An diesen Bahnhöfen rund um Neumarkt hält kein Zug mehr

23.8.2020, 10:27 Uhr
An diesen Bahnhöfen rund um Neumarkt hält kein Zug mehr

© Foto: Franz Xaver Meyer

"Bockl" nannte man die alten Dampfloks, die durch die oberpfälzische Landschaft schnauften. Später wurden sie von Dieselloks abgelöst, ehe die Zeit der Lokalbahnen sich in den 1980er Jahren dem Ende zuneigte. Nach der Einstellung des Personenverkehrs dauerte es meist nur einige Jahre, bis der letzte Güterzug abgefertigt worden war. Die Motorisierung auf dem flachen Land sorgte für den Garaus. Eilends wurden die Gleise herausgerissen, und aus mancher Trasse entstand ein Radweg.

Die Sulztalbahn von Neumarkt über Berching, Beilngries bis nach Dietfurt war mit 37 Kilometern die längste Achse, die durch den Landkreis und den nördlichsten Zipfel Oberbayerns führte. Bis zur Schlierferheide kurz hinter Sengenthal ist noch ein Rumpf vorhanden, und die Firma Bögl transportiert hier auf dem letzten Stück viele Betonfertigteile und andere Güter.

Auf dem Werksgelände liegt eingezäunt der alte Greißelbacher Bahnhof, den Max Bögl als Präsentationsraum für Schienentechnik nutzt. Vor gut 40 Jahren diente der Bahnhof als Kulisse für den preisgekrönten Film "Albert – warum?" des aus Darshofen stammenden Regisseurs Josef Rödl. In der Eingangsszene kehrt der geistig behinderte Albert aus einer Heilanstalt zurück und wird von seinem Vater am Bahnhof abgeholt. Der Greißelbacher Bahnhof ist ortstypisch aus Bruchsteinen errichtet worden, genauso wie der Bahnhof in Berching, in dem heute Räume des Reviers Berching der Bayerischen Staatsforsten untergebracht sind.

Verlängerung nach Dietfurt

Im Jahr 1888 wurde die Strecke von Neumarkt bis Beilngries eröffnet. Es folgte 1909 die Verlängerung bis Dietfurt. Während der alte Beilngrieser Bahnhof noch steht, jedoch nicht mehr wie noch vor einigen Jahren als Gastwirtschaft dient, fiel das Dietfurter Stationsgebäude längst der Spitzhacke zum Opfer. Bis zum 25. September 1987 fuhren täglich mehrere Personenzugpaare vorwiegend mit Schülern und Pendlern von Neumarkt nach Beilngries, der Zugverkehr nach Dietfurt wurde schon 1966 eingestellt. Dicht von Bäumen und Büschen ist der alte Mühlhausener Bahnhof umrankt, der eigentlich ein normales Privathaus ist. Wo einst die Gleise verliefen, stehen heute Wohngebäude. Der Stationsname "Mühlhausen/Sulz" ist noch zu lesen, ein Buchstabe hat sich abgelöst und den Namen "Fahrkartenverkauf" muss man wegen fehlender Buchstaben mühsam entziffern.

An diesen Bahnhöfen rund um Neumarkt hält kein Zug mehr

© Foto: Franz Xaver Meyer

Bis vor wenigen Jahren hatte die ehemalige Agenturinhaberin hier ihr Zuhause. Sie verkaufte vor Jahrzehnten Fahrkarten und fertigte die Züge ab. Die alte Trasse ist inzwischen vielfach überbaut, und als Radler wird man entlang des Alten Kanals geführt. Streckenweise kann man aber noch die alte, asphaltierte Bahnlinie entlang der alten B 299 nutzen.

