Bahn und Stadt Treuchtlingen sorgen für Kahlschlag

9.3.2019, 06:05 Uhr
Bahn und Stadt Treuchtlingen sorgen für Kahlschlag

© Patrick Shaw

 

Letzteres fragte sich so mancher Spaziergänger und Autofahrer, wenn er in den vergangenen Wochen parallel zur Bahntrasse von Treuchtlingen in Richtung Dettenheimer Spange unterwegs war. Auf rund einem Kilometer Länge zwischen Gstadter Tunnel und Unterführung nach Graben steht entlang der Schienen kein einziger Baum mehr.

Nicht nur gleisnahe Gehölze wurden radikal entfernt – auch von den großen, teils über 50-jährigen Eichen, die nahe Graben auf halber Höhe des Bahndamms standen, sind nur noch Stümpfe übrig. Ebenso „erwischt“ hat es mehrere Akaziengruppen und Buschreihen sowie sogar die wilden Apfelbäume neben der Altmühlbrücke, die im Herbst Wanderern und Spaziergängern stets eine willkommene Stärkung geschenkt hatten.

Die Stadtverwaltung hatte es angekündigt: Mitte Februar war in unserer Zeitung die kleine Meldung zu lesen, dass „ein Teilstück der Gemeindeverbindungsstraße zwischen Treuchtlingen und Dettenheim von Montag bis Mittwoch, 18. bis 20. Februar, wegen Gehölzpflegearbeiten der Deutschen Bahn und des Stadtbauhofs für den Verkehr gesperrt wird“. Pflegearbeiten? Zu pflegen gibt es dort nun kaum noch etwas, nur ein paar größere Sträucher haben überlebt.

Die Gründe für die Abholzung des Grünstreifens, der viele Jahre lang niemanden gestört hat, erklärt Sebas­tian D’Alessandro vom Treuchtlinger Bauhof. Die Bahn habe in Absprache mit der Stadt viele alte Bäume entlang des Bahndamms fällen lassen, da diese den Gleisen zu nah gekommen seien und bei Sturm den Zugverkehr gefährdet hätten. Tätig sei ein Subunternehmer gewesen, der Bauhof habe sich nur um die Absicherung und das Häckseln des Schnittguts gekümmert.

„Schon früher haben wir entlang der Straße wegen der Verkehrssicherheit immer wieder Weiden weggeschnitten“, erläutert D’Alessandro. Insbesondere bei den hohen, dürren Akazien-Gruppen könne man zudem „nicht reinschauen, ob die noch gesund sind, sondern kann sie nur umhauen“. Die großen Eichen nahe Graben seien überdies vom Prozessionsspinner befallen gewesen, weshalb man sich entschieden habe, sie nach dem Absammeln der Gespinste zu fällen.

Nur allgemeine Erklärungen

Von Seiten der Bahn gibt es zu dem Kahlschlag lediglich Allgemeinplätze. „Für die Sicherheit der Zugfahrten und damit der Reisenden muss die DB nicht nur ihre Züge regelmäßig warten, sondern auch Gleise und Gleis­anlagen“, schreibt ein Bahnsprecher auf Anfrage unserer Zeitung. „Dazu gehört vor allem auch, regelmäßig Pflanzen zu entfernen, damit diese mit ihren Wurzeln nicht den Schotterunterbau beeinträchtigen, ins Gleis fallen oder die Sicht auf Signale und Bahnübergänge versperren.“ Zusätzlich sei die Bahn im konkreten Fall „auf Wunsch der Stadt auch der Verkehrssicherungspflicht im Bereich der Fußwege beziehungsweise der Gemeindeverbindungsstraße Treuchtlingen-Graben nachgekommen“.

Auf unsere Nachfrage, warum die Bäume gefällt werden mussten, statt sie lediglich zu beschneiden, weshalb auch tiefer stehende und insbesondere Obstbäume entfernt wurden sowie ob es für den gerodeten Streifen Ersatzpflanzungen geben wird, antwortet die Bahn nicht. Ebenso gibt sie keine Auskunft darüber, ob es neue Mindestabstände zwischen Bewuchs und Ober- oder Speiseleitungen gibt, wie es von Seiten des Stadtbauhofs gemutmaßt wird. Der Sprecher verweist lediglich auf die Internetseiten der Bahn.

Dort erläutert der Konzern ausführlich sein „Gesamtkonzept Vegetationsmanagement“. Dieses legt fest, wie Bäume und Büsche zurückgeschnitten werden, die „den Zugverkehr stören, Signale verdecken, die Entwässerung behindern oder zu Stromüberschlägen führen könnten“. Dafür wird der Streifen entlang der Gleise in zwei Zonen eingeteilt: die Rückschnitts- und die Stabilisierungszone.

Zwei Rückschnittzonen

Erstere erstreckt sich mindestens sechs Meter beiderseits der Schienen. Dort lässt die Bahn den Bewuchs einmal im Jahr bodentief zurückschneiden. In der Stabilisierungszone werden Gewächse dagegen regelmäßig geprüft, ob sie „störanfällig oder krank sind“, und nur in diesem Fall entfernt.

Zusätzlich gibt es seit Anfang 2018 den „Aktionsplan Vegetation“. Er soll der Zunahme von unwetterbedingten Störungen entgegenwirken und „die Gleisanlagen sturmsicherer machen“. Im Zuge dessen werden laut Bahn seit dem vergangenen Jahr „auch Bäume außerhalb der Sechs-Meter-Rückschnittszone gesichert“. Entfernt würden instabile Gehölze und Baum­arten, die „nicht standortgerecht“ sind. Stabile Bäume und Sträucher würden dagegen gefördert.

Im Rahmen der „Vegetationsstrategie 2019“ setzt die Bahn heuer nun nach eigenen Angaben die „intensivierte Inspektion“ sowie die „Durchforstung des Waldbestands auch tiefer (20-30 Meter) außerhalb der Sechs-Meter-Zone“ fort. Zudem werden entlang von rund 6000 Gleiskilometern „auch in der Stabilisierungszone deutlich schneller mehr Strecken bearbeitet“. Umsturzgefährdete Bäume würden dort „vollständig entnommen“.

Ob dies alles für den Bahndamm bei Graben zutrifft, ist nicht mit Gewiss­heit zu sagen. Die Bahn betont jedoch, dass ein solches Vorgehen eng „mit Behörden, Ämtern und Waldbesitzern abgestimmt“ sei. Arten- und Naturschutz würden stets beachtet. So würden beispielsweise zum Schutz brütender Vögel von März bis September keine Bäume gefällt, sondern lediglich „die Rückschnittszone gepflegt“.

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