mehrere Flüchtlinge, die die Brutalität und Aggressivität der Sicherheitsleute beschreiben.

Einem Bericht von Spiegel Online zufolge macht der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) indirekt die Bezirksregierung für die Vorfälle mitverantwortlich: "Das sind Auswüchse einer vollkommen fehlgeleiteten, schleichenden Privatisierung der inneren Sicherheit", so Sebastian Fiedler, Landesvorsitzender des BDK. Es sei eine hoheitliche und keine private Aufgabe, Asylbewerber zu schützen."Die Bezirksregierung Arnsberg hat jedoch, offenbar aus der Not heraus, diese Aufgabe in die Hände von Privaten gegeben, ohne zu überwachen, wen sie da genau beauftragt." Derzeit wird gegen vier Mitarbeiter ermittelt.

Bei Hausdurchsuchungen wurden vier Schlagstöcke und ein Schlagring sichergestellt. Diese stammen aber nicht aus der Firma wie Walter Stilper klarstellt: "Das Tragen von Schlagstöcken ist bei uns verboten."

Auch die Möglichkeit einer fremdenfeindlichen Motivation wird derzeit geprüft. Ein Verdächtiger hatte in einem Zeitungsinterview von einem "deutlich erkennbaren rechten Hintergrund" bei einigen seiner ehemaligen Kollegen gesprochen. Laut einem Bericht von Spiegel Online soll einer der Mitarbeiter der Nürnberger Sicherheitsfirma den neonazistischen Schriftzug "Ruhm und Ehre" als Tattoo auf dem Unterarm tragen.

Der Artikel wurde am 30. September um 20.07 Uhr aktualisiert.

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