Hinter dem Neuen Markt mit Hitlergruß posiert

23.5.2019, 10:55 Uhr
Hinter dem Neuen Markt mit Hitlergruß posiert

Laut Anklage hatten sich die sechs jungen Leute, die zwischen 16 und 21 Jahre alt sind und entweder noch zur Schule gehen oder sich in Ausbildung befinden, am 7. November 2018 im Park hinter dem Einkaufszentrum Neuer Markt getroffen, dort kräftig Alkohol getrunken und Musik gehört. Beim Lied vom guten Kameraden ("Ich hatt’ einen Kameraden...") zeigten sie laut Aussage von Augenzeugen alle den Hitlergruß.

Sechs Geständnisse

Jugendrichter Marcel Dumke knöpfte sich die Angeklagten nacheinander vor. Er ließ sich nochmal den Tathergang schildern, wollte wissen, wie lange der Hitlergruß gezeigt worden war, wer angefangen hatte, ob jemand mit einer Bierflasche in der Hand gegrüßt und Prost gerufen hatte, ob den Jugendlichen bewusst gewesen war, dass sie etwas Verbotenes tun.

Es folgten sechs Geständnisse, wenngleich manche zunächst Erinnerungslücken wegen des hohen Alkoholkonsums geltend machten.

Weil vier Angeklagte noch nicht strafrechtlich vorbelastet waren und Staatsanwältin Sabrina Pätzold nicht auf einer Strafverfolgung bestand, stellte Dumke die jeweiligen Verfahren gegen eine Auflage ein. Die vier Jugendlichen müssen bis zum 31. August jeweils 20 Stunden gemeinnützige Arbeit geleistet haben.

Das einzige Mädchen in der Runde kam nicht ganz so glimpflich davon. Sie war letztes Jahr im Sommer nämlich im Neumarkter Stadtpark mit einem Joint erwischt worden und muss wegen des Hitlergrußes nun 40 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten.

Der Älteste unter den sechs Angeklagten – zum Tatzeitpunkt war er 20 – hatte freilich bereits vier Einträge im Bundeszentralregister vorzuweisen: zweimal Diebstahl, einmal Sachbeschädigung und zuletzt, im Jahr 2016, hatte er ebenfalls schon einmal zusammen mit anderen öffentlich in Vaterstetten den Hitlergruß gezeigt und "Sieg Heil" gerufen.

Für diese Tat war er zu 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. Was ihn offensichtlich nicht davon abgehalten hatte, es wieder zu tun, wie Richter Marcel Dumke feststellte.

Reiferückstände erkannt

Er habe schon damals viel getrunken, brachte der Angeklagte vor. Tamara Münchsmeier von der Jugendgerichtshilfe bestätigte, dass der Jugendliche seit seinem 15. Lebensjahr trinkt, unter ADHS und Schlafstörungen leidet, zeitweise in therapeutischen Jugendhilfeeinrichtungen aufwuchs, inzwischen aber wieder bei seiner Mutter lebt.

Das Verhältnis zum Vater – die Eltern sind geschieden – sei gestört. Trotzdem habe der junge Mann das Fachabitur geschafft und mache nun eine Ausbildung. Münchsmeier erkennt bei ihm Reiferückstände und plädierte deshalb für die Anwendung von Jugendstrafrecht.

Suchtberatung und Alkoholverbot

Das hielt auch die Staatsanwältin für "noch angemessen". Sie forderte einen Freizeitarrest, Suchtberatung und ein Alkoholverbot. Richter Dumke verurteilte ihn wegen des Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation zu einem Wochenende Freizeitarrest und fünf Suchtberatungsgesprächen bei der Neumarkter Diakonie. Außerdem muss der 21-Jährige, der als Azubi knapp 600 Euro netto verdient, die Verfahrenskosten tragen.

Er habe bei ihm die Reue vermisst, sagte Dumke: "Ich bin überzeugt, dass die Tat ihrer politischen Gesinnung entspricht." Er stellte dem jungen Mann in Aussicht, im Wiederholungsfall nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt zu werden.

"Sie mussten sich alles erkämpfen im Leben, schmeißen sie das nicht weg", ermahnte ihn der Richter. Der Angeklagte akzeptierte das Urteil.

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