Pilotprojekt im Nürnberger Land

PCR-Test für alle: Neues Labor soll reibungslosen Schulstart ermöglichen

1.8.2021, 05:52 Uhr
Statt ein Wattestäbchen in die Nase zu stecken werden ab Herbst alle Grundschul-, Förderschul- und Kita-Kinder im Nürnberger Land zwei Mal die Woche gurgeln und eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus mithilfe von PCR-Poolingtests ermittelt.

© Roland Schlager, dpa Statt ein Wattestäbchen in die Nase zu stecken werden ab Herbst alle Grundschul-, Förderschul- und Kita-Kinder im Nürnberger Land zwei Mal die Woche gurgeln und eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus mithilfe von PCR-Poolingtests ermittelt.

Am 21. Juli ging ein Brief des Kultusministeriums an alle Grund- und Förderschulen in Bayern: Die für den Schulanfang geplanten PCR-Pooltestungen aller Schüler in Bayern werden vorerst nicht stattfinden. "Die Einführung und Organisation sind insbesondere mit großen logistischen Herausforderungen verbunden", steht in dem Schreiben, gezeichnet von Ministerialdirektor Stefan Graf.

Gurgel- und Lollitest

Im Nürnberger Land ist dieser Brief Makulatur. Denn hier können ab September 35.000 Kinder zwei Mal wöchentlich mit Gurgel- und Lollitest auf den Coronavirus getestet werden. Das Besondere ist, dass auch alle Kindergartenkinder diese Testmöglichkeit haben.

Möglich war das nur, weil sich eine einmalige Allianz von Unternehmen, Ämtern, Krankenhaus, Kommunen, Apothekern und BRK gebildet und ein eigenes PCR-Labor für den Landkreis auf die Beine gestellt hat. "Ein landkreisweites Pilotprojekt mit eigens errichteten PCR-Labor ist meines Wissens einmalig", sagt der Initiator und Sprecher der Initiative, Johannes Bisping aus Lauf. Auch das Landratsamt ist sich sicher: "Das Nürnberger Land ist unseres Wissens nach die einzige Gebietskörperschaft in Bayern, die ein eigenes Labor dafür auf die Beine gestellt hat, und eine der wenigen, die das Verfahren landkreisweit etablieren", sagt Pressesprecherin Iris Bitzigeio.

Seit einiger Zeit läuft das Labor nun in der Testphase. Im Rahmen der an der Uni Regensburg angesiedelten Wicovir-Studie gurgeln rund 3500 Kinder montags und donnerstags zuhause bis zu 60 Sekunden eine kleine Menge Trinkwasser und spucken das Extrakt in zwei Röhrchen. Sorgfältig verschlossen werden die Röhrchen dann in Kindergarten oder Schule abgegeben und anschließend ins Rathaus gebracht. Von dort werden die Proben ins Labor nach Lauf gebracht. Bis 14 Uhr steht das Ergebnis aller Proben fest.

Pilotphase läuft noch

Ist der Pool einer Gruppe positiv auf den Virus getestet, wird aus der Gruppe von jedem Kind das zweite Röhrchen untersucht, in dem zwei Milliliter des Gurgeltests - sozusagen als B-Probe - aufbewahrt werden. So kann das Labor die Info, welches Kind positiv getestet wurde, an die entsprechende Einrichtung weitergeben. Die Leitung bittet daraufhin, den Befund in einem Testzentrum oder beim Kinderarzt durch einen PCR-Test noch einmal bestätigen zu lassen. Das Kind geht ab dem Befund im Laufer Labor nicht mehr in die Schule oder in den Kindergarten. Wann Quarantänemaßnahmen greifen, wird jeweils mit dem Gesundheitsamt abgesprochen.

Insgesamt beteiligen sich an dem Testlauf momentan 20 Einrichtungen im gesamten Nürnberger Land. In Altdorf alleine acht Kindergärten. Während die Grundschüler schon länger an der Wicovir-Studie teilnehmen, sind die Kindergärten erst seit Mitte Juli mit im Boot. Bürgermeister Martin Tabor fackelte nicht lange und fragte bei allen Kindergärten an, ob sie auch kurzfristig noch an der Studie teilnehmen würden, die nur noch bis Ende Juli läuft - auch, um die Kapazitäten des in Lauf aufgebauten Labors testen zu können. "Ich bin bei allen Kindergarten-Leitungen auf offene Ohren gestoßen", freut sich Tabor. "Und ich bin sehr dankbar, dass sich alle darauf eingelassen haben."

"Rechtliche Themen sind die schwierigsten"

Altdorfs Bürgermeister erhofft sich auch, dass der Landkreis aufgrund der engmaschigen Testung im Falle von Beschränkungen bevorzugt behandelt wird. Doch das Gesundheitsministerium gibt sich bedeckt: "Die Staatsregierung beobachtet die Lage kontinuierlich und entscheidet auf dieser Basis die notwendigen Maßnahmen", sagt ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage.

Dass ab September im Nürnberger Land überhaupt flächendeckend PCR-Pooltests betrieben werden können, ist auch nur durch die juristische Begleitung vom Landratsamt möglich. "Neben den großen Herausforderungen, das Labor fachlich und personell aufzubauen waren vor allem die rechtlichen Themen die schwierigsten und langwierigsten", sagt Bisping. "Nachdem politisch das Verfahren begrüßt und gefordert wurde, hat es lange gedauert, klare Aussagen zu bekommen."

Erst im Juli hat Gesundheitsminister Klaus Holetschek das Nürnberger Land-Projekt auch rechtlich abgesegnet. Zumindest formal. Denn aus dem Gesundheitsministerium heißt es auf Nachfrage: "Für die flächendeckende Einführung der PCR-Pool-Testungen bedarf es zu gegebener Zeit einer Änderung des 13. Infektionsschutzgesetzes." Es könnte also noch dauern, bis im ganzen Freistaat das möglich wird, was im Nürnberger Land aufgebaut wurde. "Wir werden das Labor so lange betreiben, wie es gebraucht wird", ist Bispings klare Aussage. "Und ich hoffe, dass wir das Labor irgendwann nicht mehr brauchen, weil wieder ein normales Leben möglich ist."

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