Kein Drogenhandel, sondern "leichtsinnige Gefälligkeit"

16.12.2018, 16:38 Uhr
Kein Drogenhandel, sondern

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Diese Kontakte hatten ihn vor das Jugendgericht Neumarkt gebracht. Staatsanwältin Dorothea Müller-Höll warf ihm unerlaubtes Handeltreiben mit Rauchgift in zwei Fällen vor – Tatort Berufsschule. Im Laufe der Verhandlung blieb aber dann nur noch eine Gefälligkeit außerhalb des Gesetzes und des Schulbereichs übrig. Allerdings handelte es sich um geringe Mengen Amphetamin.

Der Angeklagte konnte glaubhaft versichern, dass er von einem Bekannten, der von seinen Verbindungen ins Dealer-Milieu wusste, gebeten worden war, ihm etwas Amphetamin zu besorgen. Er habe keinen Gewinn erzielen wollen und das Rauschgift zum Einkaufspreis weiter gegeben.

Rechtsanwalt Geedo Paprotta stieß sich an dem von der Staatsanwaltschaft ohne Analyse angenommenen Wirkstoffgehalt von zehn Prozent. Das sei ein formaljuristischer Kniff, um Strafbarkeit herzustellen. Er gehe davon aus, das die Drogen stark verschnitten worden seien. Das lehre die Erfahrung. Sein Mandant und sein Abnehmer seien vermutlich ordentlich über den Tisch gezogen worden.

Nach Jugendstrafrecht

Die Erfahrung lehre vielmehr, hielt ihm Richter Marcel Dumke entgegen, dass sich der Prozentsatz wirksamer Substanz um eben diesen Wert von zehn bewege. Dieser kleine Nebenkriegsschauplatz war aber nicht entscheidend. Eher schon die Aussage des "Kunden", der die Version des Angeklagten, er habe um die Vermittlung gebeten, bestätigte. Er habe bezahlt, was verlangt worden war, und auch nicht nachgeprüft, wie viel Gramm er genau bekommen hatte.

Petra Engster von der Jugendgerichtshilfe konnte dem Gericht nicht erklären, welche Hintergründe die Belastungsstörungen des jungen Mannes haben. Er habe sich ihr nicht geöffnet. Sie könne aber sagen, dass damit Reiferückstände verbunden seien, die es nahe legten, ihn nach dem Jugendstrafrecht zu beurteilen, obwohl er zum Tatzeitpunkt bereits 20 Jahre und sechs Monate alt war.

Vom Vorwurf des "Handeltreibens" rückte die Staatsanwältin ab und sprach von einer "leichtfertigen und unerlaubten Gefälligkeit", juristisch "Abgabe von Betäubungsmitteln" genannt und durchaus strafbar. Auf Grund der seelischen Probleme des Angeklagten kam für sie eine Haftstrafe nicht in Betracht. Sie plädierte für eine Geldauflage von 1500 Euro. Dabei kehrte sie die beiden geringfügigen, aber einschlägigen Vorstrafen des 21-Jährigen nicht unter den Teppich, erkannte aber an, dass er sich die Drogen tatsächlich zu eher medizinischen Zwecken besorgt hatte.

Das habe sein Mandant jetzt zum Glück nicht mehr nötig, erklärte Geedo Paprotta und legte dem Gericht ein ärztliches Attest vor, das dem jungen Mann auf Grund der Gesetzesänderung in diesem Jahr nun den legalen Erwerb von Marihuana auf Rezept erlaube.

Paprotta unterschlug aber auch nicht, dass es eine bösartige Substanz ist, die der Angeklagte für seinen Bekannten besorgt hatte. Er hoffe für den Zeugen, dass er "von diesem Teufelszeug" los komme. Die Leichtfertigkeit seines Mandanten sei nicht entschuldbar, die Vorgehensweise der beiden jungen Männer aber sehr linkisch gewesen. Mit 1500 Euro Geldauflage könne er leben. Das täte seinem Mandanten schon weh.

Soll es auch, fand Richter Marcel Dumke und übernahm die Forderung der Staatsanwältin. Adresse für den warmen Geldregen ist der Kinderschutzbund. Die Kosten des Verfahrens trägt der Angeklagte.