Neue Strom-Trasse kommt – noch ist offen, wohin genau

20.2.2019, 16:39 Uhr
Neue Strom-Trasse kommt – noch ist offen, wohin genau

© Foto: Wolfgang Fellner

Und dabei beließen es die drei Tennet-Mitarbeiter denn auch, die derzeit eine Charme-Offensive entlang der Trasse von Raitersaich nach Altheim führen. Man kann es ihnen auch gar nicht verdenken – genauso wenig wie den Bürgern entlang der alten Trasse, die durch eine neue, größere ersetzt werden soll (wir berichteten ausführlich) und die nun endlich sehen wollen, wo die neuen Masten stehen werden.

So war der Saal im Schloss in Postbauer-Heng mit rund 50 Zuhörern denn auch gut gefüllt: Gekommen waren neben Postbauer-Hengs Bürgermeister Horst Kratzer und zahlreichen Räten aus dem Ort auch Bürgermeister Erich Odörfer aus Altdorf, Bürgermeister Wolfgang Wild aus Berngau, Bürgermeister Heinz Meyer aus Burgthann, die 2. Bürgermeisterin aus Schwarzenbruck, Jenny Nyenhuis, der Winkelhaider Bürgermeister Michael Schmidt und zahlreiche andere Stadt- und Gemeinderäte aus diesen Anrainer-Kommunen der Juraleitung, im Techniker-Sprech P53. Die soll die bisherige 220-kV-Leitung ersetzen, dann 380 kV transportieren. Der Abend war bewusst als Arbeitstagung gehalten, zu der neben Gemeindevertretern noch BI-Mitglieder zugelassen waren.

Was sie zu sehen bekamen? Die Mitarbeiter von Tennet hatten etliches an Kartenmaterial dabei, doch alles blieb vage. Sie hatten entlang der alten Trasse, die in den 1940er Jahren entstanden war, einen breiten Korridor quer durch das Land gezogen, von Raitersaich an Schwabach Nord und Nürnberg Süd vorbei durch das Nürnberger Land nach Ludersheim, von dort über Burgthann und Postbauer-Heng quer durch den kompletten Landkreis Neumarkt nach Dietfurt.

Ambitionierter Zeitplan

Von Tennet gaben in Postbauer-Heng neben Gulich auch Projektleiter Reinhard Hüttner und Gesamtprojektleiter Peter Volkholz ihre Visitenkarten ab. Die drei spielten sich gekonnt die Bälle zu, informierten über alles, was war, stellten den Zeitplan vor und ihre Vorgehensweise. Das Raumordnungsverfahren soll 2019 abgeschlossen werden, das Planfeststellungsverfahren bis 2023 und der Bau soll 2024/25 erfolgen. Sehr ambitioniert, raunte der Saal, und die Tennet-Vertreter räumten das auch ein.

Neue Strom-Trasse kommt – noch ist offen, wohin genau

© Foto: Fellner

Geschickt stellten sie auch klar: Was sie beim Neubau der alten Trasse tun, ist, die Vorgaben der Netzagentur und Bundesgesetze umsetzen. Tennet sei zwar Monopolist, stelle ein Höchstspannungs-Netz von der Nordsee mit den Offshore-Windparks bis nach Bayern, dürfe aber als solcher nur das umsetzen, was die Netzagentur genehmige. Nur, was diese als notwendig erachte, könne Tennet bauen und abrechnen. Die Stoßrichtung war klar: Tennet baut die Trasse, aber im Auftrag.

"Das wird ein spannendes Thema für die nächste Zeit werden", sagte Postbauer-Hengs Bürgermeister Kratzer. Die alte Trasse verlaufe quer durch den Hauptort, eine Aufrüstung sei hier nicht mehr möglich. Allerdings sagte Kratzer auch: "Wir haben an die Trasse hingebaut, soweit es ging, das muss man ehrlicherweise auch sagen. In der Hoffnung, sie so eines Tages aus dem Ort zu bekommen."

