Neumarkter Caritas richtet "Offenen Treff" ein

Demenz bei Jüngeren: Immer noch ein Tabuthema

8.9.2021, 06:00 Uhr
Unerklärliche Aussetzer im Alltag und im Beruf: Auch Menschen weit unter 65 Jahren können an Demenz erkranken.

© imago stock&people, imago/McPHOTO Unerklärliche Aussetzer im Alltag und im Beruf: Auch Menschen weit unter 65 Jahren können an Demenz erkranken.

Sie stehen mitten im Leben, mitten im Beruf. Und trotzdem können auch Menschen schon weit vor dem "Alter" an Demenz erkranken. "Leider wird dieses Thema oft als Tabu angesehen, besonders im ländlichen Raum", sagt Josef Bogner, Geschäftsführer der Caritas-Sozialstation Neumarkt. "Die Betroffenen oder seine Angehörigen haben häufig Hemmungen preiszugeben, dass der eigentlich doch noch gar nicht so alte Mensch an Demenz erkrankt ist."

Tagespflege bisher nur für Senioren

Doch das ändert sich langsam und bei der Tagespflege der Caritas klopfen inzwischen immer wieder Leute an, die nach einer Kurzzeit-Betreuung für noch jüngere Demenzkranke fragen. "Doch für diese Betroffenen passt unser bisheriges Angebot nicht, weil es auf Senioren zugeschnitten ist", sagt Gisela Stagat, Teamleiterin der Tagespflege in der Friedensstraße.

Deshalb möchte die Caritas-Sozialstation Neumarkt im Oktober einen "Offenen Treff" für an Demenz erkrankte Menschen zwischen 45 und 65 Jahren und deren Angehörige starten. Leiten wird ihn Gisela Stagat und Bereichsleiterin Sonja Larisch, dann schon im neuen Caritas-Haus in der Friedensstraße 23, gegenüber von der AOK.

Neues Angebot für ein "Tabuthema": Initiatorin Gisela Stagat stellt gemeinsam mit Josef Bogner (li.), Chef der Caritas-Sozialstation Neumarkt, und Caritas-Vorstand Wendelin Kiefer den Offenen Treff für jung an Demenz erkrankte Menschen vor.

Neues Angebot für ein "Tabuthema": Initiatorin Gisela Stagat stellt gemeinsam mit Josef Bogner (li.), Chef der Caritas-Sozialstation Neumarkt, und Caritas-Vorstand Wendelin Kiefer den Offenen Treff für jung an Demenz erkrankte Menschen vor. © Athina Tsimplostefanaki, NN

Eine solche ambulante, niedrigschwellige Begegnungsstätte für Patientinnen, Patienten und Angehörige, die auch ungemein wertvoll zum gegenseitigen Austausch von Erfahrungen mit der Demenz ist, gibt es bis jetzt nur in Ballungsräumen wie Nürnberg oder München. "Wir wollen so ein Angebot jetzt aufs Land bringen", erklärt Josef Bogner.

Die Betreuungsgruppe sei vorerst auf zehn Plätze angelegt: "Man braucht keinen Krankenschein, das Angebot wird aber von den Krankenkassen gefördert." Der Treff der Demenzkranken ist dann einmal wöchentlich, Angehörige können sich einmal im Monat zu gleichen Zeit im Beisein einer Fachkraft austauschen.

Viel Bewegung

Initiatorin Gisela Stagat erstellte das Konzept für die neue Anlaufstelle. Kooperationen mit Sportvereinen und Kultureinrichtungen, aber auch Kochen sind Bestandteile des Konzepts. "Überhaupt viel Bewegung", sagt die gerontopsychiatrische Fachkraft, "denn Demente in diesem Alter sind ja weitgehend nur kognitiv eingeschränkt, nicht körperlich."

Statistischen Angaben zufolge ist etwa jeder Tausendste von dieser frühen heimtückischen Demenzkrankheit betroffen. Die Diagnose ist für "mittelalte" Menschen und ihre Lieben ein noch größerer Schlag ins Gesicht als bei Senioren.

Erst wird "Burnout" vermutet

Symptome sind etwa plötzliche Verständnis-Schwierigkeiten oder eine zuvor unbekannte Distanziertheit und Gleichgültigkeit gegenüber dem Partner oder den Kindern. "Manche fahren dann nur noch Fahrrad oder essen sehr viel", sagt Stagat.

Und weil man heutzutage bei Berufstätigen erst einmal auf "Burnout" tippt, dauere es nicht selten ein bis zwei Jahre, bis der wahre Grund für die Aussetzer oder die Verhaltensänderung erkannt werden.

Weitere Infos zum offenen Treff unter (0151) 70731543 oder www.caritas-sozialstation-neumarkt.de

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