Gute Kreistags-Listenplätze kosten 800 Euro

10.3.2014, 09:24 Uhr
Gute Kreistags-Listenplätze kosten 800 Euro

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„Ich habe erst einmal geschluckt“, bekennt ein CSU-Mitglied. Der Brief von CSU-Schatzmeisterin Sabine Habla, den der Kandidat vergangenen Sommer aus dem Briefkasten zog, offenbarte ihm, dass die Bewerbung um einen Sitz im Kreistag ein gehöriges Loch in die Privatschatulle reißen würde.

„Der CSU-Kreisvorstand hat bei seiner konstituierenden Sitzung am 6. Juli beschlossen, dass die Kandidatinnen und Kandidaten, die die Chance haben, in den nächsten Bayreuther Kreistag einzuziehen, für die Wahlwerbung einen Eigenbeitrag in Höhe von 800,00 â (achthundert) leisten sollen“, stand da.

Gezahlt hat er schließlich: „Wenn man die Partei unterstützen will, muss man in den sauren Apfel beißen“. Was der Kandidat zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Nur die Männer und Frauen auf den ersten 30 Plätzen wurden zur Kasse gebeten. Kandidaten mit den Nummern 31 bis 60 kamen unbehelligt davon.

Kein ungewöhnlicher Vorgang sei dies, die Regelung werde seit Jahrzehnten praktiziert, hält Gudrun Brendel-Fischer (Heinersreuth) dagegen. Die stellvertretende CSU-Kreisvorsitzende (CSU-Kreischef Hartmut Koschyk befand sich gestern in Warschau und war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen) erinnert daran, dass das Geld nicht verloren ist.

Bei Misserfolg: Geld zurück

Wer gewählt werde — bisher zählte die CSU 22 Kreisräte — bekomme die Summe über Sitzungsgelder und Aufwandsentschädigung in einer Legislaturperiode leicht zurück. Wer den Sprung in den Kreistag nicht schaffe, dem würden die 800 Euro auf Wunsch aus der Parteikasse zurück erstattet.

Befördern jedoch die Wähler ein CSU-Mitglied aus dem hinteren Drittel der Liste dank der im bayerischen Kommunalwahlrecht möglichen persönlichen Wahl in den Kreistag, muss er den „Eigenbeitrag“ nachträglich berappen. Sei ein Kandidat in einer schwierigen finanziellen Lage oder handele es sich um Studenten, dann zeige sich die Partei natürlich kulant, versichert Landtagsabgeordnete und Kreisrätin Brendel-Fischer.

Ähnliches berichtet die Junge Liste, ein kleiner überparteilicher Verein mit 32 Mitgliedern, der dem Nachwuchs eine Chance geben will. Die JL kassierte von ihren Kreistagskandidaten Nummer eins bis fünf jeweils 600 Euro. So habe man zumindest 3000 Euro für Wahlkampfzwecke zur Verfügung, betont Vorsitzender Matthias Brendel (Ahorntal), wovon wiederum die Kandidaten profitieren würden: Sie könnten auf den Rückhalt und die Wahlkampagne des Vereins bauen.

Wer von den fünf an der Listenspitze wider Erwarten nicht gewählt wird — bisher stellte die JL fünf Kreisräte — erhält sein eingelegtes Geld zurück. Die Sieger jedoch könnten ihre Auslagen durch Sitzungsgelder refinanzieren.

Ganz anders sieht das Hans Hümmer (Pegnitz-Trockau), Spitzenkandidat der Freien Wähler. „Wir sind froh, genügend qualifizierte Kandidaten zu haben, Geld darf hier keine Rolle spielen.“ Der 15- bis 20 000 Euro teure Wahlkampf werde über Spenden der Mandatsträger bezahlt, auch durch einen Beitrag von ihm. Mitgliedsbeiträge werden nach Hümmers Angaben aber nicht erhoben. Jedoch überlege man, nach der Wahl die Kandidaten um eine Spende zwischen 50 und 100 Euro zu bitten.

Nase gerümpft

Längst nicht alle politisch Aktiven sind mit den „Eigenbeiträgen“ im Wahlkampf einverstanden. Nicht nur Parteimitglieder rümpfen die Nase über die Forderungen der CSU.

Naturgemäß sehen auch die Sozialdemokraten das Gebaren ihrer politischen Konkurrenz kritisch. Uwe Raab, Bürgermeister in Pegnitz und außerhalb der Legislaturperiode gewählt, verweist darauf, dass seine Partei nur Mitgliedsbeiträge und Spenden verwendet, um einen Wahlkampf zu führen.

Andernfalls setze man sich dem Verdacht aus, auf der Wahlliste nur dann einen vorderen Platz zu bekommen, „wenn ich finanziell potent bin“. Das wolle man unter allen Umständen vermeiden. Uwe Winkelmaier, der Pegnitzer SPD-Chef, hält die CSU-Regelung für „moralisch bedenklich“. „Das würden wir niemals machen. Bei uns wird keiner verpflichtet zu zahlen“, sagt er.

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