„A Menschenkenntnis kriegt man...“

30.12.2010, 18:01 Uhr
„A Menschenkenntnis kriegt man...“

© Irene Lenk

Georg Herold ist mit Herz und Seele Gastronom. Gern sitzt er am Stammtisch und hört zu. „Du erfährst einfach alle Tag was Neues mit der Unterhaltung. A Menschenkenntnis kriegt man, mehr als bei einem Studium.“

Ein Stammtisch ist schöner als Fernsehen, sagt der Senior, der gewöhnlich mit dem Rücken zur Gaststube sitzt, „damit ich die Arbeit nicht seh’.“ Das stimmt nur zum Teil, weil er die Jungen weitgehend frei agieren lässt. auf der anderen Seite entgeht ihm aber kein Sonderwunsch der Gäste: Behend gibt er ihn mit kurzen Anweisungen an die Küche weiter. Da braucht es keiner vielen Worte.

Der „Beck“ behandelt alle Gäste gleich freundlich, den Brigadegeneral der Bundeswehr aus Pegnitz genauso wie den ehemaligen Firmenchef aus Neuhaus/Pegnitz oder den Studenten aus Bayreuth, wie etwa diesen Mittwoch. Und er ist ein guter Zuhörer: „Da kann man viel lernen.“ Er gibt seine daraus gewonnenen Erkenntnisse gerne weiter, etwa seine Naturbeobachtungen, die davon ausgehen, dass der jetzige „Andreas-Schnee“ mindestens 100 Tage liegen bleibt.

Georg Herold erinnert sich an viele schönen Begegnungen, so, als früher der Hof voller Post-, EVO- oder Bundeswehrautos gestanden ist, wenn die Angestellten und Soldaten von Bayreuth aus zu ihren „WeiBüHo-Dienstreisen“ nach Weiglathal, Büchenbach oder Horlach gestartet sind.

Viel hat er erlebt. Doch der Brauer, Wirt und Bäcker will zu seinem Geburtstag keine Hymnen. Wendig steht er auf und bedient oder zapft an. Seine „Fässler“ sind berühmt. Denn: „Ohne zusätzliche Kohlensäure wird des ausg’schenkt, frisch! Des schätzen die.“ „Die“ — das sind Zugreiste wie Einheimische oder Urlauber. Herold lobt sie: „Wir haben ein sehr gutes Publikum und zufrieden – beide sind zufrieden: Publikum und Wirt.“

Sein Bierrezept, nach dessen Ergebnis sich alle sehnen, stammt vom Vater und wurde über die Jahre verfeinert. „Unser Bier hat nicht nur den Bittergeschmack wie bei der Großindustrie, die alles wegfiltert. Das hat Volumengeschmack, da schmeckst du Eiweiß und Hefe.“

Harte Kindheit

Georg Herold durchlief beim Vater eine harte Ausbildung. „Alle unsere Vorfahren waren streng. Was die Eltern heut zu leicht nehmen, das war da zu streng.“

Sein Vater konkurrierte noch mit den anderen Gasthäusern im Dorf, mit Wolfring und Förster. Erst als das gemeinsame Kommunbrauhaus baufällig war und die zwei andern Brauer nicht mehr renovieren wollten, dachte er an eine eigene Braustätte. „Es war sein letzter Wunsch. ,Du hast die Scheunen da’, hat er g’sagt, ,die kannst du ausbauen.‘ Und am selln Tag isser g’storbn.“

1968 wurde das eigene Brauhaus gebaut. 22 Jahre später, 1990, übergab Georg Herold alles an seinen Sohn Hans. Und schon lernte Enkel Matthias wieder das Brauen.

Vor zehn Jahren nahmen außerdem Sachverständige das nagelneue Schlachthaus ab. „Hut ab, haben sie gesagt, wie sie raus sind“, unterstreicht Georg Herold.

Auch hier hat der Jubilar ein Patentrezept parat: „Du musst rechtzeitig was machen, nicht erst, wenn es von oben diktiert wird.“ Er habe die Behörden und die Experten in seine Planungen mit eingezogen und nie Probleme gehabt: „Wir haben auch nie einen Pfennig Strafe gezahlt.“

Das Geheimnis seines Betriebs ist seit jeher der Familienzusammenhalt, über den aktuell drei Generationen mithelfen. Sein Start verlief nicht so einfach: Nach dem Krieg musste er allein mit Frau, Kindern und Nachbarschaftshilfe starten: „Kein leichtes Leben, aber ich habe mir ein festes Ziel gesetzt.“ Das Ziel hieß Brauerei und Bäckerei, ohne große Landwirtschaft – obwohl noch immer die Schweine selbst gemästet werden, das Getreide und die Kartoffeln selbst gezogen. Ehefrau Hildegard brachte von ihrem Kosbrunner Hof die Liebe zum Garten mit. Sauerkraut, Zwiebeln, Gemüse – vieles kommt bis heute von den eigenen Feldern. Vor sechs Jahren hatte Hildegard Herold einen Schlaganfall. Doch selbst aus dem Rollstuhl hilft sie, wo sie kann.

Urlaub gab es anfangs „null“ für das Ehepaar. „Erst, wie ich 20 Jahre verheirat’ war“ ging es mit dem Bus in die Schweiz, nach Österreich und einmal nach Italien. Der Bayerische Wald ist ihm am liebsten: „Da ist es gemütlich und die Landschaft ideal.“

Stolz ist er, dass so viel Jugend bei ihm verkehrt: „Da fragt keiner nach Spielautomaten. Die karteln und würfeln.“ Auch Streit oder Raufereien wie andernorts kennt er nicht: „Die machn, was ich sag’. Wenn ma ka Feuer entzündet, braucht man auch nicht zu löschen.“

Mehr Informationen über die Brauerei Herold in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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