Kreisel um Mast 9

Nicht anders ist das in Winkelhaid, sagte Bürgermeister Schmidt. In einem seiner Baugebiete findet sich der legendäre Mast Nummer neun, um den sich ein Mini-Kreisverkehr schmiegt. Nach einer Aufrüstung, scherzte Projektleiter Hüttner, werde es nicht mehr möglich sein, wieder so einen Kreisverkehr herzustellen. Weil die Trasse raus muss aus dem Baugebiet. Das freut die Anwohner; mit denen, in deren Nähe die Trasse dann stehen wird, will Schmidt in Feinabstimmung die beste Lösung finden. Vor allem müsse die Leitung so verlegt werden, dass dem Ort nicht die Entwicklungsmöglichkeiten für die nächsten 30 Jahre genommen werden.

Ähnlich sieht es auch Burgthanns Bürgermeister Heinz Meyer. Die alte Trasse schneide durch Ezelsdorf und Schwarzenbach, das werde nach der Aufrüstung nicht mehr möglich sein. Die Anlieger an der alten 220-kV-Leitung wüssten darum, da sei wenig zu hören, dafür seien andere interessiert, ob die Leitung nun bei ihnen lande.

Diesen Punkt wurde Peter Volkholz nicht müde zu erläutern. Die höchste Rechtsprechung sehe vor, eine "Vorbelastung" wieder zu nutzen. Das heißt, wenn bei einem die Leitung schon vorbei führt, solle sie das nach der Ertüchtigung wieder tun. Es sei nicht möglich, bei einem die Leitung abzubauen und einen anderen damit neu zu belasten. Einer der Faktoren, der die Planung maßgeblich beeinflusse.

Genauso gelte aber auch, dass die neue Leitung nur mit einem gewissen Abstand zur alten gebaut werden könne. Denn die alte stehe während des Bauvorganges unter Strom, hier werde weiter durchgeleitet. Um also gefahrlos bauen zu können, müsste schon ein gewisser Abstand eingehalten werden, der liege bei etwa 50 Metern. Dazu komme, dass die Leitung nach Bundesimmissionsschutzgesetz einen Mindestabstand zur Wohnbebauung einhalten müsse, außerdem schreibe das bayerische Landesentwicklungsprogramm einen Abstand der Masten von 400 Metern innerhalb geschlossener Ortschaften und von 200 Metern außerhalb geschlossener Ortschaften vor, so dies einzuhalten sei. Die alten Masten seien um die 35 Meter hoch, die neuen bis zu 60. Dafür werde der Abstand zwischen ihnen größer von im Moment um die 250 Meter auf dann bis zu 400 Meter. Und: Wenn die neue Trasse steht, wird die alte abgebaut.

"Ihr macht uns jetzt einen Vorschlag für die Trasse, und dann diskutieren wir den durch", forderte Heinz Meyer, als Lea Gulich die Anwesenden bat, ihr doch stichhaltig und wissenschaftlich begründete Vorschläge für den Verlauf der Trasse innerhalb des ausgewiesenen Korridors zu schicken. Meyer: "Ihr seid doch die Profis, macht einen Vorschlag, dann diskutieren wir ihn." Mit dieser Meinung war der Pragmatiker nicht allein. "Keine Grundsatzdebatten", hatte es schon vorher immer wieder geheißen, als BI-Vertreter versuchten, die Diskussion nochmal von vorn aufzurollen, um die Frage nach dem Sinn der Aufrüstung in den Fokus zu stellen oder tief in technische Details einstiegen.

,Reden wir über den Verlauf‘

Die Trasse kommt, "reden wir über ihren Verlauf", forderten die Bürgermeister unter dem Applaus ihrer Räte. Ab dem Frühsommer wird es, geht der Zeitplan auf, genügend Gelegenheiten dazu geben. Da sollen die Pläne auf den Tisch, in die schon Wünsche und Anregungen der Bürger eingeflossen sind, sagte Gulich. Es ist aber auch klar: Es wird Passagen geben, an denen das nicht möglich sein wird.

Horst Kratzer fasste es abschließend so zusammen: Die Gemeinden, die jetzt die Trasse haben, werden sie auch nach dem Ersatzneubau haben, nur wird sie weiter weg vom Menschen verlaufen. Und: "Groß steht drüber, wir können im Rahmen des Möglichen auch etwas bewegen." Ob das allen Mitgliedern der BI reichen wird, ist fraglich.

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