Von Greißelbach zweigte eine Strecke nach Freystadt ab. Der Freystädter Bahnhof steht vor den Toren der Stadt und wird bewohnt. Auf oder in der Nähe der alten Bahntrasse kann man zwischen Greißelbach und Rocksdorf radeln. Nur wenige Jahrzehnte, von 1882 bis 1960, dampfte der Freystädter Bockl durch Felder und Wiesen. Seit 1968 steht das letzte Exemplar der Baureihe "98 507" vor dem Ingolstädter Hauptbahnhof.

Eröffnung im Jahr 1902

Noch drei alte Bahnhöfe kann man auf der ehemaligen, knapp 15 Kilometer langen Lokalbahnstrecke zwischen Burgthann und Allersberg sehen. Im Jahr 1902 fand die Eröffnung statt, und im Jahr 1973 fuhr der letzte Zug. Das Mühlbachviadukt, ein bei Hobbyfotografen beliebtes Motiv, war baufällig und eine Sanierung wäre bei den geringer gewordenen Fahrgastzahlen zu teuer gewesen.

An diesen Bahnhöfen rund um Neumarkt hält kein Zug mehr

© Foto: Franz Xaver Meyer

In Pyrbaum, Seligenporten und Allersberg stehen noch die alten Empfangsgebäude, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut worden sind. Am zweigeschossigen Pyrbaumer Bahnhof mit schmucker Sandsteingliederung ist das von üppigem Grün teilweise zugewachsene Stationsschild gerade noch erkennbar. Der Bahnhof ist in privater Hand. Wo früher die Gleise verliefen, ist jetzt ein gepflegter Garten. Bäume wachsen in den Himmel und nichts mehr lässt erkennen, dass hier vor einem knappen Jahrhundert ein Zug gehalten hat, würde man die Hinweise auf einer Informationstafel übersehen.

An diesen Bahnhöfen rund um Neumarkt hält kein Zug mehr

© Foto: Franz Xaver Meyer

Auch in Seligenporten ist das Stationsgebäude, das dem in Pyrbaum ähnelt, in Schuss und wird von einem Ingenieurbüro genutzt. Von Unterferrieden nach Seligenporten führt der gut sieben Kilometer lange Bocklbahnradweg. Immer wieder erkennt der Radler oder Wanderer den alten Bahndamm, und hie und da findet man noch alten Gleisschotter. Endstation der Lokalbahn war der Markt Allersberg. Im repräsentativen, zweistöckigen Fachwerkgebäude durfte das Lokpersonal übernachten, wenn gegen 9 Uhr abends der letzte Zug eingetroffen ist. Bald nach 4 Uhr morgens ging es wieder in Richtung Burgthann los. Heute ist im alten Allersberger Bahnhof die Bücherei des Marktes untergebracht.

Endstation der Nebenbahn

Lauterhofen war von 1903 bis 1972 Endstation der Nebenbahn von Amberg über Kastl. Zuvor musste der Bockl über die Bogenbrücke fahren, heute eines der Wahrzeichen von Lauterhofen. Im großen Bahnhof mit drei Stockwerken sind Schulungsräume für die benachbarte Feuerwehr. Auf der alten Trasse kommt man nach Kastl.

Aus dem ehemaligen Bahnhof wurde eine Cappuccino-Station. Im Innern kann man auf alten Postkarten und Zeitungsausschnitten bei Kaffee, Eis oder Pizza über die alte Lokalbahnlinie schmökern. Außen stehen Info-Tafeln. Teile des Schweppermann-Radwegs erinnern an den ehemaligen Streckenverlauf.

Stolz waren einst die Orte, als sie gegen Ende des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts Bahnanschluss bekamen, sozusagen damals das Tor zur weiten Welt. Schnell bekamen die Straßen, die zu den Stationen führten, den Namen "Bahnhofstraße", mit dem man sich schmücken konnte. Der Name "Bahnhofstraße" ist geblieben, auch wenn schon vor Jahrzehnten der Pfiff für die Abfahrt des letzten Zuges ertönt ist und der Fremde vergeblich nach einem Zuganschluss sucht. Die Bahnhöfe stehen heute auf der Denkmalliste.

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