Nordumfahrung Treuchtlingen

28.6.2014, 07:29 Uhr
Nordumfahrung Treuchtlingen

© Sieghard Hedwig

Kurz ein Rückblick: Bereits im Dezember letzten Jahres stand dieser Tagesordnungspunkt auf der Agenda, wurde jedoch seinerzeit vertagt. Letztlich sprach sich der Stadtrat damals mit den Stimmen aus den Fraktionen der Freien Wähler, CSU und TBL für Facklers Antrag zur Absetzung des Tagesordnungspunktes aus. Die CSU/TBL-Fraktion hatte ob der prekären Haushaltslage der Stadt finanzielle Bedenken dagegen ins Feld geführt, die Freien Wähler weiteren „Abstimmungsbedarf“ angemeldet.


In der jetzigen Sitzung (in neuer Machtkonstellation im Rat) kam das Thema erneut auf dem Tisch. Bürgermeister Baum sagte eingangs, dass selbst bei sofortiger Vergabe der Planungsarbeiten die Umgehung „nicht heute und auch nicht morgen“ gebaut werde. Die Vergabe der Planung sei aber Voraussetzung für die Stellung eines Förderantrages.


Stabs-Chefin Silke Stadter zeichnete in der Sitzung nochmals kurz die Vorgeschichte nach. 2005 hat sich die Bevölkerung beim Bürgerentscheid mehrheitlich gegen die von der CSU und TBL favorisierte Nagelbergtrasse und für die Variante über Dettenheim ausgesprochen. Letztere ist später aus der ersten Dringlichkeitsstufe in die zweite Stufe gefallen. Damit sei klar gewesen, dass eine Umsetzung der Umgehung nur noch über die sogenannte kommunale Sonderbaulast zu realisieren ist.


Europaweite Ausschreibung


Die Stadt Treuchtlingen hat beim Staatlichen Bauamt beantragt, bei der mittelfristigen Planung der Fördermittel für „Umgehungsstraßen in Sonderbaulast“ berücksichtigt zu werden und hierfür Fördergelder zu reservieren. Um jedoch die Fördermittel beantragen zu können, sind laut Stadter weitere Schritte in der Planung der Nordumgehung erforderlich. Wegen der Überschreitung der EU-Schwellenwerte hinsichtlich der freiberuflichen Leistungen musste die Planung europaweit ausgeschrieben werden. Dieses sogenannte „VOF-Verfahren“ wurde von August bis Dezember letzten Jahres von einer Wirtschaftskanzlei in Magdeburg abgewickelt und ist nach den Worten Stadters ausgewertet.


Auf die Ausschreibung hin haben offensichtlich fünf Planungsbüros bzw. Bewerbergemeinschaften ihre Teilnahme am Verfahren beantragt. Nach den Worten der Stabs-Chefin war angedacht, drei dieser Teilnehmer zur Abgabe eines Angebotes auszuwählen und in das Verhandlungsverfahren zu übernehmen.


Nach der formalen Prüfung der eingereichten Teilnehmeranträge seien jedoch nur zwei Bieter verblieben, welche die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen und zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden. Von den beiden verbliebenen Bewerbern habe nach der formalen, rechnerischen und technischen Prüfung der Angebote ein weiterer Bieter ausgeschlossen werden müssen, sodass am Ende nur noch die Bewerbergemeinschaft IG Setzpfandt/Ingenieurgruppe BEB im Rennen geblieben sei. Das VOF-Verfahren sei nun durch die Zuschlagserteilung abzuschließen.


Das Gesamtangebot für alle Leis­tungsphasen bezifferte Stadter auf rund 996.000 Euro. Für die Beantragung der Fördermittel sollten in den Augen der Stadtverwaltung in einem ersten Schritt die Leistungsphasen eins bis vier mit einer Honorarsumme von rund 481.000 Euro beauftragt werden.


Baum betonte in der Sitzung nochmals, dass „wir nur über dieses eine Büro reden“. Zudem stellte er fest, dass all den früheren Stadtratssitzungen zufolge alle Fraktionen die Planung gewollt hätten.


