Drei Übergabe-Orte

Extremer Fall von Telefonbetrug: Seniorin aus Stein übergibt 600.000 Euro

23.2.2022, 09:15 Uhr
Eine Seniorin aus Stein übergab Trickbetrügern mehrere hunderttausend Euro in bar.

© Bernd Wüstneck, dpa Eine Seniorin aus Stein übergab Trickbetrügern mehrere hunderttausend Euro in bar.

Wie die Polizei erst jetzt mitteilte, ereignete sich der gewaltige Trickbetrug schon am 16. Februar. Im Laufe dieses Tages kam die Seniorin aus Stein zu drei Geldübergaben. Es fing gegen 14 Uhr an, als die Frau den Anruf eines angeblichen Polizeibeamten erhielt. Der Anrufer gab sich als "Herr Weber" aus und teilte der Dame mit, ihr Sohn hätte einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein 17-jähriges Mädchen verstorben sei. Der vermeintliche Polizeibeamte forderte die Zahlung einer Kaution in Höhe von 65.000 Euro.

Die Seniorin, die dem Anrufer Glauben schenkte und auf Grund des vorgetragenen Sachverhalts unter Schock stand, begab sich daraufhin mit dem Pkw nach Neumarkt und übergab gegen 15.25 Uhr den geforderten Geldbetrag. Im Vorfeld war ihr eine Adresse genannt worden, an der sich das Gericht in Neumarkt befinden solle. Dort angekommen - die Täter waren nach wie vor über Telefon mit ihr verbunden - konnte sie dieses nicht finden und fragte nach, was sie nun tun solle. Man sagte ihr, dies sei kein Problem, ein Gerichtsdiener käme sofort heraus. Kurze Zeit später tauchte der vermeintliche Gerichtsdiener tatsächlich an ihrem Pkw auf und die Frau übergab das Geld.

Als sie zu Hause angekommen war, erhielt sie erneut einen Anruf des "Herrn Weber". Dieser teilte ihr mit, dass neben der übergebenen Kaution auch noch Wiedergutmachungsgeld für die Familie des getöteten Mädchens zu zahlen sei. Hier wurde ein Geldbetrag von 285.000 Euro gefordert. Die Frau nahm auch diese Forderung als gegeben hin und machte sich zunächst auf den Weg nach Nürnberg, wo die zweite Übergabe stattfinden sollte. Auf dem Weg dorthin wurde sie jedoch noch einmal angerufen und nach Würzburg beordert. Dort übergab sie dann gegen 20:30 Uhr das geforderte Wiedergutmachungsgeld.

Wieder zu Hause, wurde sie nochmals von "Herrn Weber" kontaktiert. Dieser übergab das Telefongespräch an einen angeblichen "Herrn Ludwig" von der Generalstaatsanwaltschaft. Auch hier handelte es sich wiederum um einen Betrüger und Komplizen des "Herrn Weber". Der vermeintliche Staatsanwalt erklärte der Dame, dass der übergebene Geldbetrag viel zu gering sei. Für eine minderjährige Frau müsse mehr Geld bezahlt werden, dies sei von der Polizei falsch kommuniziert worden. "Herr Ludwig" forderte weitere 450.000 Euro.

Dem Sohn ging es gut

Da die Frau angab, lediglich über weitere 250.000 Euro zu verfügen, erklärte sich ihr Gegenüber telefonisch einverstanden und es wurde ein Übergabeort im Nürnberger Norden vereinbart. Hier wurde sie auf dem Weg noch einmal umgelotst, sodass die dritte Übergabe dann gegen 0.20 Uhr im Bereich Nürnberg-Langwasser stattfand.

In einem letzten Telefonat nach der Übergabe teilten ihr die Täter mit, sie werde am nächsten Morgen vom Gericht angerufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Da dieser Anruf auf sich warten ließ, nahm sie Kontakt zu ihrem Sohn auf, der ihr mitteilte, dass es ihm gut gehe und er nie einen Unfall gehabt habe.

Im Schockzustand

Insgesamt wurde die Geschädigte am besagten Mittwoch mehrere Male von unterschiedlichen Personen angerufen. Diese gaben sich jeweils als Polizeibeamte bzw. Staatsanwälte aus. Sie wurde durch äußerst geschickte und seriös erscheinende Gesprächsführung dazu bewegt, in drei verschiedenen Städten insgesamt 600.000 Euro an vollkommen unbekannte Personen zu übergeben.

In einem ersten Gespräch mit einem Beamten der ermittelnden "echten" Kriminalpolizei erklärte die Steiner Seniorin, sie sei nach der Mitteilung über den Unfall ihres Sohnes in einer Art Schockzustand gewesen. Die Täter hätten ihr keinen Anlass zum Zweifeln gegeben, da sie äußerst seriös auf sie wirkten, in akzentfreiem Deutsch mit ihr sprachen und für sie zu keiner Zeit irgendwelche Widersprüche erkennbar waren.

Die Täter hätten sie fast durchgehend in der Telefonleitung gehalten und ihr eingebläut, sie dürfe niemandem etwas erzählen, da dies gegen datenschutzrechtliche Regelungen verstoßen würde. Getrieben von der Angst um ihren Sohn, tat sie alles, was ihr aufgetragen wurde. Bankmitarbeiter, die eventuell auf Grund der hohen Abhebesummen hellhörig hätten werden können, waren nicht involviert.


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