"Jeder Abel hat seinen Kain"

13.11.2018, 10:13 Uhr

© F.: H. Sturm

Zehn Tage im November widmen evangelische und katholische Christen dem "Frieden in Gerechtigkeit" ihre besondere Aufmerksamkeit. Sie feiern miteinander Gottesdienste, beten für den Frieden und sprechen über die Ursachen von Kriegen.

Seit 26 Jahren sorgt ein ökumenisches Team dafür, das Thema Frieden ins Bewusstsein der Menschen zu bringen und dafür zu beten. Sie legen gemeinsam ein biblisch orientiertes Thema für alle Kirchengemeinden fest. Für 2018 ist dies der "Brudermord — damals und heute".

Mittels einer Dialogpredigt widmeten sich Dekanin Murner und Pfarrer Herbert der biblischen Urgeschichte von Kain und Abel und entwickelten sie in unsere heutige Zeit weiter. "Es ist eine Urgeschichte von dem Gefühl, nicht gesehen zu werden, zu kurz zu kommen, von aufgestauter, stummer Wut, die sich unheilvoll ihren Weg bahnt. Sie sind sich nah. Sie sind sich fern. Sie sind Brüder und sind sich doch fremd." Sie leben ihr Leben, bringen dem Herrn Opfer, tun somit im Grunde das Gleiche und kommen doch nicht gleich gut an. "Der eine findet Beachtung, der andere fällt durch und weiß nicht warum. Es sind Kränkungsgeschichten, die ganz tief gehen und weh tun. Das Leben ist ungerecht. Ist Gott ungerecht?"

Man könne die Unterschiede zwischen uns Menschen nicht leugnen, sagte Dekanin Murner, egal ob man zu den Begünstigten oder den Vergessenen zählt. Exakt um diese Position geht es. Wie gehe ich mit den Unterschieden und der Ungerechtigkeit des Lebens um? Was tust Du, um deinem gebeutelten Bruder, deiner gebeutelten Schwester beizustehen? Aber auch, welchen Raum gebe ich meiner Wut, meinem Neid? Verschließe ich meine Augen vor der Lösung?

Brudermord der Gegenwart

"Jeder Abel hat seinen Kain", mit dieser Aussage lenkte Pfarrer Herbert den Blick auf den Brudermord der Gegenwart, in Vielvölkerstaaten wie dem Südsudan, Myanmar oder Syrien, wo sich der Brudermord längst in einen Völkermord gewandelt hat.

Wie sich "Bruderkriege" durch Machtteilung lösen lassen, zeigt er anhand der Familiengeschichte der "Aldi-Brüder" auf. Sie haben ihr Imperium in Nord und Süd aufgeteilt.

Es sei nicht leicht zu verstehen, dass Gott auch das Weiterleben derer will, die schwere Schuld auf sich geladen haben, wie zum Beispiel Terroristen. "Leben sollst du als Gezeichneter zwar, aber leben." Dekanin Murner schloss mit der Botschaft: "Wenn Gott Hoffnung hat für Kain, sollten wir nicht kleinlicher sein. Wer weiß, vielleicht sind auch wir einmal darauf angewiesen."

Zum Thema Frieden "malte" Pfarrerin Claudia Kuchenbauer zwei Bilder. Das idyllische Haus am See, aus dessen Schornstein Rauch aufsteigt und auf Wärme und gutes Essen schließen lässt. Ist das Frieden? Oder zeigt sich der Friede besser in der wild zerklüfteten und von Blitzen durchzuckten Bergwelt, wo ein Vogelnest in einer Felsspalte Schutz findet?

Pfarrerin Katrin Bauer von "Mission EineWelt" verteilte zum Ende des eineinhalbstündigen Gottesdienstes die mitgebrachten Friedenslichter für die Pfarreien und Kirchengemeinden.

Eine Botschaft dieser Friedensdekade 2018 ist: "Schließt von eurer Liebe eure Feinde nicht aus! Fragt nicht, ob eure Liebe erwidert wird, fragt vielmehr danach, ob jemand eurer Liebe bedarf!"

Keine Kommentare