Zunächst jedoch machte Bauoberrat Andreas Buchner vom Staatlichen Bauamt Ansbach einige grundsätzliche Bemerkungen zum Verfahren. Er erinnerte daran, dass die Nordumfahrung bei der damaligen Bewertung wegen des schlechteren Kosten-Nutzen-Verhältnisses aus der ersten Dringlichkeit in die Dringlichkeitsstufe zwei gefallen sei. Mit Blick auf die Laufzeit der Straßenausbauplanung könne diese Umfahrung seitens des Freistaates selbst frühestens erst wieder nach 2025 in Angriff genommen werden – freilich nach vorheriger, neuerlicher Bewertung. Maßnahmen in der ersten Dringlichkeit hätten bis dahin absoluten Vorrang. Von daher sei eine Umsetzung nur über die kommunale Sonderbaulast möglich. Für eine Förderung seien jedoch entsprechende Planungen sowie die Schaffung von Baurecht Voraussetzung. Zudem müssten Belange z.B. des Denkmalschutzes und des Naturschutzes geklärt sein.


Da die Nordumfahrung mit der Querung der Altmühl und der Bahnlinien bautechnisch keine einfache sei, könne – unter Berücksichtigung aller nötigen Verfahrensschritte und einer im Jahr 2017 fertigen Planung – mit einer Umsetzung der Trasse nicht vor Ende des Jahrzehntes gerechnet werden.


Beate Wolf-Fuchs von der Regierung von Mittelfranken verwies darauf, dass pro Jahr bayernweit rund 30 Millionen Euro für Maßnahmen gemäß der kommunalen Sonderbaulast zur Verfügung stünden. Bei Antragstellung müsse Baurecht gegeben sein. Neu sei seit zwei Jahren, dass nach Fertigstellung der Baumaßnahme seitens der Kommune keine Unterhaltungskosten mehr für das Objekt zu schultern seien.


Der Fördersatz liege je nach Sachlage zwischen 80 und 85 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten. Speziell bei den Planungskosten sei zunächst ein Satz von zwölf Prozent der Kosten anzusetzten, von denen wiederum 80 bis 85 Prozent förderfähig seien. Wolf-Fuchs betonte, dass all die Fördersätze jährlich neu festgesetzt würden. Von daher gebe es keine Garantie dafür, dass die jetzigen Sätze in fünf oder sechs Jahren noch gelten.


Klaus Fackler (FW) stellte die Frage in den Raum, ob es vorab schon Förderzusagen geben könne, bevor die Planung abgeschlossen sei. Wolf-Fuchs verneinte dies. Buchner setzte hinzu, dass es derzeit jedoch keinerlei Hinweise dafür gebe, dass die Förderung nicht im jetzigen Umfang fortgesetzt werde. Fackler fragte weiter, ob das Staatliche Bauamt bei den Planungen helfen könne. Laut Buchner sei dies in der Dringlichkeitsstufe zwei nicht möglich, das staatliche Bauamt könne höchstens beratend tätig werden.


Alt-Bürgermeister blickte zurück


Alt-Bürgermeister Wolfgang Herrmann (CSU) rief nochmals das einstige Planerbüro Seib (jetzt Büro Hyder) und die von diesem erstellten Zahlen und Unterlagen in Erinnerung. Für dieses Büro habe sich der Stadtrat einst ausgesprochen, entsprechende Beschlüsse hierzu seien nie aufgehoben worden. Zudem verwies Herrmann darauf, dass mit Blick auf die Verkehrsentlastung der Innenstadt die Nagelbergtrasse (die der Freistaat gebaut hätte, d. Red.) damals weit besser abgeschnitten habe als die jetzt angestrebte Nordumfahrung und letztere deswegen in die zweite Dringlichkeitsstufe gefallen sei. Damals habe Baum – nach der Ablehnung der Nagelbergtrasse durch den Bürgerentscheid – stets argumentiert, dass der Freistaat sicherlich auch die Nordumfahrung finanzieren würde, was aber nie eingetreten sei. Darüber hinaus könne er, Herrmann, sich angesichts der vielen „Baustellen“ wie der Sanierung der Senefelder-Schule, der Sanierung der Grundschule oder der Bad-Attraktivierung nicht vorstellen, dass eine Umgehung umsetzbar sei. Silke Stadter entgegnete, dass das Büro Seib damals nur mit einem kleinen Teil der Planungen beauftragt gewesen sei. Das Büro Hyder als Nachfolger habe sich an der neuerlichen Ausschreibung gar nicht mehr beteiligt. Von daher mache eine weitere Zusammenarbeit mit diesem Büro keinen Sinn – unabhängig von allen alten Stadtratsbeschlüssen.


