Aus für Windräder in Auernheim

16.8.2017, 06:05 Uhr
Dieses Bild wie hier in Heidenheim wird es bei Auernheim nicht geben: Der geplante Bürgerwindpark ist endgültig gescheitert.

© Matthias Kronau Dieses Bild wie hier in Heidenheim wird es bei Auernheim nicht geben: Der geplante Bürgerwindpark ist endgültig gescheitert.

Oftmals laufen die Bürger Sturm, wenn in der Nähe ihrer Häuser Windräder aufgestellt werden sollen. Von einer Verspargelung der Landschaft ist die Rede, von Schattenwurf und dem Lärm der sich drehenden Rotoren. Doch eine Industriegesellschaft wie Deutschland braucht Strom und der Verbrauch nimmt auch immer weiter zu.

Bereits 2009 reifte die Idee, auf dem Hahnenkamm bei Auernheim einen Bürgerwindpark zu errichten. Und anders als viele Menschen landauf landab seien die Auernheimer von der Idee begeistert gewesen, sagt Klaus Fackler, Treuchtlingens dritter Bürgermeister, der sich lange mit dem Thema beschäftigt hat. Am vergangenen Freitag wurde nun der Schlussstrich unter den Bürgerwindpark gesetzt, ohne dass jemals ein Windrad stand.

Planer Erich Wust vom Büro Wust Wind & Sonne aus Markt Erlbach (Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim) hat seinen Bauantrag beim Landratsamt in Weißenburg zurückgenommen. Zwar hatten die Befürworter der Anlage immer wieder mit Hürden zu kämpfen, doch letztlich war der Artenschutz ausschlaggebend.

Umstrittene Ausgleichsflächen

Schwarzstörche, Uhus und Rotmilane bevölkern das Gebiet rund um den geplanten Park. Die Untere Naturschutzbehörde hat in den vergangenen Jahren viele Daten zu den Tierpopulationen gesammelt und ist nun zu dem Entschluss gekommen: Rund um Auernheim gibt es ein Dichte­zentrum des Rotmilans, die Tiere haben sich dort verbindlich festgesetzt, es gebe mindestens sieben Brut- oder Reviernachweise, so die zuständige Sachgebietsleiterin am Landratsamt, Johanna Kallfaß.

Umweltverbände und örtlich anerkannte Vogelkundler hätten das Gebiet für einen längeren Zeitraum beobachtet und hätten das Dichtezentrum nun nachgewiesen. Das wusste auch Planer Erich Wust. Bis zuletzt hat er zusammen mit der Stadt versucht, auf die Untere Naturschutzbehörde hinzuwirken. So hatten sie Ablenkungsmaßnahmen für den Rotmilan geplant: 29 Hektar städtische Fläche und 15 Hektar privater Grund wären zu einer Schutzzone geworden, in der der Milan hätte brüten können, um den Rotoren nicht in die Quere zu kommen.

„Das haben wir in anderen Regierungsbezirken mit Erfolg praktiziert, doch hier sind wir absolut auf kein Gehör gestoßen“, sagt Wust. Die Ämter hätten sofort Nein gesagt und konnten sich mit der Idee nicht anfreunden. „Diese Maßnahmen hätten eine enorme Wertschöpfung in die Region gebracht, die ist nun verloren“, so Wust, 180.000 Euro wären investiert worden. Johanna Kallfaß vom Landratsamt begründet die Ablehnung mit der Tatsache, dass es schwierig sei, einen Ausgleich zu schaffen, wenn sich die Tiere erst einmal an einer bestimmten Stelle niedergelassen hätten.

Eigentlich gebe es in Genehmigungsverfahren kein schwarz-weiß Denken, meint Planer Wust. Doch mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt sei kein Kompromiss möglich gewesen. Die drohende Totschlag-Gefahr für die Rotmilane durch die Rotoren sieht er nicht unbedingt als gegeben: „Seit Jahren steigt deutschlandweit die Zahl der Windräder. Und auch die Bestände des Rotmilans sind gestiegen.“

Durch eine erneute Änderung des Windkrafterlasses wurden nun eben diese Dichtezentren geschaffen, dementsprechend hat die Bewertung so ein überproportionales Gewicht bekommen. Doch auf eine Klage hat Wust verzichtet. Mindestens 100.000 Euro hätte der Rechtsweg dem Unternehmer gekostet. „Es hat keinen Sinn mehr gemacht, mehr Kraft und Geld in die Hand zu nehmen.“

Allein für die bisherige Planung des Auernheimer Windpark hat er in den vergangenen vier Jahren 280.000 Euro ausgegeben. „Ich habe sämtliche Vorkosten getragen, kein Bürger musste in Vorleistung gehen“, so Wust. Ihm war von Anfang an klar, dass er auf eigenes unternehmerisches Risiko handelt. Doch so einen Gegenwind vonseiten der Ämter hat er, der in ganz Bayern Anlagen plant, noch nicht erlebt.

