Erinnerung an die Neumarkter Passionsspiele gibt Kraft

1.4.2021, 06:00 Uhr
Erinnerung an die Neumarkter Passionsspiele gibt Kraft

© Foto: Franz Xaver Meyer

Eine Parallele gab es allerdings, als die Friseure geschlossen hatten: Mit ungebremst sprießender Haar- und Barttracht hörten manche die Frage, ob das schon die Vorbereitung auf die nächsten Passionsspiele sei.

Inzwischen haben die Friseure wieder offen, doch in der Fastenzeit gehen die Gedanken der Beteiligten besonders häufig zurück zu diesem halben Jahr der Vorbereitungen, der Proben und Aufführungen.

Vor allem das innige Miteinander bleibt in Erinnerung: "Wir sind eine Passionsspielfamilie, das ist nicht nur so dahergesagt – wir haben uns von Oktober 2018 bis Ostern 2019 jedes Wochenende gesehen", sagt Christus-Darsteller Thomas Fries.

Echte Freundschaften

Da seien echte Freundschaften gewachsen. "Die Erinnerung an die Passionsspiele begegnet einem das ganze Jahr über, aber in der Fastenzeit verstärkt", sagt Fries: Manche posten auf Facebook Fotos von Proben, Premiere oder besonderen Momenten. "Da denken wir gern und wehmütig zurück."


Eindrücke von der Premiere 2019


Vor allem für diejenigen der rund 500 Beteiligten, die 2019 zum ersten Mal dabei waren, bedauert Fries, dass die Jahrestreffen der Passionsspieler schon seit vergangenem Jahr nicht stattfinden können.

Erinnerung an die Neumarkter Passionsspiele gibt Kraft

© Foto: Franz-Xaver Meyer

Das sei im Kolpinghaus immer ein schöner Termin gewesen, "man sieht ja doch nicht alle ständig, und da freue ich mich jedes Mal, wenn sich die große Runde wieder trifft."

Corona hatte keiner auf dem Zettel

Gleichzeitig sind alle, die 2019 mitgemacht haben, auch dankbar, dass die Neumarkter Aufführungen noch gut auf und über die Bühne gehen konnten. "Was wäre, wenn die Pandemie ein Jahr früher gekommen wäre? Den Gedanken hatte ich gleich, als das mit Corona losging", sagt Franz Ebenhöch, der gemeinsam mit Franz Düring die Spiele 2019 geleitet hat. Dass so etwas die ganze Welt lahmlegen könnte, "hat niemand auch nur im geringsten im Hinterkopf gehabt."

Eher sei man noch auf andere Notlagen vorbereitet gewesen, auf eine Bedrohung von irregeleiteten Personen etwa.Doch Corona hatte keiner auf dem Zettel. Die Vorbereitungen, die Investitionen, das große Engagement wären verpufft. Die Pandemie hätte alles gestoppt.

"Wir denken oft an die Kollegen an anderen Orten, etwa in Oberammergau oder im Allgäu, die jetzt verschieben mussten", so Ebenhöch weiter. "Wir haben ein großes Glück gehabt." Auch in anderen Belangen: Die Tribüne habe man im Januar 2019 bei schönem Wetter draußen streichen können.

"Alles hat toll geklappt"

Erinnerung an die Neumarkter Passionsspiele gibt Kraft

© Foto: Wolfgang Fellner

Es habe keine Unfälle gegeben, so vieles sei gut gelaufen. Dazu das "einmalige Beisammensein" von allen Beteiligten, ob vor oder hinter der Bühne. "Alles hat toll geklappt, wie am Schnürchen."

Auch Sabine Radschinsky denkt voller Dankbarkeit zurück. "Toll war das, und für mich eine Ehre, die Maria zu spielen", sagt sie: "Maria ist in meinem Herzen, ich bin da beim Spielen reingeschlüpft, sonst hätte ich das nicht so gekonnt."

"Habe Zeitlang, dass wir uns mal wieder treffen"

Das ist einer der besonderen Aspekte für sie: die Art der Spiele und die enge Verbindung zum Glauben. Dazu kommt das Miteinander mit den anderen Aktiven. Es habe ein halbes Jahr lang in erster Linie Arbeit und die Passionsspiele, daneben kaum Freizeit, gegeben. Sie habe gesehen, jeder Einzelne ist wichtig. "Ich habe schon Zeitlang danach, dass wir uns mal wieder treffen", sagt sie.

Für Stadtpfarrer Norbert Winner, der die Spiele geistlich begleitet hat, ist die Fastenzeit eine besondere Reminiszenz an die Passionsspielzeit. "Wenn ich nun schon seit mehreren Wochen die Passion in der Kirche vortrage, kommen mir unmittelbar die lebendigen Bilder der Aufführung in den Kopf", sagt er. Andere, die schon im Heiligen Land gewesen seien, erinnerten sich vielleicht an den Garten Gethsemane oder an Jerusalem. Er aber war nie in Israel, er sehe vorm inneren Auge Szenen aus den Neumarkter Passionsspielen.


Video: Die letzte Aufführung am Karfreitag 2019


 

Viel Schwung und Begeisterung

Auch der Domkapitular ist zutiefst dankbar, dass die Neumarkter Aufführungen vor der Pandemie waren. Schließlich habe es viel Schwung und Begeisterung gegeben, viele Vorarbeiten und viel Geld waren nötig – wenn dass einfach storniert wird, sei das ein schwerer Schlag.

 

Hoffnungsvoll finden Winner und die Passionsspieler die Aussicht auf 2022: Da gilt es, das Jubiläum 100 Jahre Passionsspiele in Neumarkt zu feiern. Das soll mit einigen Szenen aus den Spielen passieren, die etwa zwei Wochen vor Ostern im Münster St. Johannes aufgeführt und per Livestream übertragen werden sollen.

Konzept für abgespeckte Variante

Dazu ist auch Regisseur Michael Ritz an Bord, der schon ein Grundkonzept für die abgespeckte Version erarbeitet und sich mit Peter Bruckschlögl über die musikalische Gestaltung ausgetauscht hat. "Entscheidende Szenen mit einem Kommentarteil" plant er, rund 50 Spieler im Altarraum seien vorgesehen.

Zwar "wissen wir nicht, was in einem Jahr ist, aber irgendwie muss es ja weitergehen", sagt Ritz. Sein Leitsatz gerade sei "nur nicht verrückt machen lassen". Er hat einige Projekte, die er mit momentan ungewissen Aufführungschanchen betreut – unter anderem stehen in Sulzbach-Rosenberg die Knorr-von-Rosenroth-Schlossfestspiele heuer im Juli im Plan und die Soester Fehde im August.

"Gemeinsam was künstlerisch umsetzen"

Er freut sich auf die weiteren Besprechungen, die im Mai geplant sind, auf die Begegnungen mit den Passionsspielern und -organisatoren und vor allem darauf, "wieder gemeinsam künstlerisch etwas umzusetzen". Denn in diesen Zeiten zeige sich: "Wenn wir Erinnerungen an sowas wie die Passionsspiele in uns tragen, gibt uns das Kraft."

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