Christian Früh (FW) äußerte Bedenken, dass die Nordumfahrung ins Leere laufen könnte, sollte die Trassenneuführung der B 2 in Dettenheim nicht rechtzeitig umgesetzt sein. Buchner wie auch Baum hielten dem entgegen, dass der Bau der B 2 sicher vor der Fertigstellung der Planung für die Nordumfahrung beginnen werde.


Hans König (TBL) fragte, ob denn die Nordumfahrung wegen ihrer Herunterstufung nun unwirtschaftlich sei. Buchner erklärte, dass sie zwar bauwürdig sei, aber eben nicht in der vorderen Dringlichkeit.


Fackler warf dem staatlichen Bauamt vor, einerseits zwar die Staatsstraße 2230 ausgebaut, andererseits aber „das Ende der Perlenkette“ (also die Umfahrung Treuchtlingen) jedoch nach hinten geschoben zu haben. Der Regionale Planungsverband habe schließlich seinerzeit die Umfahrung in der ersten Dringlichkeitsstufe sehen wollen. Buchner verwies darauf, dass die Dringlichkeitsbewertung in der Obersten Baubehörde als Teil des bay. Innenministeriums vorgenommen werde, nicht in seinem Haus.


CSU-Fraktionsvorsitzender Uwe Linss gab zu bedenken, dass sich der Stadtrat jetzt für eine Trasse entscheiden müsse, die am Ende womöglich gar nicht die gewünschte Verkehrsentlas­tung für die Innenstadt bringe. Baum meinte hierzu, dass sich – sobald die Nordspange einmal fertig sei – der Verkehr dann schon dorthin verlagern werde.


SPD-Fraktionsvorsitzende Susanna Hartl appellierte an den Stadtrat, mit der seit vielen Jahren laufenden Diskussion nun zu einem Ende zu kommen, zumal eine Umgehung dringend notwendig sei. Dass es die Nagelbergtrasse nun nicht mehr ist, müsse akzeptiert werden. Trotz der Unsicherheiten mit Blick auf die späteren Fördersätze und die Fortschreibung des Straßenausbauplanes solle man jetzt das Vorhaben in Angriff nehmen.


Matthias Strauß (CSU) verwies auf die jüngste (und nichtöffentliche) Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, nach der die Räte angesichts der zu erwartenden, hochproblematischen Finanzlage bis 2018 „gesenkten Hauptes das Rathaus verlassen“ hätten. Er hält die Umgehung daher derzeit für nicht realisierbar.


Fackler sprach von einer „schweren Entscheidung“ und „zwei Herzen in der Brust“. Er sieht durch den bisherigen Ausbau der Staatsstraße 2230 „den Freistaat in der Verantwortung“. Er plädierte dennoch dafür, der jetzt noch verbliebenen Bewerbergemeinschaft den Zuschlag zu geben, allerdings nur für die ersten beiden statt der vier Leis­tungsphasen. Marco Satzinger (CSU) hielt von dieser Idee recht wenig.


Der Rathaus-Chef hingegen, der in der Sitzung ohnehin schon ungeduldig einer Entscheidung zu harren schien, nahm den Vorschlag Facklers dankbar auf. Und so lautete denn auch am Ende der Beschluss, der mit 13:10 Stimmen (gegen die CSU/TBL-Fraktion; aus der SPD-Fraktion fehlte ein Rat) gefasst wurde.


Die Gesamtplanungskosten der besagten Bewerbergemeinschaft belaufen sich laut Stadtverwaltung auf knapp eine Million Euro. Die Erstellung der Planung in den Leistungsphasen eins bis vier – wie ursprünglich geplant – wäre für ein Honorar von etwas über 481.000 Euro beauftragt worden. Die nun beschlossenen Leistungsphasen eins (Grundlagenermittlung, Klären der Aufgabenstellung, Ermitteln der vorgegebenen Randbedingungen) und zwei (Vorplanung, Projekt- und Planungsvorbereitung) belaufen sich laut Angaben aus dem Rathaus auf insgesamt rund 121.500 Euro. Weitere Beauftragungen sollen nach Sachlage erfolgen.

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