„Wir haben sprichwörtlich gegen Windmühlen gekämpft“, sagt Wust etwas resigniert. Am vergangenen Freitag war er persönlich im Landratsamt, um den Bauantrag zurückzuziehen. Eine Ablehnung des Antrags durch die Behörde wäre ihm noch teurer gekommen, denn in beiden Fällen muss er für die Arbeitszeit der Amtsmitarbeiter aufkommen.

Dabei hält der Planer Auernheim immer noch für einen „der prädestiniertesten Windkraftstandorte in Bayern“. Dass noch einmal jemand auf die Idee kommt, in Auernheim ein Windrad zu errichten, denkt Wust nicht. Denn neben den Rotmilanen steht nun die 10-H-Regelung im Weg, die für die ursprünglich vorgesehenen Anlagen noch nicht galt, da die Planung einer Altfallregelung unterlag. „Ich glaube nicht, dass sich nochmal jemand damit die Finger verbrennt“, sagt Wust.

Auch Klaus Fackler ist etwas ernüchtert über die Entscheidung. Seiner Meinung nach hätte es bei der Entscheidung einen gewissen Ermessensspielraum gegeben, den das Amt hätte ausnutzen können. Doch auch für ihn ist das Projekt Windpark erst einmal gestorben. Und er blickt mit Sorge in die Zukunft: „So einfach wird hier keiner mehr ein solches Projekt vorantreiben können. Nach acht Jahren ist einigen Bürgern die Lust vergangen.“

Was ihn noch mehr bedrückt ist die Zukunft der Region. Klimamodelle zeigten, dass es hier immer trockener und wärmer werde. Mit den Erneuerbaren Energien könnten die Folgen des Klimawandels gebremst werden. Die Landschaft wird sich also dennoch verändern. „Auch das hätten die Naturschützer mal bedenken können.“

Zum Thema

Bereits 2009 gab es die ersten Pläne, einen Bürgerwindpark in Auernheim zu errichten. Über eine Genossenschaft hätten sich die Treuchtlinger an dem Projekt finanziell beteiligen können. Fünf je 199 Meter hohe Windräder mit einem Rotordurchmesser von 116,80 Meter sollten entstehen. Mit der Idee kamen bald die ersten Hürden: Zunächst musste das etwa 100 Hektar große Areal aus dem Schutzgebiet des Naturparks Altmühltal herausgenommen werden. Als das geschafft war, kamen Bedenken aus dem Nördlinger Ries, dass die Rotoren das Landschaftsbild zu stark verändern. Politiker aus Schwaben wollten die Rieskrater-Schutzzone bis nach Mittelfranken ausweiten, waren mit ihrem Vorhaben allerdings nicht erfolgreich. Im Herbst 2014 trat dann in Bayern die 10-H-Regelung in Kraft, die den Bau von Windkraftanlagen in der Nähe bewohnter Orte massiv erschwerte. Auernheim war davon allerdings nicht betroffen, da der Antrag auf Vorbescheid vorher gestellt wurde. Im Sommer 2015 ergab eine stellenweise umstrittene Untersuchung vom Landesbund für Vogelschutz und den Naturschutzbehörden, dass die Windräder im Brutgebiet des geschützten Rotmilans liegen. Zuletzt formierte sich im vergangenen September eine Bürgergruppe gegen das Projekt und sammelte Unterschriften. Ihr langjähriges Schweigen begründeten die Gegner mit der Angst vor Repressalien im Dorf. Rein formal hatten die 160 Unterschriften keinerlei rechtliche Wirkung. Im März 2017 wurde der Hahnenkamm um Auernheim vom Landesamt für Umwelt als Dichtezentrum für den Rotmilan erklärt. Dies bedeutete nun das Ende für den Bürgerwindpark.

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